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22.09.2015
Unternehmensrecht

Bewegung im Recht der Anwälte und Anwältinnen bei nichtanwaltlichen Arbeitgebern!? – Der Gesetzentwurf zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte

Mit dem Gesetzentwurf zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte soll erstmals eine eindeutige gesetzliche Regelung des Rechtsrahmens für Syndikusanwälte und Syndikusanwältinnen geschaffen werden. Unter anderem definiert er die Tätigkeit und regelt das Zulassungsverfahren für Syndizi. Nach Planung der Regierungskoalition könnte er schon Anfang 2016 in Kraft treten.

Der Status des Syndikusanwalts (Syndikus), bzw. der Syndikusanwältin (Syndika) als Rechtsanwalt, bzw. Rechtsanwältin, bezogen auf ihre Tätigkeit bei einem nichtanwaltlichen Unternehmen, ist gesetzlich nicht eindeutig geregelt. Aufgrund dieses Umstandes hat das Bundessozialgericht (BSG) in mehreren Urteilen aus dem April 2014 die jahrzehntelange Praxis beendet, Syndizi von der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien. Das Gericht begründete dies damit, dass die Tätigkeit von Syndizi für einen nichtanwaltlichen Arbeitgeber keinen anwaltlichen Charakter habe.

Ausgehend vom Ansatz des BSG stellte im Januar 2015 Bundesjustizminister Heiko Maas „Eckpunkte zur Neuregelung des Rechts der Syndikusanwälte“ vor. Nun brachte im Juni 2015 die Regierungskoalition einen entsprechenden Gesetzentwurf ein. Dieser greift nicht isoliert die sozialrechtliche Lage auf, sondern zielt auf eine umfassende - berufsrechtliche – Regelung des Rechts der Syndizi ab. Dazu sieht der Gesetzentwurf Änderungen in mehreren Gesetzen vor, unter anderem in der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) und im sechsten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB VI).

I. Kernpunkte des Gesetzentwurfes

1. Definition und Anforderungen an die Syndikustätigkeit
Im Gegensatz zur aktuellen Gesetzeslage enthält der eingebrachte Gesetzentwurf in § 46 Abs. 2 BRAO eine klare Definition des „Syndikusrechtsanwalts.“ Danach gilt als Syndikusrechtsanwalt grundsätzlich, wer als Angestellte(r) bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber anwaltlich tätig ist. Zur Bestimmung der anwaltlichen Tätigkeit enthält das Gesetz im Folgenden einen umfangreichen Katalog von Kriterien.

Grundvoraussetzungen sind die fachliche Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit des Syndikusrechtsanwalts. Die fachliche Unabhängigkeit muss vertraglich und tatsächlich gewährleistet werden und der für die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt entscheidungsbefugten örtlichen Rechtsanwaltskammer nachgewiesen werden.

Fachliche Weisungen durch den Arbeitgeber sind damit untersagt, was nicht heißt, dass dieser der Auffassung und dem Rechtsrat seines Syndikus, bzw. seiner Syndika auch folgen muss.

Zusätzlich muss die Tätigkeit des Syndikusrechtsanwalts geprägt sein durch:

  1. Klärung von Rechtsfragen mit Aufklärung des Sachverhaltes und Erarbeitung von Lösungsvorschlägen,
  2. Erteilung von Rechtsrat,
  3. Tätigkeit, welche auf die Gestaltung von Rechtsverhältnissen gerichtet ist, etwa durch Verhandlungsführung oder Tätigkeit zur Rechtsverwirklichung und
  4. Vertretungsbefugnis in diesen Angelegenheiten nach außen.

Die Merkmale müssen kumulativ vorliegen und den ganz wesentlichen Teil der Tätigkeit darstellen. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass der ganz eindeutige Schwerpunkt der Tätigkeit im anwaltlichen Bereich liegt. Dabei soll die Wahrnehmung anderweitiger Aufgaben in geringem Umfang allerdings unschädlich sein.

2. Doppelzulassung und Entscheidungsbefugnis der Rechtsanwaltskammern

Die Entscheidung über die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt, bzw. Syndikusrechtsanwältin trifft nach dem Gesetzentwurf künftig die örtliche Rechtsanwaltskammer auf Antrag. Konkrete Vorgaben für die Nachweiserbringung der fachlichen Unabhängigkeit gegenüber den Rechtsanwaltskammern enthält der Gesetzentwurf, abgesehen vom Nachweis durch Arbeitsvertrag, nicht. Insbesondere beim Nachweis der tatsächlichen Gewährleistung fachlicher Unabhängigkeit werden wohl die Rechtsanwaltskammern selbst eine gestaltende Rolle einnehmen. Weiterhin ist eine Doppelzulassung nötig, wenn ein Rechtsanwalt, bzw. eine Rechtsanwältin zusätzlich eine Syndikustätigkeit aufnehmen möchte.

Die Rechtanwaltskammer entscheidet nach Anhörung des Trägers der Rentenversicherung. So soll eine einheitliche Entscheidungspraxis sichergestellt und den Trägern der Rentenversicherung ein Mitspracherecht eingeräumt werden. Diese sollen bei ihrer Entscheidung über die Befreiung von der Versicherungspflicht an die Entscheidung der Rechtsanwaltskammer gebunden sein. Jedoch sollen sie ein Klagerecht gegen die Entscheidung der Rechtsanwaltskammer vor den Anwaltsgerichtshöfen erhalten.

3. Vertretungs- und Tätigkeitsverbote

Nach der bestehenden gesetzlichen Lage dürfen Syndizi ihre Arbeitgeber in Verfahren mit Anwaltszwang nicht vor Gerichten oder Schiedsgerichten vertreten. Der Gesetzentwurf beschränkt dieses Vertretungsverbot künftig auf zivilrechtliche Verfahren und Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit vor Landgerichten, Oberlandesgerichten und dem Bundesgerichtshof, in denen anwaltliche Vertretung vorgeschrieben ist, sowie auf bestimmte Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten und dem Bundearbeitsgericht. Keine Änderung der gesetzlichen Lage ergibt sich in zivil- und arbeitsgerichtlichen Verfahren und Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ohne Anwaltszwang. Auch ohne ausdrückliche Regelung ist dort bereits bisher eine Vertretung möglich. Hier sorgt die vorgesehene gesetzliche Regelung jedenfalls für mehr Rechtssicherheit.

In Straf- und Bußgeldverfahren ist nach dem Gesetzentwurf eine Vertretung vor Gericht und auch eine außergerichtliche Vertretung nicht möglich, wenn die Verfahren sich gegen den, bzw. die Arbeitgeber(in) oder Mitarbeiter(innen) richten. Ist der Syndikus, bzw. die Syndika zusätzlich als Rechtsanwalt, bzw. Rechtsanwältin tätig, so gilt das Verbot auch für diese Tätigkeit, wenn der Tatvorwurf unternehmensbezogen ist. Möglich ist eine Vertretung des, oder der Arbeitgeber(in) durch Syndizi damit zum einen in Straf- und Bußgeldverfahren, wenn der, oder die Arbeitgeber(in) als Geschädigte(r) oder Nebenkläger(in) auftritt und zum anderen in verwaltungs , finanz- und sozialgerichtlichen Verfahren.

II. Rückwirkung bei laufenden Verfahren

Mit dem Gesetzentwurf wird in § 231 SGB VI ein neuer Absatz 4b eingeführt. Dieser ermöglicht Syndizi rückwirkend eine Mitgliedschaft in anwaltlichen Versorgungswerken und die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht. Damit wird im Ergebnis der Zustand wiederhergestellt, der vor den Urteilen des BSG vom April 2014 bestand. Eine solche rückwirkende Befreiung muss allerdings innerhalb von sieben Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes beantragt werden, was neben dem Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV zu erfolgen hat. Die Frist läuft nach Ablauf des Verkündigungsmonats und sollte Syndizi und ihren Arbeitgebern(innen) bei Inkrafttreten des Gesetzes präsent sein.

III. Auswirkungen auf die Praxis

Der Planung der großen Koalition zufolge soll das Gesetz zur Neuregelung des Rechts der Syndikusanwälte nach der Sommerpause im September dieses Jahres verabschiedet werden. Es könnte dann bereits zum 1. Januar 2016 in Kraft treten und sollte einige der bestehenden Unsicherheiten um die Syndikustätigkeit beseitigen. Für Arbeitgeber(innen) von Syndizi ist es sinnvoll sich mit der neuen Gesetzeslage auseinanderzusetzen, um auf etwaige Folgen reagieren zu können. Insbesondere für die Sicherstellung der fachlichen Unabhängigkeit und einer schwerpunktmäßigen Tätigkeit nach den Merkmalen des neuen § 46 Abs. 3 BRAO sollte dann stets Sorge getragen werden. Dazu sollten etwa Anstellungsverträge und interne Handlungsanweisungen geprüft und gegebenenfalls angepasst werden.

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