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10.01.2017
Unternehmensrecht

BAG: Kein Personalgespräch mit erkranktem Arbeitnehmer - Keine Abmahnung gegenüber erkranktem Arbeitnehmer

Der Arbeitgeber kann vom erkrankten Arbeitnehmer grundsätzlich keine Teilnahme an einem Personalgespräch verlangen

Das BAG hat mit Urteil vom 02.11.2016 (10 AZR 596/15) entschieden, dass ein arbeitsunfähiger Arbeitnehmer während der Krankheit nur in Ausnahmefällen zu einem Personalgespräch erscheinen muss. Besondere Gründe für solch ein Gespräch muss der Arbeitgeber darlegen und beweisen.

Sachverhalt

Der Arbeitnehmer – ein medizinischer Dokumentationsassistent – fiel bei dem Arbeitgeber über mehrere Wochen mit einer attestierten Arbeitsunfähigkeit aus. Der Arbeitgeber forderte den Arbeitnehmer auf, während der bestehenden Krankschreibung an einem Personalgespräch über seine Rückkehr teilzunehmen. Der Arbeitnehmer kam dieser Aufforderung nicht nach. Der Arbeitgeber forderte daraufhin vom Arbeitnehmer ein ärztliches Attest, das nicht nur die Krankheit, sondern auch die daraus resultierende Unfähigkeit zur Teilnahme am Personalgespräch attestiert. Auch dieser Aufforderung kam der Arbeitnehmer nicht nach, woraufhin der Arbeitgeber ihn abmahnte. Gegen diese Abmahnung wehrte sich der Arbeitnehmer erfolgreich vor dem Bundesarbeitsgericht.

Urteil des Bundesarbeitsgerichts

Laut der Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts kann der Arbeitgeber einen arbeitsunfähigen Mitarbeiter auf der Grundlage des Weisungsrechts aus § 106 GewO nur dann verpflichtend zu einem Personalgespräch einbestellen, wenn er sein Weisungsrecht „billig“ ausübt. Dies kann nur in Ausnahmefällen angenommen werden und war vorliegend nicht der Fall. Laut BAG entfalle grundsätzlich bei einer Arbeitsunfähigkeit die Arbeitspflicht als Hauptpflicht des Arbeitnehmers. Mit dieser Hauptpflicht geht dann regelmäßig auch die Nebenpflicht des Arbeitnehmers zur Teilnahme am Personalgespräch unter.

Demnach muss der Arbeitnehmer grundsätzlich während seiner Arbeitsunfähigkeit nicht zu einem Personalgespräch erscheinen. Eine Ausnahme besteht laut BAG nur dann, wenn die Teilnahme aus betrieblichen Gründen unverzichtbar ist und das Krankheitsbild dies zulässt. Die betrieblichen Gründe müssen durch den Arbeitgeber dargelegt und bewiesen werden, was dem Arbeitgeber im entschiedenen Fall nicht gelang.

Praxishinweis

Es besteht demnach grundsätzlich keine Verpflichtung eines arbeitsunfähigen Mitarbeiters zu einem Personalgespräch über seine Erkrankung im Betrieb zu erscheinen. Eine solche Anforderung ist vom Weisungsrecht des Arbeitgebers nicht gedeckt. Hingegen kann ein Anruf zielführend sein, ein Kontaktverbot besteht nämlich für den Arbeitgeber grundsätzlich nicht.

Die Pressemitteilung enthält daneben keine Aussage hinsichtlich des betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM). Der Arbeitgeber ist nach den Regeln des SGB IX verpflichtet, bei längerer Erkrankung eines Arbeitnehmers ein BEM durchzuführen, um Weiterbeschäftigungs- und Unterstützungsmöglichkeiten zu erörtern. Die ordnungsgemäße Durchführung des BEM ist vor allem bei einem Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung wesentlich. Hinsichtlich einer Teilnahmepflicht an einem BEM-Gespräch muss hier wohl zwischen der Krankheit des Arbeitnehmers und seiner Fähigkeit zur Teilnahme am Gespräch differenziert werden. Erscheint der Arbeitnehmer trotz Möglichkeit nicht, kann der Arbeitgeber zwar nicht abmahnen, das BEM-Verfahren jedoch ordnungsgemäß abgeschlossen sein, was sich insbesondere auf die Erfolgschancen in einem Kündigungsschutzprozess auswirkt.

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