Am 12.09.2023 hat die Europäische Kommission einen Richtlinienvorschlag zur Vereinheitlichung der Verrechnungspreisregeln innerhalb der EU vorgelegt (im Folgenden „TP EU Proposal“). Der Richtlinienvorschlag ist Teil eines Maßnahmenpakets unter dem Titel “BEFIT – Business in Europe: Framework for Income Taxation“.
Am 12.09.2023 hat die Europäische Kommission einen Richtlinienvorschlag zur Vereinheitlichung der Verrechnungspreisregeln innerhalb der EU vorgelegt (im Folgenden „TP EU Proposal“). Der Richtlinienvorschlag ist Teil eines Maßnahmenpakets unter dem Titel “BEFIT – Business in Europe: Framework for Income Taxation“ (siehe Deloitte Tax-News). Neben dem Richtlinienvorschlag zu den Verrechnungspreisen wurde ein zweiter Richtlinienvorschlag zur Berechnung der steuerlichen Bemessungsgrundlage für Großkonzerne innerhalb der EU veröffentlicht.
Die EU Kommission sieht drei Probleme im Bereich der Verrechnungspreise:
1. Gewinnverlagerung und folglich Steuervermeidung durch falsche Verrechnungspreise,
2. Doppelbesteuerung durch eine unterschiedliche Würdigung der beiden involvierten Staaten und
3. hohe Compliance Kosten sowohl bei der Preissetzung als auch der Dokumentation.
Auch wenn die meisten EU Staaten Mitglieder der OECD sind (Ausnahmen sind Malta, Zypern, Bulgarien und Rumänien), haben viele Staaten die OECD Transfer Pricing Richtlinien unterschiedlich in nationalen Recht übernommen und unterschiedlich interpretiert. Dies führt zur Komplexität und unterschiedlichen Standortbedingungen. Das EU TP Proposal führt als Beispiel die Definition der Beteiligungsschwelle an, ab der ein Unternehmen als nahestehend gilt: Manche Staaten stellen auf 25% Beteiligung, andere auf 50% ab.
Vor dem Hintergrund verfolgt das EU TP Proposal vier Ziele:
1. Aufnahme des Fremdvergleichs in EU Recht,
2. Harmonisierung der wesentlichen Verrechnungspreisregeln,
3. Klarstellung der Rolle der OECD Verrechnungspreis Richtlinien und
4. Entwicklung von verbindlichen Regeln zu spezifischen Verrechnungspreisfragen innerhalb der EU.
Die genannten Ziele sollen über eine Richtlinie erreicht werden. Die EU Kommission sieht eine Richtlinie anknüpfend an Art. 115 AEVU als einzige Möglichkeit der Umsetzung. Nach einem durchgeführten Abwägungsprozess soll die Richtlinie nicht nur die OECD Verrechnungspreisrichtlinien im EU Recht verankern, sondern sie soll weitergehende Maßnahmen ermöglichen. Angedacht ist die Veröffentlichung von Regelungen zur Anwendung des Fremdvergleichs und zur Missbrauchsbekämpfung. Ferner soll eine Expertengruppe gebildet werden, um eine einheitliche Interpretation des Fremdvergleichsgrundsatzes zu gewährleisten. Der Richtlinienvorschlag besteht aus drei Bereichen:
Die Artikel 1 bis 3 des EU TP Proposals führen zu dem Fremdvergleichsgrundsatz aus. Kern ist Artikel 3 mit 19 Absätzen zu Definitionen. Die vorgebrachten Definitionen entsprechend im Wesentlichen dem üblichen Verständnis. Beachtenswert ist die Unterscheidung zwischen „Corresponding“ und „Compensating“ Adjustments. Während Corresponding Adjustments die Korrekturen sind, die eine Steuerbehörde durchführt, weil eine andere Behörde dort die steuerliche Bemessungsgrundlage selbst erhöht hat, sind die „Compensating“ Adjustments solche Anpassungen, die der Steuerpflichtige abweichend zu dem in Rechnung gestellten Preis selbst durchführt.
Im zweiten großen Abschnitt in den Artikel 4 bis 13 werden Ausführungen zu verschiedenen Einzelthemen der Verrechnungspreisanalyse gemacht: Anwendung der Fremdvergleichs, Definition nahestehende Unternehmen, Corresponding Adjustments, Compensating Adjustments als Jahresendanpassung, Ausführung zu den angenommen Transaktionsbeziehungen, Methodenüberblick und Methodenauswahl, Vergleichbarkeitsanalyse, Bandbreiteneinengung und Verrechnungspreisdokumentation.
Die Ausführungen zu denen einzelnen Themen sind jeweils knapp in wenigen Paragraphen dargestellt. Bemerkenswert sind unter anderem folgende Aspekte, die in großen Teilen der bisherigen deutschen Vorgaben im § 1 AStG entsprechen bzw. der Verwaltungspraxis:
Im Artikel 14 wird ausgeführt, dass die OECD-Verrechnungspreisleitlinien aus 2022 bei der Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes für alle Mitgliedstaaten verbindlich sind. Es wird außerdem vorgeschlagen Hinweise zu erlassen, die für spezifische Transaktionen Anwendung finden sollen ähnlich zu den Papieren des EU Joint TP Forums, was 2019 eingestellt wurde. Die EU Kommission denkt folgende Transaktionen an:
Darüber hinaus denkt die EU Kommission Safe Harbour Regelungen für spezifische Transaktionen an. Es ist nach unserer Lesart noch unklar, wie rechtsverbindlich diese Regelungen durch die Mitgliedsstaaten zu übernehmen sind.
Zunächst ist die Fachöffentlichkeit geladen den Richtlinienvorschlag zu kommentieren. Eine angepasste Fassung dürfte dann diskutiert werden. Eine Umsetzung erfordert eine einheitliche Zustimmung durch den Rat der Europäischen Union. Es ist beabsichtigt, dass die verabschiedete Richtlinie zum 31.12.2025 in nationales Recht überführt wird und am dem 01.01.2026 gilt.
Darüber hinaus sollten die weiteren Entwicklungen des eingangs genannten BEFIT Proposal der EU Kommission zu einer gemeinsamen steuerlichen Bemessungsgrundlage verfolgt werden; aus mindestens zwei Gründen: Das Proposal sieht für Konzerne mit einem Umsatz größer 750 Mio. Euro eine einheitliche Bemessungsgrundlage vor, die dann auf die Staaten aufzuteilen ist. Für die Konzerne nehmen dann Verrechnungspreise innerhalb der EU deutlich an Bedeutung ab. Zweitens denkt das BEFIT Proposal für Routine-Vertrieb und Routine-Produktion Safe Harbour Benchmark-Werte an, die auf der EU Kommissions-Website veröffentlicht werden sollen. Dies wäre sicherlich ein wichtiger Schritt in Richtung Rechtssicherheit; auch wenn die Umsetzung erst 2028 erfolgen soll.
§ 1 AStG
EU-Kommission, Richtlinienentwurf zu den Verrechnungspreisen
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