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23.06.2015
Unternehmensrecht

BGH: Aufklärungspflichten einer Bank bei Cross-Currency-Swap-Verträgen

Der BGH hat in seinem Urteil vom 20. Januar 2015 (Az.: XI ZR 316/13) entschieden, dass eine beratende Bank den Anleger grundsätzlich nicht über den anfänglich negativen Marktwert bei Cross-Currency-Swap-Verträgen aufklären müsse, wenn sie nicht selber Vertragspartei des Swap-Vertrages geworden sei.

Sachverhalt

Der Kläger begehrte von der anlageberatenden Bank, die selbst nicht Vertragspartei des empfohlenen Swap-Vertrages war, Schadensersatz wegen fehlerhafter Beratung bei Abschluss eines Cross-Currency-Swap-Vertrages (sog. Währungs-Swap-Vertrag) mit einer Landesbank. Er argumentierte, dass er von der beratenden Bank nicht über den anfänglich negativen Marktwert des Cross-Currency-Swaps aufgeklärt wurde und verwies dabei auf die „Ille“-Entscheidung des BGH vom 22. März 2011 (Az.: XI ZR 33/10), in welcher die Beratungspflicht der Bank über einen anfänglich negativen Marktwert bei einem CMS-Spread-Ladder-Swap-Vertrag (sog. Zinssatz-Swap-Vertrag) bejaht wurde.

Entscheidung

Einen Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die beratende Bank wegen Verletzung des Beratervertrages hat der BGH verneint und die Revision des Klägers gegen das Berufungsurteil des OLG Nürnberg vom 19. August 2013 (Az.: 4 U 2138/12) abgewiesen. Der BGH entschied, dass die beratende Bank, die selbst nicht Vertragspartei eines von ihr empfohlenen Cross-Currency-Swap-Vertrages war, keine Aufklärungsplicht über den anfänglich negativen Marktwert gegenüber dem in einfachen Swap-Geschäften erfahrenen Kläger trifft.

Die beratende Bank habe ihre Pflicht zur anlegergerechten Beratung des Klägers nicht verletzt. Die Aufklärungspflicht der Bank hänge bei riskanten Finanzprodukten, wie bei einem Cross-Currency-Swap, von den jeweiligen allgemeinen Risiken, wie der Konjunkturlage und Entwicklung des Kapitalmarkts, den speziellen Risiken des jeweiligen Anlageprodukts, der Risikobereitschaft, den Erfahrungen, den Kenntnissen sowie den finanziellen Möglichkeiten des jeweiligen Kunden ab. Vorliegend habe der Kläger das von ihm gewünschte Währungspaar sowie den Einstiegskurs für das Swap-Geschäft vorgegeben und sich in dem Beratungsgespräch als „spekulativ“ bezeichnet. Der Kläger war der beratenden Bank auch als erfahrener Geschäftsmann bekannt, der zuvor Fremdwährungskredite von mehr als über eine Million Euro aufgenommen und für eine Gesellschaft mehrere Cross-Currency-Swap-Geschäfte getätigt hatte. Die beratende Bank durfte aufgrund der Kenntnis dieser Umstände davon ausgehen, dass dem Kläger das mit dem Abschluss des empfohlenen Cross-Currency-Swap-Vertrages verbundene Fremdwährungsrisiko bewusst war als sie dem Kläger einen Cross-Currency-Swap-Vertrag einer Landesbank empfohlen habe.

Ein Verstoß der beratenden Bank gegen ihre Pflicht zur objektgerechten Beratung sei nach dem BGH ebenfalls zu verneinen. Zwar seien die Anforderungen an die Aufklärungspflichten der beratenden Bank bei einem riskanten Anlageprodukt wie dem Cross-Currency-Swap als hoch einzustufen, eine Übertragung der umfassenderen Aufklärungspflichten bei einem CMS-Spread-Ladder-Swap sei nicht angezeigt. Der BGH hat im Jahre 2011 in der sog. „Ille“-Entscheidung ausgeführt, dass die beratende Bank, die - anders als beim vorliegenden Sachverhalt - zugleich auch Vertragspartei des empfohlenen CMS-Spread-Ladder-Swap-Vertrages geworden sei, über den anfänglich negativen Marktwert hätte aufklären müssen. An die Aufklärungspflicht der Bank seien aufgrund der sehr komplexen Zinsformel und der möglicherweise verheerenden Auswirkungen eines CMS-Spread-Ladder-Swap umfangreiche Anforderungen zu stellen. Des Weiteren sei der anfänglich negative Marktwert, und damit auch die Gewinnmarge der Bank, ein schwerwiegender, für den Kunden nicht erkennbarer Interessenkonflikt, der geeignet sei, die Interessen des Anlegers zu gefährden, über den die vertragsschließende Bank deshalb aufklären müsse. Laut BGH können aber die Grundsätze der „Ille“-Entscheidung nicht auf den zu entscheidenden Sachverhalt übertragen werden. Bei dem vorliegenden Swap-Vertrag handele es sich um einen einfacheren Cross-Currency-Swap-Vertrag, bei dem wegen der festen Zinssätze lediglich ein Währungsrisiko bestehe. Außerdem sei die beratende Bank nicht zugleich Vertragspartei des Cross-Currency-Swap-Vertrages, so dass es an einem schwerwiegenden Interessenkonflikt fehle.

Aus der Tatsache, dass der Swap einen anfänglich negativen Marktwert habe, ließe sich kein wesentlicher Umstand für eine Anlageentscheidung ableiten, über den die beratende Bank im Rahmen einer objektgerechten Beratung grundsätzlich aufzuklären hätte. Der anfänglich negative Marktwert treffe keine Aussage über den zukünftigen Erfolg oder Misserfolg des Swap-Geschäfts. Er spiegele lediglich den Marktwert bei Abschluss des Swap-Vertrages wieder, der im Falle einer sofortigen Glattstellung bei Vertragsschluss realisierbar wäre; der Kunde hätte dann einen Verlust in Höhe des anfänglich negativen Marktwerts zu tragen. Bei Vorliegen eines anfänglich negativen Marktwerts müsse der Kunde zunächst die Bruttomarge der Bank erwirtschaften, bevor er in die Gewinnzone gelange. Das Vorliegen eines anfänglich negativen Marktwerts sei keine Besonderheit von Swap-Geschäften, sondern auch bei sonstigen Anlageprodukten anzutreffen, bei denen eine Aufklärungspflicht über den anfänglich negativen Marktwert nicht bestehe. Nach Auffassung des BGH sei eine Aufklärungspflicht der beratenden Bank aber dann zu bejahen, wenn im Einzelfall der anfänglich negative Marktwert die Gewinnchancen des Kunden durch übermäßige Gewinnbestandteile und Kosten beeinträchtige. Kann die Wertdifferenz, die sich aus dem anfänglich negativen Marktwert ergebe, innerhalb der Laufzeit des Swap-Vertrages aufgeholt werden, hat der Kunde eine Gewinnchance; eine Aufklärungspflicht der Bank sei dann konsequenterweise abzulehnen. Der Kläger habe vorliegend die Beeinträchtigung der Werthaltigkeit des Swap nicht substantiiert genug dargelegt.

Praxishinweis

Der BGH hat seine ausufernde Rechtsprechung aus dem Jahre 2011 zu den Aufklärungspflichten anlageberatender Banken über das Vorliegen eines anfänglich negativen Marktwerts nicht ausgeweitet. Die exzessiven Anforderungen an die Aufklärungspflichten anlageberatender Banken sollen nicht auf einfachere Swaps mit festen Zinssätzen, wie dem Cross-Currency-Swap, übertragbar sein, so dass die Bank auch nicht verpflichtet sei, über einen anfänglich negativen Marktwert aufzuklären. Ist die Bank in einer Drei-Personen-Konstellation nur beratend tätig, ohne selbst Vertragspartei des Swap-Geschäfts zu sein, bestehe schon deshalb keine Aufklärungspflicht über einen anfänglich negativen Marktwert, weil es an einem Interessenkonflikt der beratenden Bank mangelt.

In einem weiteren Swap-Verfahren hat der BGH in seiner jüngsten Entscheidung am 28. April 2015 (Az.: XI ZR 378/13; derzeit noch nicht veröffentlicht - Stand Mai 2015) - in Anlehnung an die „Ille“-Entscheidung - erneut ausgeführt, dass eine Bank, die selbst Vertragspartei des CMS-Spread-Ladder-Swap-Vertrages sei und somit ein Eigeninteresse an der Empfehlung des Vertrages besitze, den Kunden über einen anfänglich negativen Marktwert sowie dessen Höhe aufklären müsse. Erst durch die Aufklärung über einen negativen Marktwert könne der Kunde das Eigeninteresse der Bank richtig einschätzen. Bei Verletzung dieser Aufklärungspflicht solle der Kunde so gestellt werden, als ob er den Vertrag nie abgeschlossen hätte.

Betroffene Norm

§ 280 BGB

Vorinstanz

OLG Nürnberg, Urteil vom 19.08.2013, 4 U 2138/12
LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 28.09.2012, 10 O 79990/11

Fundstelle

BGH, Urteil vom 20.01.2015, XI ZR 316/13

Weitere Fundstellen

BGH, Urteil vom 28.04.2015, XI ZR 378/13 (derzeit noch nicht veröffentlicht - Stand Mai 2015)
BGH, Urteil vom 22.03.2011, XI ZR 33/10

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