Zurück zur Übersicht
URL: http://mobile.deloitte-tax-news.de/transfer-pricing/oecd-mapstatistiken-2020-verrechnungspreisthemen-nach-wie-vor-im-fokus.html
07.12.2021
Transfer Pricing

OECD MAP‐Statistiken 2020: Verrechnungspreisthemen nach wie vor im Fokus

Am 22.11.2021 hat die OECD im Rahmen des dritten Tax Certainty Days ihre Statistiken zu Verständigungsverfahren (Mutual Agreement Procedure – MAP) für 2020 veröffentlicht. Als objektives und international vergleichbares Monitoring-Instrument tragen diese maßgeblich zur Überwachung der Umsetzung des Mindeststandards im Rahmen der BEPS-Aktion 14 (Base Erosion and Profit Shifting) bei. Indem die MAP-Statistiken sowohl einen globalen Referenzrahmen als auch eine länderspezifische Perspektive bieten, wird die Messung von Fortschritten, aber auch das Aufzeigen von Verbesserungspotenzialen im Verfahrensablauf der Verständigungsverfahren vorangetrieben.

Wesentliche Trends

Aus den Statistiken gehen die folgenden Trends hervor:

Top 5 Trends -MAP-Statistiken

Quelle: OECD; Editing: Deloitte

MAP-Fälle konzentrieren sich nach wie vor auf wenige Länder:
Im Jahr 2020 wurden rund 2500 neue Verfahren eingeleitet, wobei 95 % der neuen Fälle auf die 25 wichtigsten Länder entfallen sind. Etwa 40 weitere Länder waren an den übrigen MAP-Fällen beteiligt.

Verrechnungspreisfälle sind weiterhin im Fokus:
Die Zahl der eingeleiteten Verrechnungspreisfälle ist im Vergleich zum Vorjahr um fast 15 % gestiegen, während die Zahl der anderen Fälle um etwa 2 % zurückgegangen ist.

Die Behörden haben sich auf die COVID-19-Pandemie eingestellt:
Das Instrument der Verständigungsverfahren stand während der COVID-19-Pandemie weiterhin zur Verfügung. Die Behörden haben Maßnahmen ergriffen, um für eine anhaltende Bearbeitung der Verfahren zu sorgen. Ein Beispiel hierfür liefert die Einführung der Möglichkeit zur digitalen Antragseinreichung für Steuerpflichtige.

Die Zahl der abgeschlossenen Fälle ist leicht zurückgegangen:
Im Jahre 2020 wurden etwa 5 % weniger Fälle abgeschlossen als 2019. Dies ist hauptsächlich auf einen Rückgang bei anderen Fällen zurückzuführen (-12 %), während die Zahl der abgeschlossenen Verrechnungspreisfälle gestiegen ist (+6 %). Die Behörden konnten jedoch trotz der COVID-19-Pandemie immer noch eine beträchtliche Anzahl an Fällen abschließen. Physische Treffen wurden durch alternative Kommunikationsformen ersetzt, während gleichzeitig einfacheren Fällen Vorrang eingeräumt wurde.

Die Ergebnisse sind im Allgemeinen nach wie vor positiv zu bewerten:
In 75 % aller im Jahr 2020 abgeschlossenen Verfahren konnte das Problem bei Verrechnungspreisfällen und anderen Fällen vollständig gelöst werden (gegenüber 85 % bei Verrechnungspreisfällen und 71 % bei anderen Fällen im Jahr 2019). Etwa 3 % der MAP-Fälle wurden ohne Einigung abgeschlossen (gegenüber 2 % im Jahr 2019). Beachtlich ist, dass sich die Zahl der von den Steuerpflichtigen zurückgezogenen Fälle im Jahr 2020 fast verdoppelt hat (von 6 % im Jahr 2019 auf 11 %).

MAP-Fälle beanspruchen nach wie vor viel Zeit:
Im Durchschnitt nahmen die im Jahr 2020 abgeschlossenen MAP-Fälle 35 Monate für Verrechnungspreisfälle (gegenüber 30,5 Monaten im Jahr 2019) und etwa 18 Monate für andere Steuerfälle (gegenüber 22 Monaten im Jahr 2019) in Anspruch. Mit 35 Monaten liegt die Dauer der MAP-Fälle für Verrechnungspreisfälle somit deutlich über dem in den OECD-Standards festgelegten durchschnittlichen Zeitfenster von 24 Monaten.

Top 5 – Durchschnittliche Bearbeitungszeit für Verrechnungspreisfälle

Quelle: OECD; Editing: Deloitte

Mit durchschnittlich 29 Monaten erreichte Deutschland im Jahr 2020 den fünften Platz hinsichtlich der durchschnittlich kürzesten Bearbeitungszeit für Verrechnungspreisfälle. In einigen Ländern kam es 2020 insbesondere bei komplexeren Fällen zu Verzögerungen und auch die Qualität der Kommunikation zu manchen Vertragspartnern nahm im Zuge der Pandemie ab. Die Statistiken zeigen weiterhin, dass etwa 15 % des Endbestands für 2020 auf Fälle entfallen, die seit mindestens fünf Jahren anhängig sind.

MAP Awards

Um die Funktion der MAP-Statistiken als Monitoring-Instrument zu betonen, wurden auch im Jahr 2020 wieder die sogenannten MAP-Awards verliehen, bei denen sich die zuständigen Behörden folgender Länder durch ihre Effizienz bei der Bearbeitung von MAPs abheben konnten:

Top 3 – MAP Awards

Quelle: OECD; Editing: Deloitte

Die Finanzverwaltung der Schweiz erhielt den Preis für die durchschnittlich kürzeste Bearbeitungsdauer bei Fällen mit Verrechnungspreisbezug (durchschnittlich 20 Monate), während ihre deutschen Kollegen mit einer durchschnittlichen Bearbeitungszeit von 29 Monaten auf Platz 5 landeten. Im Hinblick auf andere Fälle konnten sich die australischen Behörden mit einer durchschnittlichen Dauer von 6 Monaten international durchsetzen. Spanien wies 2020 den geringsten Anteil an Altfällen (Pre-2016-MAPs) auf. Luxemburg zeigte die höchste Abschlussrate (Closing-Ratio) unter den Ländern mit der größten Arbeitsbelastung (mehr als 100 verbleibende Fälle im Endbestand), während Norwegen diesen Platz in der Subkategorie mit mehr als 20 und weniger als 100 verbleibenden Fällen im Endbestand einnahm. Die Gemeinschaftspreise für besonders effektive Zusammenarbeit bei der Beilegung von Streitigkeiten im Rahmen der MAP-Verfahren erhielten Italien und Spanien für die Lösung von Verrechnungspreisfällen Post-2016. Im Hinblick auf nicht-verrechnungspreisbezogene Post-2016 Fälle erreichten Norwegen und Schweden den ersten Platz für die gemeinsame, koordinierte Verwaltung der Fälle. Im Jahr 2020 wurden die ursprünglich 4 Kategorien um eine fünfte Kategorie „Most improved jurisdiction“ ergänzt. In dieser Kategorie gewann Irland mit einem Anstieg um 27 Fälle, die 2020 im Vergleich zu 2019 mit einseitigem Rechtsschutz oder vollständiger Einigung abgeschlossen wurden (+ 5 bei TP-Fällen, + 22 bei Nicht-TP-Fällen).

Fazit

​​Insgesamt wird ersichtlich, dass das Verständigungsverfahren weiterhin ein beliebtes Instrument zur Beilegung grenzüberschreitender Steuerstreitigkeiten darstellt, auch wenn sich die meisten Aktivitäten auf eine geringe Anzahl an Ländern konzentrieren. Erfreulich aus internationaler Sicht ist, dass die Beilegung von Steuerstreitigkeiten im Rahmen des Verständigungsverfahrens nach wie vor größtenteils, wenn auch nicht optimal, funktioniert. Ein Schwachpunkt bleibt, dass die Verfahren – insbesondere bei Verrechnungspreisthemen – auch nach wie vor eine gewisse Zeit benötigen. Darüber hinaus ist die Zahl der abgeschlossenen Fälle im Jahr 2020 gesunken, während die MAP-Bestände in den meisten Gerichtsbarkeiten angestiegen sind.

Diese Entwicklung wird in den kommenden Jahren voraussichtlich zusätzliche Maßnahmen und Kapazitäten erfordern, da nationale und internationale Trends wie die fortwährende Konzentration der Steuerbehörden auf grenzüberschreitende Transaktionen und die Schwäche der nationalen Steuerpolitiken infolge der Pandemie voraussichtlich dazu führen wird, dass die Bedeutung des MAP noch weiter zunehmen wird. Bei drohender Doppelbesteuerung steht am Anfang stets eine fall- und länderbezogene Auswahl des geeigneten Instruments. Hier sind einerseits im Bereich der Streitprävention Instrumente wie Advance Pricing Agreements oder Risikobewertungen durch Steuerverwaltungen wie beispielsweise im Rahmen des ICAP zu nennen. Andererseits sind Instrumente zur Streitbeilegung, wie Verständigungs- und Schiedsverfahren, als auch unilaterale oder simultane Steuerprüfungen von hoher praktischer Relevanz.

Des Weiteren liefert das MLI ein entscheidendes Instrument für die Fähigkeit der OECD, den BEPS-Aktionspunkt 14 umzusetzen. Aufgrund der Fülle an potenziellen Werkzeugen in der Tax Certainty-Toolbox ist in der Praxis die Hilfe von Beratern mit möglichst vielfältiger Erfahrung und belegbaren Fällen gefragt. Eine „Try and Error“- Strategie wird schnell zu einem langfristigen und teureren Unterfangen. Auch die internationalen Finanzverwaltungen werden ein professionelles Vorgehen mit Blick auf den Award bzw. die öffentliche Fallstatistik danken.

Fundstelle

​OECD, 2020 Mutual Agreement Procedure Statistics - OECD

Weitere Fundstellen

OECD, 2020 Mutual Agreement Procedure Awards - OECD
OECD, Mutual Agreement Procedure 2019 Awards - OECD
OECD, New mutual agreement procedure statistics on the resolution of international tax disputes released on OECD Tax Certainty Day​

www.deloitte-tax-news.de Diese Mandanteninformation enthält ausschließlich allgemeine Informationen, die nicht geeignet sind, den besonderen Umständen eines Einzelfalles gerecht zu werden. Sie hat nicht den Sinn, Grundlage für wirtschaftliche oder sonstige Entscheidungen jedweder Art zu sein. Sie stellt keine Beratung, Auskunft oder ein rechtsverbindliches Angebot dar und ist auch nicht geeignet, eine persönliche Beratung zu ersetzen. Sollte jemand Entscheidungen jedweder Art auf Inhalte dieser Mandanteninformation oder Teile davon stützen, handelt dieser ausschließlich auf eigenes Risiko. Deloitte GmbH übernimmt keinerlei Garantie oder Gewährleistung noch haftet sie in irgendeiner anderen Weise für den Inhalt dieser Mandanteninformation. Aus diesem Grunde empfehlen wir stets, eine persönliche Beratung einzuholen.

This client information exclusively contains general information not suitable for addressing the particular circumstances of any individual case. Its purpose is not to be used as a basis for commercial decisions or decisions of any other kind. This client information does neither constitute any advice nor any legally binding information or offer and shall not be deemed suitable for substituting personal advice under any circumstances. Should you base decisions of any kind on the contents of this client information or extracts therefrom, you act solely at your own risk. Deloitte GmbH will not assume any guarantee nor warranty and will not be liable in any other form for the content of this client information. Therefore, we always recommend to obtain personal advice.