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09.07.2014
Transfer Pricing

Cloud Computing und die Begründung einer Betriebsstätte

Die Technologie-, Medien und Telekommunikationsindustrie („TMT“) spiegelt eine dynamische Branche wider, die sich stetig neu erfindet. Insbesondere das „Cloud Computing“ hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, sodass Unternehmen ihre Geschäftsmodelle aufgrund von Digitalisierung, Mobilität und Auslagerung von IT-Funktionen zunehmend überdenken und anpassen.

Eine allgemeingültige Definition von Cloud Computing konnte sich bisher nicht durchsetzen. Internationale Fachkreise wie die US-amerikanischen Standardisierungsstelle NIST (National Institute of Standards and Technology) oder das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik definieren Cloud Computing als ein Modell, das erlaubt bei Bedarf, jederzeit und überall bequem über ein Netz auf einen geteilten Pool von konfigurierbaren Rechnerressourcen (z. B. Netze, Server, Speichersysteme, Anwendungen und Dienste) zuzugreifen. Diese Ressourcen können schnell und mit minimalem Managementaufwand oder geringer Interaktion mit dem Serviceprovider zur Verfügung gestellt werden (vgl. NIST).

Innerhalb des Cloud Computing werden vier verschiedene Bereitstellungsmodelle unterschieden (vgl. NIST):

  • Die Private Cloud Infrastruktur wird ausschließlich für ein Unternehmen betrieben, kann aber mehreren unternehmensinternen Geschäftseinheiten bereitgestellt werden. Die Organisation und Verwaltung, insbesondere die Bereitstellung und Lokation des Rechenzentrums, kann vom Unternehmen selbst oder von fremden Dritten erfolgen.
  • Die Public Cloud Infrastruktur wird für die offene Nutzung durch die Allgemeinheit bereitgestellt. Public Clouds können durch Unternehmen, akademische oder staatliche Organisationen verwaltet werden.
  • Die Community Cloud Infrastruktur wird von mehreren Unternehmen geteilt, die gleichgerichtete Interessen verfolgen. Die Bereitstellung dieser Cloud kann durch einer dieser Unternehmen oder durch fremde Dritte organisiert und verwaltet werden.
  • Die Hybrid Cloud stellen eine Zusammenstellung von verschiedenen Cloud Infrastrukturen dar, die für sich selbst eigenständig sind, aber durch standardisierte Anwendungen gemeinsam genutzt werden können.

Einer der wesentlichen Vorteile von Cloud Computing für multinationale Unternehmen stellt die Auslagerung von IT Funktionen an Fremdanbieter dar und die damit einhergehende Reduktion von physikalischer IT Hardware. Die Wartung von IT Infrastruktur erfordert regelmäßige Kapitalinvestitionen, die infolgedessen durch Auslagerung eingespart werden können.

Aus steuerlicher Sicht werden zwei wichtige Akteure im Bereich des Cloud Computing betrachtet – die Nutzer sowie die Anbieter von Cloud Services. Die steuerlichen Herausforderungen unterscheiden sich für beide Akteure, wobei dieser Artikel schwerpunktmäßig die steuerlichen Folgen einer Betriebstätte auf Anbieterseite beleuchtet (vgl. Tappe).

Für Anbieter im Bereich Cloud Computing stellt sich neben den vorrangig geschäftsstrategischen Entscheidungen auch die Frage, welche steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten bzw. Risiken mit dem Aufbau der IT Infrastruktur verbunden sind. Dabei spielt es für die Anbieter keine Rolle, um welche Art von Cloud Computing es sich handelt. International tätige Provider laufen Gefahr, durch die zur Verfügung gestellten Rechnerressourcen, Betriebstätten zu begründen und damit eine beschränkte Steuerpflicht im Betriebstättenstaat auszulösen. Irrelevant ist dabei, ob die Server geleast werden oder sich im Eigentum des Anbieters befinden. Entscheidend ist, dass der Anbieter die Verfügungsmacht über die Hardware besitzt.

Dem deutschen Steuerrecht zufolge ist gem. § 12 Abgabenordnung eine Betriebstätte „jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient“. Damit sind Serverfarmen von international tätigen Cloud Computing Anbietern regelmäßig als Betriebstätten klassifizierbar, da sie die originäre Tätigkeit des Unternehmens erst ermöglichen, fest in den Rechenzentren installiert werden und ans Stromnetz und eine Kühlung angeschlossen sind. In diesem Zusammenhang muss jedoch der Vorrang bestehender Doppelbesteuerungsabkommen gem. § 2 (1) Abgabenordung berücksichtigt werden.

Der Betriebstättenbegriff gem. Artikel 5 OECD-Musterabkommen definiert eine Betriebstätte als „eine feste Geschäftseinrichtung, durch die die Geschäftstätigkeit eines Unternehmen ganz oder teilweise ausgeübt wird.“ Dieser Begriff wird jedoch u. a. dadurch eingeschränkt, dass Geschäftseinrichtungen, die vorbereitenden Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten dienen, keine Betriebstätte begründen. Aber diese Einschränkung wird auf Anbieterseite von Cloud Computing Services vermutlich seltener zu finden sein, als auf Nutzerseite (z.B. für reine Spiegelserver als Back-up).

Eine abschließende Beurteilung des Vorliegens einer Betriebstätte kann deshalb immer nur für den Einzelfall auf Basis der anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommen erfolgen. Für viele Steuerpflichtige stellt der administrative Aufwand der mit der Begründung einer ausländischen Betriebstätte verbunden ist, häufig eine Belastung dar. Für Anbieter von Cloud Computing Services eröffnen sich aber auch steuerliche Gestaltungsspielräume, die hauptsächlich durch die technischen Möglichkeiten begrenzt werden. Da sich durch technologischen Fortschritt diese Grenzen jedoch stetig verschieben, bieten sowohl die Standortwahl als auch die steuerliche Ausgestaltung von Verträgen vielseitige Möglichkeiten, die Steuerquote zu optimieren.

Literatur

National Institute of Standards and Technology (NIST), Special Publication 800-145, S. 2-3.

Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik, Themen Cloud Computing.

Tappe, Dr. Henning (Tappe): Steuerliche Betriebstätten in der „Cloud“ – Neuere technische Entwicklungen im Bereich des E-Commerce als Herausforderung für den ertragsteuerlichen Betriebsstättenbegriff, IStR 2011, 870.

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