Bei Funktionsverlagerungen innerhalb eines Konzernes wird der fremdübliche Verrechnungspreis regelmäßig mittels einer Transferpaketbewertung bestimmt. Um den Transferpaketwert zu schätzen nutzten Betriebsprüfer oftmals die Vorgaben des BMF zur vereinfachten Wertermittlungen. Entsprechen diese Vorgaben den vom BFH aufgestellten Grundsätzen?
Bei Funktionsverlagerungen innerhalb eines Konzernes wird der fremdübliche Verrechnungspreis regelmäßig mittels einer Transferpaketbewertung (vgl. Funktionsverlagerungsverordnung („FVerlV“)) bestimmt. Erstellt der Steuerpflichtige keine verwertbare Dokumentation, so kann es durch die Finanzverwaltung nach § 162 Abs. 3 AO zu einer Schätzung der steuerpflichtigen Einkünfte kommen.
Um den Transferpaketwert zu schätzen nutzten Betriebsprüfer oftmals die Vorgaben des BMF zur vereinfachten Wertermittlungen Rn. 162 ff. Verwaltungsgrundsätze Funktionsverlagerung. Die Frage, inwieweit die BMF-Vorgaben (vgl. „Verwaltungsgrundsätze Funktionsverlagerung“ oder „VWG-FVerl“) den vom BFH wiederholt dargestellten Grundsatz, der in sich schlüssigen, wirtschaftlich vernünftigen und möglichst zutreffenden Schätzung, entsprechen ist daher von besonderem Interesse.
Das BMF präzisiert die bei einer Verletzung der Mitwirkungspflicht anzuwendende Schätzmethodik in Abschnitt 3.4.3 der VWG-FVerl. Laut dieser Schätzmethodik setzt sich der Kapitalisierungszinssatz aus einem Basiszinssatz, einem Risikozuschlag sowie Steuern zusammen (vgl. auch Rn. 170 VWG-FVerl). Der risikolose Basiszinssatz wird der Zinsstrukturkurve der deutschen Bundesbank für Zerobondanleihen entnommen. Der Risikozuschlag entspricht in Schätzungsfällen vereinfachend 50 % des risikolosen Zinssatzes, mindestens jedoch 3 Prozentpunkte (vgl. Rn. 170 VWG-FVerl). Von der sich ergebenden Ausgangsgröße ist der inländische nominelle Steuersatz in Höhe von 30 % (vgl. Rn. 170 VWG-FVerl) abzuziehen.
Wie die folgende Graphik zeigt, sind bei der Methodik zur Berechnung des Kapitalisierungszinssatzes insbesondere die Berechnung des Risikozuschlags sowie der anschließende Abzug des inländischen nominellen Steuersatzes mit den, auch vom IDW empfohlenen, gängigen Methoden, wie zum Beispiel dem kapitalmarktorientierten Capital Asset Pricing Modell, zur Berechnung des Kapitalisierungszinssatzes, kaum vereinbar.
*Die Kapitalisierungszinssätze ändern sich im Zeitverlauf wegen eines veränderten Basiszinsniveaus sowie durchs FAUB (Fachausschuss für Unternehmensbewertung des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW)) geänderter Marktrisikoprämien. Annahme bei den dargestellten IDW-FAUB-Kapitalisierungssätzen ist ein (dem Marktdurchschnitt entsprechender) ß-Faktor von 1.
Die obige Graphik zeigt, dass die Methodik der VWG-FVerl die Kapitalisierungszinssätze im Vergleich zu üblichen Ansätzen stark unterschätzt. In einer Bewertung führt dies letztendlich immer zu einem stark erhöhten Ergebnis. Daraus folgt die Hypothese, dass die in den VWG-FVerl dargestellte Methodik zur Wertermittlung für Funktionsverlagerungen in Schätzungsfällen nicht zu einem plausiblen Wert für die verlagerte Funktion führt.
Um zu überprüfen, ob die in den VWG-FVerl dargestellten Schätzmethodiken des BMF zu plausiblen Ergebnissen führt, können die Ergebnisse der Schätzung mittels der Multiplikatorenmethode überprüft werden. Ein Multiplikator setzt den absoluten Unternehmenswert in Relation zu einer Erfolgsgröße, wie z.B. dem Unternehmensumsatz. Details zur Multiplikatorenmethode erhalten Sie hier. Die Umwandlung von Bewertungsergebnisse in Multiplikatoren ermöglicht es, Marktbewertungen von Unternehmen mit Bewertungsergebnissen zu vergleichen, die auf den Schätzvorgaben der VWG-FVerl basieren.
Einschränkend ist zu erwähnen, dass Multiplikatoren, die einen „relativen“ Unternehmenswert darstellen, nur zur Plausibilisierung von Bewertungen genutzt werden können, die eine Funktion oberhalb der Teilbetriebsschwelle betrachten. Da nur für Unternehmen als auch für Funktionen oberhalb der Teilbetriebsschwelle meist ein unbegrenzter Kapitalisierungszeitraum gilt, während dies für Funktionen unterhalb der Teilbetriebsschwelle nicht gilt. Konkret werden Tradingmultiplikatoren, das heißt 1 Year Forward Price-to-Earnings (P/E), genutzt. Grund für die Nutzung des P/E Multiplikators ist der Verweis der VWG-FVerl auf die „Reingewinn nach Steuern“ (vgl. Tz. 31 VWG-FVerl). Die „Reingewinne nach Steuern“ entsprechen ungefähr den Earnings eines Unternehmens, so dass die Betrachtung eines P/E Multiplikator formal naheliegend ist.
Auf Basis von Daten des „Prime All Share“ Index, der von der Deutschen Börse AG veröffentlicht wird und einen sehr repräsentativen Überblick des deutschen Aktienmarktes darstellt, können verschiedene Bandbreiten an für den deutschen Markt plausiblen P/E-Multiplikatoren berechnet werden. Anhand dieser kann überprüft werden, ob die Schätzvorgaben des BMF zu plausiblen Ergebnissen führt. Die folgende Graphik stellt den Multiplikatorenvergleich dar.
Die Analyse ergibt, dass die Schätzvorgaben des BMF zur Transferpaketbewertung im Zeitraum 2010 – 2017
Daraus resultiert, dass die Schätzvorgaben der VWG-FVerl zu Transferpaketbewertungen gegen die gesetzlichen Vorgaben zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen und der entsprechenden BFH-Rechtsprechung verstoßen können. Die genaue Analyse wird demnächst in einem Fachjournal veröffentlicht.
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