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26.06.2014
Transfer Pricing

Factoring und Verrechnungspreise – Der kanadische McKesson Fall

Hintergrund

Am 13. Dezember 2013 hat das kanadische Finanzgericht in der Rechtssache McKesson Canada Corporation vs. Her Majesty The Queen (2013 TCC 404, 20131213) zur Angemessenheit einer konzerninternen, grenzüberschreitenden Factoring-Vereinbarung entschieden. Der Rechtsstreit betraf eine Verrechnungspreiskorrektur der kanadischen Steuerbehörde von Forderungsverkäufen der McKesson Canada Corporation („McKesson Kanada“) an ihre Muttergesellschaft in Luxemburg. Dieses Urteil gibt auch für Steuerpflichtige in Deutschland, die ähnliche Konstruktionen haben, wichtige Anhaltspunkte zur Bestimmung einer fremdüblichen Factoringgebühr.

Von Factoring spricht man bei der regelmäßigen Übertragung von Forderungen gegenüber Schuldnern vor Fälligkeit an einen Forderungskäufer. Hierbei ist von besonderer Bedeutung, ob das Ausfallrisiko des Schuldners auf den Forderungskäufer übergeht (sog. echtes Factoring) oder ob das Ausfallrisiko beim Forderungsverkäufer verbleibt (sog. unechtes Factoring). Neben dem Ziel der Risikoübernahme verfolgen Unternehmen mit Factoring auch einen Finanzierungs- und Dienstleistungsgedanken. Alle drei Elemente finden sich in dem kanadischen McKesson Fall wieder, dessen Grundzüge im Folgenden zusammengefasst werden.
 

Sachverhalt

Die McKesson Gruppe ist vornehmlich als pharmazeutischer Großhändler tätig und vertreibt verschreibungspflichtige Medikamente an Apotheken und Krankenhäuser sowie frei erhältliche Arzneimittel an Supermärkte. Das Geschäftsmodell ist geprägt von hohen Volumina, aber geringen Margen.

Am 16. Dezember 2002 schloss McKesson Kanada einen Abtretungsvertrag mit einer Laufzeit von fünf Jahren über Forderungen aus Lieferungen und Leistungen mit ihrer Muttergesellschaft McKesson International Holdings III S.à r.l. in Luxemburg ab („McKesson Luxemburg“).

McKesson Luxemburg finanzierte den Kauf der Forderungen über ein konzerninternes Darlehen, welches von einer irischen Gruppengesellschaft gewährt wurde. Dieses Darlehen wurde wiederum von einer weiteren McKesson Gruppengesellschaft in Luxemburg garantiert.

Neben dem Abtretungsvertrag vereinbarten beide Vertragsparteien einen Dienstleistungsvertrag mit einer jährlichen Gebühr i.H.v. CAD 9,6 Millionen, in dem McKesson Kanada sich verpflichtete, die abgetretenen Forderungen weiterhin einzuziehen, täglich zu überwachen sowie diese Aktivitäten zu dokumentieren. Dies war notwendig, da beim Forderungskäufer in Luxemburg lediglich eine Person tätig war.

Im Rahmen des Abtretungsvertrages erwarb McKesson Luxemburg den aktuellen Bestand an Forderungen aus Lieferungen und Leistungen für CAD 460 Millionen und für einen Zeitraum von fünf Jahren die täglichen neu hinzukommenden Forderungen von McKesson Kanada. Die Forderungen wurden zu ca. 97% des Nennbetrages, d.h. mit einem Abschlag i.H.v. 2,206%, an McKesson Luxemburg verkauft. Der Abschlag wurde von McKesson Kanada als Finanzierungsaufwand im Jahr 2003 steuerlich geltend gemacht. Im Ergebnis bedeutete dies, dass nach einem Gewinn im Jahr 2002 von ca. CAD 40 Millionen ein steuerlicher Verlust im Jahr 2003 entstand.

Der Abschlag (Faktoringgebühr) berechnete sich als Summe von drei Komponenten; aus einer ‚Yield Rate‘, aus einem ‚Loss Discount‘ und einem ‚Discount Spread‘. Die ‚Yield Rate‘ entsprach dem risikofreien Zinssatz auf Basis der kanadischen 30-Tage ‚Overnight Rate‘ (CDOR). Der ‚Loss Discount‘ reflektierte das Ausfallrisiko der Schuldner, wurde auf 0,23% festgelegt und war monatlich anzupassen.

Der ‚Discount Spread‘ wurde i.H.v. 1,7305% festgesetzt und stellte somit die größte Komponente des Abschlages dar. Dieser ‚Discount Spread‘ sollte mehrere Risiken kompensieren

a)  das Risiko, dass McKesson Luxemburg einen neuen Dienstleister zu höheren Kosten beauftragen muss (‚Service-Abschlag‘),
b)  das Risiko, dass der Wert der Forderungen sinkt, sofern die Schuldner von einer Skontovereinbarung Gebrauch machen (‚Skonto-Abschlag‘), sowie
c)  das Risiko, dass die Schuldner einen auf Jahressicht bemessenen Mengenrabatt direkt mit ihren laufenden Zahlungsverpflichtungen saldieren, anstatt ihn wie vertraglich vereinbart gegenüber McKesson Kanada geltend zu machen (‚Rabatt-Abschlag‘).

Zudem beinhaltete der ‚Discount Spread‘ einen Zinsabschlag, der McKesson Luxemburgs Zinsaufwendungen abdecken sollte, die für Verbindlichkeiten zur Finanzierung des Forderungskaufes entstanden. Darüber hinaus hatte McKesson Luxemburg das Recht, den Abtretungsvertrag vorzeitig zu kündigen, sofern sich das tatsächliche oder absehbare Kreditrisiko von McKesson Kanada und den abgetretenen Forderungen verschlechtert.

Im Rahmen der Veranlagung bezweifelte die kanadische Steuerbehörde die Fremdüblichkeit des Abschlages der Höhe nach und reduzierte für Zwecke der Besteuerung den Abschlag auf 1,013%. Hierdurch wurde das zu versteuernde Einkommen von McKesson Kanada im Jahr 2003 um CAD 27 Millionen erhöht. Gegen die Einkommensanpassung reichte McKesson Klage ein.

Entscheidung

Das kanadische Steuergericht beschäftigte sich in diesem Fall eingehend mit der Frage, in welcher Höhe voneinander unabhängige Vertragsparteien einen Abschlag für den Forderungsverkauf vereinbart hätten, der die Vorfinanzierungsfunktion und die Risikoübernahme des Factorings vergütet. Hierzu untersuchte das Gericht mit Hilfe von Sachverständigen, die von beiden Verfahrensseiten benannt worden waren, jede einzelne Preiskomponente der Factoringgebühr auf ihre Fremdüblichkeit.

Das Gericht akzeptierte im Grunde die ‚Yield Rate‘. Allerdings verlangte es u.a. eine revolvierende zeitnahe Neuberechnung des Zinssatzes alle drei bis vier Monate anstelle einer Durchschnittsbetrachtung über die gesamte Vertragslaufzeit hinweg.

Der ‚Loss Discount‘ wurde von dem Gericht ebenfalls dem Grunde nach akzeptiert. Gleichwohl sollte eine solche Vergütung, laut dem Gericht, auf tatsächlich eingetretenen Ausfällen von Forderungen basieren. Das Gericht akzeptierte hiernach eine Berücksichtigung historischer Ausfallwahrscheinlichkeiten, um einen zukünftigen unvorhergesehen wesentlichen Anstieg der Ausfälle zu berücksichtigen.

Der ‚Discount Spread‘ wurde vom Gericht nach unten angepasst. Der Service-Abschlag und der Skonto-Abschlag wurden reduziert. Der Rabatt-Abschlag wurde vom Gericht in Gänze abgelehnt mit der Begründung, dass in der Vergangenheit kein einziger Schuldner bisher die unterstellte Saldierung mit dem Mengenrabatt vorgenommen hat.

Der Zinsabschlag wurde vom Gericht ebenfalls reduziert, mit der Argumentation, dass die Finanzierungskosten eines Forderungskäufers nicht den Wert der gekauften Forderungen beeinflussen können, sondern allenfalls die Profitabilität des Käufers.

Das Gericht kam hiernach zu dem Schluss, dass ein fremdüblicher Abschlag bei Forderungsverkäufen in diesem Fall zwischen 0,959% und 1,17% des Nennbetrags der Forderung gelegen hätte, und somit der von McKesson verwendete Abschlag i.H.v. 2,206% außerhalb der Bandbreite lag. Da der von der kanadischen Steuerbehörde geschätzte Abschlag i.H.v. 1,013% innerhalb der Bandbreite lag, wurde die Klage McKessons abgelehnt. Eine Anpassung seitens des Gerichts auf das obere Ende der Bandbreite wurde nicht vorgenommen. Gegen das Urteil hat McKesson Kanada Revision eingelegt.
 

Implikationen

Der McKesson Fall birgt Anhaltspunkte für die Bepreisung fremdüblicher Factoringgebühren nicht nur für kanadische Steuerpflichtige. So wurde dem Grunde nach bestätigt, dass diese Gebühr aus vier Komponenten besteht

a)  einer Komponente für die Vorfinanzierungsfunktion,
b)  einer Komponente für die Übernahme des Ausfallrisikos,
c)  einer Komponente für die Administration des Forderungseinzugs und aus
d)  einem Gewinnelement das entweder implizit bereits in den vorgenannten Komponenten enthalten oder explizit zu modellieren ist.

Steuerpflichtige, die innerhalb ihrer Unternehmensgruppe Factoring betreiben, sollten die angesetzte Factoringgebühr entsprechend überprüfen.
 

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