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25.09.2015
Transfer Pricing

Cash Pooling und Transfer Pricing – Typische Aufgriffsrisiken in steuerlichen Außenprüfungen

Übersicht

Dieser Artikel behandelt folgende Aspekte, welche zumeist den Diskussionskern in der steuerlichen Beurteilung von internationalen Cash Pools bilden und daher bei der Pflege eines Cash Pools besondere Berücksichtigung finden sollten:

  • Finanzmarktentwicklungen und Auswirkungen auf die gewählte Zinssystematik
  • Zuordnung von Residualrisiken und –gewinnen zwischen den Cash Pool-Teilnehmen und dem Cash Pool-Master
  • Die Höhe und Dauer von Cash Pool-Anlagen und -Entnahmen
  • Das Zusammenspiel mit weiteren Finanztransaktionen

Finanzmarktentwicklungen und Auswirkungen auf die gewählte Zinssystematik

Regelmäßig werden Cash Pool-Zinssätze anhand eines Basiszinssatzes (z.B. 1 Monats-Euribor für Euro-Transaktionen) zuzüglich eines Aufschlags für Entnahmen oder eines Abschlags für Anlagen festgelegt.

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Verwendung eines Basiszinssatzes zwar dafür sorgt, dass die Cash Pool-Zinsen allgemeinen Marktentwicklungen folgen, verschiedene Zinssätze (z.B. Zwischenbankzinsen oder Anlagezinssätze für Industrieunternehmen) im Zeitverlauf jedoch abweichende Entwicklungen aufweisen können.

So ist z.B. zu beobachten, dass Interbankenzinssätze im Euro-Raum (welche regelmäßig als Cash Pool-Basiszinssatz verwendet werden) in den letzten Jahren stärker als durchschnittliche Anlagezinssätze gefallen sind (vgl. Gegenüberstellung des 1-Monats-Euribors und durchschnittlicher Anlagezinssätze für Unternehmen außerhalb der Finanzbranche (oder Non-Financial Corporations) im Euro-Raum in Abbildung 1). Da jedoch in der bisherigen Praxis durchschnittliche Anlagezinssätze oftmals als Vergleichswert für die Verprobung von Cash Pool-Anlagezinssätzen verwendet werden, hat dies unmittelbare Auswirkungen auf die Frage, ob Cash Pool-Zinsen als fremdüblich angesehen werden können.

Abbildung 1: Gegenüberstellung von EUR-Zwischenbank- und Übernachtanlagezinssätzen, in %

Fazit: Eine Überprüfung gewählter Zinssatzsystematiken sollte also regelmäßig und vor allem nach außergewöhnlichen Marktentwicklungen, wie z.B. einer starken Leitzinsänderung durch die Europäische Zentralbank, vorgenommen werden. Zusätzlich hierzu ist zu beachten, dass nicht nur allgemeine Marktentwicklungen eine Adjustierung verwendeter Zinssätze begründen können, sondern ebenfalls interne Faktoren wie z.B. eine signifikante Veränderung des Konzernratings, die Aufnahme neuer Teilnehmer (bzw. die Beendigung der Teilnahme bestehender Teilnehmer) oder der externen Refinanzierungsbedingungen hierzu Anlass geben sollten.

Zuordnung von Residualrisiken und –gewinnen zwischen den Cash Pool-Teilnehmen und dem Cash Pool-Master

In letzter Zeit lässt sich auf Seiten der Finanzverwaltung (vgl. Schreiber, Bubeck “Fremdvergleich beim internationalen Cash Pool“ in Der Betrieb vom June 2, 2014 und Hack “Grenzüberschreitendes Cash Pooling und internationale Verrechnungspreise“ in taxlex 2006) wie auch in Gerichtsurteilen (vgl. Conoco-Philips Case in Norwegen oder Bombardier Case in Dänemark) vermehrt die Auffassung beobachten, dass ein Cash Pool vorrangig ein Instrument zur Realisierung von Gruppensynergien sei. Folglich ständen potentielle Residualgewinne den Cash Pool-Teilnehmern und nicht primär dem Cash Pool-Master zu (vgl. Tz. 1.103 OECD Action 8 2014 Deliverable – Guidance on Transfer Pricing Aspects of Intangibles).

Es stellt sich grundsätzlich die Frage, ob diese Bewertung im Einzelfall zutrifft oder dem Cash Pool-Master in Abhängigkeit der Funktions- und Risikoverteilung nicht doch erwirtschaftete Residualgewinne zumindest teilweise zustehen. Unabhängig von dieser Frage ist jedoch in jedem Fall zu erwarten, dass bisher in der Praxis regelmäßig verwendete Cash Pool-Fremdvergleichsanalysen in zukünftigen Betriebsprüfungen wahrscheinlich kritischer hinterfragt werden. Dies gilt insbesondere für den häufig genutzten und einseitig den jeweiligen Cash Pool-Teilnehmer betrachtenden Benefit-Test. Der Fremdvergleichsgrundsatz gilt nach diesem Ansatz als erfüllt, wenn ein Cash Pool-Teilnehmer im Vergleich zu marktüblichen Bankzinssätzen gleich- oder leicht bessergestellt ist. Da jedoch keine Schlussfolgerung über die Verteilung möglicher Residualgewinne möglich ist, bleibt abzuwarten, in wie weit dieser Fremdvergleichsnachweis weiterhin akzeptiert wird oder ob ergänzende Auskünfte zur Verteilung (möglicher) Residualgewinne aus dem Cash Pool von Seiten der Finanzverwaltung erbeten werden.

Fazit: Vor diesem Hintergrund sollten bestehende Cash Pools dahingehend überprüft werden, ob sie in der gegenwärtigen Ausgestaltung eine im Einklang mit der jeweilige Funktions- und Risikoverteilung stehende Verrechnungspreisgestaltung aufweisen oder diesbezüglich Anpassungen nötig sind, insbesondere bezüglich der Verteilung (möglicher) Residualgewinne aus dem Cash Pool.

Die Höhe und Dauer von Cash Pool-Anlagen und -Entnahmen

Ein Cash Pool ist allgemein ein Instrument um kurzfristige Liquidität im Konzern effizienter zu nutzen und besser zu steuern. Verrechnungspreisanalysen beschränken sich daher meist auf eine kurzfristige Betrachtung. Analysiert wird nur, ob die Soll- und Habenzinsen in einem Cash Pool einem Fremdvergleich unter Verwendung kurzfristiger Vergleichszinsen standhalten. So wird der Fremdvergleichsgrundsatz bisher in der Praxis (vgl. vorheriges Kapitel) oftmals als erfüllt angesehen, sobald ein Cash Pool-Teilnehmer im Vergleich zu kurzfristigen, teilweise overnight Bankzinssätzen gleich- oder leicht bessergestellt ist.

In der Praxis zeigt sich jedoch häufig, dass Cash Pool-Teilnehmer Liquidität scheinbar mittel- oder sogar langfristig im Cash Pool anlegen. Auch zeigt sich, dass teilweise sehr umfangreiche Mittel im Cash Pool angelegt werden. Derartige Anlagemuster können operativ begründet sein. Zum Beispiel werden in der Pharmaindustrie oftmals höhere Geldmittel vorgehalten, um im Falle einer Medikamentenzulassung kurzfristig reagieren zu können. Aber genauso können nicht operative Gründe zu mittel- oder langfristigen Anlagen im Cash Pool führen. So können erhöhte Anlagevolumina zum Beispiel daher resultieren, dass Routinegesellschaften mit konstanten Gewinnen langfristig wachsende Mittel haben, welche im Cash-Pool belassen werden und daher einen wachsenden, nicht operativ bedingten, Sockelbetrag im Cash Pool darstellen.

Die beschriebenen längerfristigen, umfangreichen Anlagen werden bei der Implementierung von Cash Pools häufig nicht bedacht. Von der Finanzverwaltung wird daher nicht selten argumentiert, dass die Soll- und Haben Zinssätze des Cash Pools zwar bei einer kurzfristigen Anlage von kleineren Beträgen dem Fremdvergleich entsprechen, nicht jedoch bei der tatsächlichen, längerfristigen Anlage umfangreicher Mittel.

Fazit: Cash Pools sind in ihrer Systematik auf kurzfristige Geldbestände ausgerichtet. Falls auch längerfristige Anlagen nur kurzfristige Zinssätze erhalten, sollte dies plausibel erklärbar sein. Konkret sollten operative Gründe geliefert werden, warum eine dauerhaft hohe Liquidität vorgehalten werden sollte bzw. musste. Letztendlich gilt, dass bestehende Cash Pools regelmäßig bzgl. mittel- und langfristiger Anlagen überprüft werden sollten. Falls mittel- und langfristige Anlagen ohne operative Gründe im Cash Pool enthalten sind, sollten diese in Darlehen mit entsprechend mittel- bzw. langfristiger Verzinsung überführt werden.

Das Zusammenspiel mit weiteren Finanztransaktionen

Gerade bei größeren Konzernen gibt es eine Vielzahl an konzerninternen Finanztransaktionen. So gibt es neben internationalen Cash Pools in verschiedenen Währungen mit Teilnehmern aus unterschiedlichen Nationalstaaten z.B. zusätzliche Cash Pools auf nationaler Ebene oder langfristige Darlehen zwischen Konzerngesellschaften. Grundsätzlich sollte natürlich beachtet werden, dass die einzelnen Finanztransaktionen jeweils für sich genommen dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechend verrechnet werden müssen. Darüber hinaus muss aber auch bedacht werden, dass transaktionsübergreifend ein konsistentes Verrechnungspreissystem bestehen sollte. Mögliche Quellen solcher Inkonsistenzen können z.B. die Wahl der angewendeten Verrechnungspreismethode, die Berücksichtigung von eventuell bestehendem Konzernrückhalt oder wie nachfolgend dargestellt aufgrund der Positionierung innerhalb ermittelter Bandbreiten resultieren.

Verrechnungspreise können mit unterschiedlichen Methoden analysiert werden, welche oftmals eine Bandbreite an fremdvergleichskonformen Verrechnungspreisen herleiten. Aus dieser Bandbreite kann ein Verrechnungspreis gewählt werden. Das folgende Beispiel zeigt, dass auf diese Weise gesetzte Verrechnungspreise isoliert betrachtet zwar dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen, aber kein im Gesamtbild konsistentes und überzeugendes Bild ergeben.

Ein weiterer Sachverhalt, der seitens der Finanzverwaltung regelmäßig in Betriebsprüfungen aufgegriffen wird, besteht darin, dass über einen längeren Zeitraum hohe Beträge zu einem niedrigen Zinssatz im Cash Pool angelegt werden, während zur gleichen Zeit mittel- oder langfristige Darlehen mit einem einseitigen vorzeitigen Rückzahlungsrecht für den Darlehensnehmer zu deutlich höheren Zinssätzen aufgenommen werden. Auch wenn es Unterschiede in kurz- und langfristigen Finanzierungsstrukturen gibt, bedarf es hier einer umfangreichen Erläuterung gegenüber der Finanzverwaltung für die Ausgestaltung im konkreten Fall.

Fälle wie diese sind in Konzernen immer wieder zu beobachten und werden in Betriebsprüfungen häufig aufgegriffen. Die Problematik gewinnt auch wegen den zukünftigen internationalen Dokumentationsstandards an Bedeutung. Danach sollen alle Finanztransaktionen innerhalb eines Konzerns im Master File des Konzerns dokumentiert werden (Vgl. Tz. 19 OECD BEPS, Guidance on Transfer Pricing Documentation and Country-by-Country Reporting, Action 13). Möglicherweise vorhandene Inkonsistenzen werden dadurch offensichtlich.

Fazit: Verrechnungspreise für Finanztransaktionen müssen transaktionsübergreifend konsistent sein. Gerade bei dezentraler Bestimmung von Verrechnungspreisen mit unterschiedlichen Methoden kann dieser Grundsatz schnell verletzt werden. Insbesondere vor dem Hintergrund der zukünftig bindenden Dokumentationsvorschriften werden Inkonsistenzen schneller offensichtlich. Daher sollten die Verrechnungspreise von Finanztransaktionen regelmäßig innerhalb des Konzerns ganzheitlich überprüft werden. Gegebenenfalls müssen Inkonsistenzen mittels eines koordinierten, einheitlichen Methodenansatzes behoben werden.

Schlussfolgerung

Die vorhergehende Diskussion verdeutlicht, dass ein Cash Pool regelmäßig dahingehend überprüft werden sollte, ob ursprünglich vereinbarte Zinssetzungsregeln aufgrund zwischenzeitlicher unternehmensinterner oder –externer Entwicklungen weiterhin als fremdüblich anzusehen oder eventuell Anpassungen nötig sind. Darüber hinaus gilt es zu beobachten, ob dieser Cash Pool in ein insgesamt schlüssiges und konsistentes Verrechnungspreissystem für die gesamten Finanztransaktionen innerhalb eines Konzerns eingebettet ist. Andernfalls können erhöhte Doppelbesteuerungsrisiken nicht ausgeschlossen werden.

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