In diesem Artikel werden die wichtigsten Unterschiede zwischen dem alten und dem neuen Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und China kurz erläutert.
Im Bundesgesetzblatt II vom 25.08.2016 (BGBl. II 2016, S. 1005) wurde das Inkrafttreten des DBA-China zum 06.04.2016 verkündet, das bisherige DBA-China ist mit Ablauf des 05.04.2016 außer Kraft getreten. Das DBA ist gem. Art. 32 Abs. 2 erstmals ab dem 01.01.2017 anzuwenden.
Chinas Wirtschaft erlebte in den letzten drei Jahrzehnten einen gewaltigen wirtschaftlichen Aufschwung. Wie kein anderes Land zog China ausländische Investoren und Unternehmen an. Mittlerweile ist China einer der wichtigsten Handelspartner Deutschlands.
Vor der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und China 1972 betrug das Handelsvolumen zwischen den Ländern ca. eine Milliarde US Dollar. Mittlerweile sind mehr als 5000 deutsche Unternehmen in China tätig. In 2014 lag das Handelsvolumen zwischen Deutschland und China bei ca. 200 Milliarden US Dollar. Die folgende Tabelle stellt das wirtschaftliche Engagement beider Staaten im jeweils anderen Land in 2014 gegenüber.
Deutschland in China | China in Deutschland | |
Anzahl tätiger Unternehmen | > 5.000 | ca. 900 |
Investitionsvolumen | ca. USD 1,8 Mrd. | ca. USD 200 Mrd. |
Nach wie vor zeigt sich, dass das deutsche Engagement in China wesentlich größer ist als das chinesische Engagement in Deutschland. Allerdings wurde in den letzten Jahren ein starkes Investitionswachstum chinesischer Firmen in Deutschland beobachtet. Dies passt in das Gesamtbild, dass China seine wirtschaftliche Bedeutung weltweit ausbauen möchte.
Vor dem Hintergrund der bedeutenden wirtschaftlichen Beziehungen, haben beide Länder ein Interesse das alte Doppelbesteuerungsabkommen („DBA“) von 1985 durch ein zeitgemäßes DBA zu ersetzen. Dies gilt insbesondere, da beide Länder bereits häufig ihr Interesse bekundet haben aggressiver Steuervermeidung entgegenzutreten. Die Verhandlungen für ein neues DBA begannen in 2007. Unterzeichnet wurde das neue DBA am 28. März 2014.
Das neue DBA tritt in Kraft, wenn es von beiden Ländern ratifiziert wurde. Dies steht seitens Deutschlands noch aus. Nach telefonischer Auskunft beim Bundesministerium für Finanzen wird das DBA nicht mehr rechtzeitig ratifiziert, um 2016 in Kraft zu treten. Damit werden die Neuregelungen des DBAs erst 2017 wirksam.
Im Folgenden werden die wichtigsten Unterschiede zwischen dem alten und dem zukünftigen DBA kurz erläutert. Dabei liegt der Fokus auf den Aspekten, die für deutsche Investoren in China bedeutend sind.
Änderungen bezüglich des Orts der Besteuerung
Artikel 4 – Ansässige Personen
Die Definition des Terms „ansässige Person“ wurde dahingehend geändert, dass nicht mehr der Ort der „allgemeinen Geschäftsleitung“, sondern der Ort der „tatsächlichen Geschäftsleitung“ von Bedeutung ist. Diese Änderung war zu erwartet, da das OECD Musterabkommen zu Vermeidung von Doppelbesteuerung den Term „tatsächliche Geschäftsleitung“ ebenfalls seit längerem benutzt. Implikation dieser Änderung ist, dass der formal ausgewiesene Ort der Geschäftsleitung in den Hintergrund tritt. Vielmehr richtet sich die Besteuerung nach dem tatsächlichen Ort der Geschäftsleitung.
In Zukunft sollte daher darauf geachtet werden, dass formale Strukturen bzgl. des Geschäftsleitungsstandorts auch „gelebt“ werden. Es sollte belegbar sein, dass ein formaler Geschäftsleitungsstandort in einem der Vertragsländer auch wirklich als Geschäftsleitungsstandort genutzt wurde. Falls diesbezüglich Unklarheiten zwischen den Vertragsländern absehbar sind, sollte vorbereitend auf Betriebsprüfungen nachvollziehbar dokumentiert werden, wo die Geschäftsleitung ihre Arbeit vollrichtet hat. Nützlich dafür wären z.B. Flugtickets, die belegen, dass die Geschäftsleitung regelmäßig am formalen Geschäftsleitungsstandort war oder auch Meeting Notes, die belegen, dass wichtige Entscheidungen am formalen Geschäftsleitungsstandort getroffen wurden. In Gänze helfen derartige Unterlagen den Standort der tatsächlichen Geschäftsleitung zu identifizieren.
Diese Änderung zieht sich durch das gesamte DBA. So ist der Term „tatsächliche Geschäftsleitung“ auch in Artikel 8, 13, 15 und 22 des neuen DBAs zu finden.
Artikel 5 – Betriebsstätten
Eine Montage Betriebsstätte besteht nach dem neuen DBA erst nach zwölf Monaten. Im alten DBA bestand eine Montage Betriebsstätte schon nach sechs Monaten.
Für Service Betriebsstätten gilt, dass sie nach dem neuen DBA bestehen, wenn innerhalb von zwölf Monaten an mehr als 183 Tagen Dienstleistungen erbracht wurden. Nach dem alten DBA bestand eine Betriebsstätte, wenn die Erbringung von Dienstleistungen mehr als sechs Monate innerhalb der letzten zwölf Monate dauerte. Diese scheinbar triviale Präzisierung ist zu begrüßen. So wurde die Sechsmonatsregel des alten DBAs teilweise sehr eng ausgelegt. Erstreckte sich eine Tätigkeit zum Beispiel vom 30. April bis zum 1. September, so wurde diese als sechs Monate ausgelegt, da sechs Kalendermonate zeitlich berührt waren. Eine derartige Interpretation ist nach dem neuen DBA nicht mehr möglich.
Auch sei erwähnt, dass Montage Betriebsstätten, die unter die Zwölfsmonatsregel fallen, von der chinesischen Steuerbehörde häufige als Service Betriebsstätte deklariert werden. Selbst unter dem neuen DBA führt dies dazu, dass bereits nach 183 Tagen eine Tätigkeit im jeweils anderen Vertragsland zu einer Betriebsstätte führt. Tätigkeiten einer Montage Betriebsstätte sollten daher klar von Service Tätigkeiten abgrenzbar sein.
Nach wie vor gibt es aber bestimmte Geschäftsstellen und Tätigkeiten die nicht als Betriebsstätte angesehen werden. So gelten reine Lagerstätten und damit verbundene Tätigkeiten (z.B. Einrichtung und Unterhalt des Lagers) weiterhin nicht als Betriebsstätte. Auch unabhängige Vertreter, die für ein Unternehmen im anderen Vertragsstaat tätig sind, werden nicht als Betriebsstätte angesehen. Im Vergleich zum alten DBA schränkt das zukünftige DBA die Ausnahmeregelung für unabhängige Vertreter jedoch ein. So gilt ein Vertreter nicht mehr als unabhängig, wenn er fast ausschließlich für ein Unternehmen arbeitet und an das Unternehmen gebunden ist. In diesem Fall würde der Vertreter daher als Betriebsstätte angesehen werden.
Artikel 14 – Selbständige Arbeit und Artikel 15 – Einkünfte aus unselbständiger Arbeit
Ist eine Person eines Vertragsstaates im anderen Vertragsstaat tätig, so muss bei der Besteuerung auf die Dauer seiner Tätigkeit im anderen Land bzw. seine tatsächliche Ansässigkeit geachtet werden. Wenn die Person in den letzten zwölf Monaten mehr als 183 Tage im anderen Vertragsstaat verbracht hat, fällt das Besteuerungsrecht auf den anderen Vertragsstaat. Nach dem alten DBA galt diese Besteuerungsregel erst, wenn 183 Tage in einem Kalenderjahr überschritten wurden. Diese Änderung war zu erwartet, da das OECD Musterabkommen diese Regelung ebenfalls seit längerem benutzt.
Änderungen bezüglich der Quellenbesteuerung
Artikel 10 – Dividenden
Muttergesellschaften müssen bei der Ausschüttung von Dividenden einer Tochtergesellschaft im jeweils anderen Land weniger Quellensteuern zahlen. Statt wie bisher zehn Prozent, müssen nach dem neuen DBA in Zukunft nur noch fünf Prozent Quellensteuer auf Dividenden gezahlt werden. Dies gilt für Muttergesellschaften, die mindestens 25% an einer Tochtergesellschaft im jeweils anderen Vertragsland halten.
Wichtig ist, dass die neue Quellensteuerregelungen möglicherweise nur für Dividenden gilt, deren Ausschüttung nach in Kraft treten des neuen DBAs beschlossen wurde. Wesentlich ist also unter Umständen nicht der Zeitpunkt der tatsächlichen Ausschüttung, sondern wann diese beschlossen wurde. Vorschlag: Unternehmen, die von dem reduzierten Quellensteuersatz profitieren wollen, können mit einem Ausschüttungsbeschluss abwarten. Dabei sollte jedoch die erwähnte Ratifizierungsverzögerung in Auge behalten werden.
Auch zu erwähnen ist, dass die Verringerung des Quellensteuersatzes nicht für Personengesellschaften gilt. Muttergesellschaften, die Personengesellschaften darstellen, müssen weiterhin zehn Prozent Quellensteuern auf Dividenden ihrer Tochtergesellschaften zahlen. Dies gilt möglichweise auch für GmbH & Co. KGs, die vom chinesischen Fiskus als Personengesellschaften deklariert werden könnten.
Artikel 11 – Zinsen
Auf Zinsen müssen weiterhin Quellensteuern von zehn Prozent gezahlt werden.
Eine Ausnahme stellt jedoch der neu hinzugefügte Paragraph vier da. Danach dürfen Zinsen nur beim Empfänger besteuert werden, wenn sie daraus resultieren, dass der Zinsempfänger gewerbliche oder wissenschaftliche Ausrüstung auf Kredit verkauft hat. Diese Ausnahmeregelung ist zu begrüßen, da direkt kreditfinanzierte Investitionen dadurch nicht benachteiligt werden.
Artikel 12 – Lizenzgebühren
Effektive Quellensteuern auf Lizenzgebühren für Mietzahlungen für industrielle, gewerbliche und wissenschaftliche Ausrüstung wurden von sieben Prozent auf 6 Prozent verringert. Die 10 Prozent Quellensteuerrate für sonstige Lizenzgebühren bleibt noch unverändert.
Artikel 13 – Gewinne aus der Veräußerung von Vermögen
Nach dem alten DBA lag das Besteuerungsrecht bei dem Land in dem die zu verkaufenden Vermögensgegenstände physisch ansässig waren. Nach Artikel 13, Paragraph sechs des neuen DBAs liegt das Besteuerungsrecht hingegen in dem Land wo der Verkäufer ansässig ist.
Ausnahmen von dieser Regelung sind in Paragraph vier und fünf von Artikel 13 beschrieben.
Nach Paragraph vier liegt das Besteuerungsrecht nach wie vor in dem Land in dem den Vermögensgegenstände physisch ansässig sind, wenn mehr als 50 Prozent des Vermögenswerts auf unbewegliches Vermögen zurückzuführen ist.
Nach Paragraph fünf liegt das Besteuerungsrecht nach wie vor in dem Land, in dem die Vermögensgegenstände physisch ansässig sind, wenn es sich erstens bei den Vermögensgegenständen um Gesellschaftsanteile handelt, zweitens der Veräußerer im anderen Vertragsstaat ansässig ist und drittens der Veräußerer vor der Veräußerung mehr als 25 Prozent an der (teilweise) veräußerten Gesellschaft hielt.
Artikel 23 – Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (Artikel 24 im alten DBA)
Quellensteuern auf Dividenden, die von einer chinesischen Tochtergesellschaft an einer deutschen Muttergesellschaft bezahlt werden, können bei der Entrichtung der Steuer in Deutschland angerechnet werden, wenn die deutsche Muttergesellschaft zu mindestens 25 Prozent an der chinesischen Tochtergesellschaft hält. Umgekehrt, wenn die Dividenden von Deutschland an China bezahlt werden, liegt die Grenze der Anteilsbesitz nur bei 20 Prozent. Nach dem alten DBA galt diese Regelung jeweils bereits ab einer Schachtelbeteilung von mindestens zehn Prozent.
Bisher gültige fiktive Anrechnungsmethoden von 15% Quellensteuern auf Zinszahlungen und Lizenzgebühren entfallen. Um die vorteilhafte, alte Regelung zu nutzen, sollten, wenn möglich, Zins- und Lizenzgebührenzahlungen vor dem Inkrafttreten des zukünftigen DBAs erfolgen.
Änderungen bezüglich der Zusammenarbeit der Steuerbehörden
Artikel 25 – Verständigungsverfahren
Bezüglich Verständigungsverfahren gibt es keine größeren Veränderungen. Einzig zu erwähnen sei, dass im zukünftigen DBA explizit erwähnt wird, das sich Vertreter aus beiden Vertragsstaaten zum Meinungsaustausch treffen können. Nicht besprochen wurde eine Zeitfrist, um eine Verständigungsverfahren abzuschließen, noch die Möglichkeit, Schiedsverfahren für einen ungelösten Fall zu lösen.
Artikel 26 – Informationsaustausch
Die Geheimhaltung von Informationen wurde bestärkt. So wird im zukünftigen DBA explizit erwähnt, dass Information die zur Ermittlung der Besteuerung ausgetauscht werden, geheim zu halten sind.
Andererseits wird im zukünftigen DBA klarer definiert, wann ein Vertragsstaat Informationen nicht zurückhalten darf. Es ist nicht erlaubt Informationen zurückzuhalten, nur weil daran innerstaatlich kein Interesse besteht oder weil diese Informationen bei einem Finanzinstitut o.ä. hinterlegt sind.
Artikel 27 – Amtshilfe
Durch die Einführung des Artikels 27 im zukünftigen DBA wurde die Amtshilfe erleichtert. So kann die Steuerbehörde eines Vertragsstaates die Steuerbehörde des jeweils anderen Vertragsstaats bei der Erhebung von Steueransprüchen unterstützen. Wichtig ist jedoch, dass die Unterstützung nicht verpflichtend ist.
Das neue DBA zwischen Deutschland und China bringt eine Vielzahl teilweise bedeutender Neuerungen. Vor dem Hintergrund der verzögerten Ratifizierung ist aber zu berücksichtigen, dass das alte DBA bis 2017 seine Gültigkeit behält. Neuregelungen können bis dahin nicht genutzt werden, stattdessen müssen alte Regelungen weiterhin beachtet werden.
Für einen Überblick werden ausgewählte Änderungen wie folgt dargestellt:
Neue DBA | Ausgewählte Änderungen | Alte Regelungen | Neue Regelungen |
Art. 5 | Aktivitätsdauer Montage Betriebstätte | Mehr als 6 Monaten | Mehr als 12 Monaten |
Art. 5 | Aktivitätsdauer Service Betriebsstätte | Mehr als 6 Monaten in einem beliebigen zwölf Monatszeitraum | > 183 Tagen in einem beliebigen zwölf Monatszeitraum |
Art. 10 | Quellensteuer für Schachteldividenden | 10 % | 5 % |
Art. 11 | Zinsen für gewerbliche oder wissenschaftliche Ausrüstung, die auf Kredit verkauft wurde | Besteuerung im Quellenstaat | Quellensteuerbefreiung eingeführt |
Art. 12 | Effektive Quellensteuer für Mietzahlungen für industrielle, gewerbliche und wissenschaftliche Ausrüstungen | 7 % | 6 % |
Art. 14 - 15 | Bezugszeitraum der Besteuerung für selbständige und unselbständige Arbeit | > 183 Tage in einem Kalenderjahr | > 183 Tage in einem beliebigen zwölf Monatszeitraum |
Art. 23 | Anwendung Freistellungsmethode in Deutschland | Mindestbeteiligungsquote 10 % | Mindestbeteiligungsquote 25 % |
Art. 23 | Fiktive Anrechnungen von Quellensteuern auf Zinszahlungen und Lizenzgebühren | Chinesische Quellensteuern auf deutsche Steueransprüche anrechenbar | Entfällt |
DBA China: Ratifizierungsprozess des neuen DBA gestartet
DBA China vom 28.03.2014, BGBl. II vom 29.12.2015, S. 1647
BGBl. II 2016 vom 25.08.2016, S. 1005
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