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21.07.2015
Transfer Pricing

BEPS: Maßnahme 7 – OECD veröffentlicht revidierten Diskussionsentwurf

Zur „Verhinderung der künstlichen Vermeidung von Betriebsstätten“ hat die OECD am 15.05.2015 einen revidierten Diskussionsentwurf zu Maßnahme 7 veröffentlicht. Ziel dieser Maßnahme ist es, Artikel 5 des OECD-Musterabkommens zur Definition einer Betriebsstätte zu überarbeiten. So soll u.a. verhindert werden, dass z.B. durch missbräuchliche Aufsplittung zusammenhängender Tätigkeiten in Hilfs- oder Vorbereitungstätigkeiten oder die rein formale Aufspaltung bzw. Gestaltung von Verträgen die Begründung einer Betriebsstätte vermieden werden kann.

Hintergrund

Am 15.05.2015 hat die OECD den revidierten Diskussionsentwurf zur Maßnahme 7 „Verhinderung der künstlichen Vermeidung von Betriebsstätten“ veröffentlicht. Maßnahme 7 hat zum Ziel, die Vermeidung der Begründung von Betriebsstätten insbesondere durch Kommissionärsstrukturen, Einordnung von Tätigkeiten als Hilfstätigkeiten und Aufspaltung von Verträgen zu verhindern. Hierzu hatte die OECD bereits am 31.10.2014 einen Diskussionsentwurf veröffentlicht, der verschiedene Optionen zur Änderung von Art. 5 des OECD-Musterabkommens („OECD-MA“) vorsah (siehe Deloitte Tax-News).

Ziel war es, nach der öffentlichen Konsultation am 21.01.2015 und dem Erhalt von über 800 Seiten an eingereichten Kommentaren aus der Reihe verschiedener, möglicher Optionen einen spezifischen Vorschlag zur Änderung von Art. 5 des OECD-MA in Bezug auf die Verhinderung der künstlichen Vermeidung von Betriebsstätten herauszuarbeiten. So beinhaltet der revidierte Diskussionsentwurf nun spezifische und weiter konkretisierte Vorschläge sowohl zur Änderung des Art. 5 OECD-MA als auch des OECD-Musterkommentars („OECD-MK“). Anzumerken ist, dass der revidierte Diskussionsentwurf wieder nicht auf einem Konsens der G20 Staaten beruht, jedoch substantielle Vorschläge zur Analyse und Kommentierung bereithält.

Abschnitt A: Künstliche Vermeidung von Betriebsstätten durch Kommissionärsstrukturen bzw. ähnlichen Strategien

Um die Vermeidung von Betriebsstätten durch Kommissionärsstrukturen einzudämmen, hatte die OECD im Diskussionsentwurf vom 31.10.2014 vier Optionen aufgezeigt, die in der Folge kontrovers diskutiert wurden. Eine grundsätzliche Sorge war, dass die vorgeschlagenen Optionen eine Vielzahl von Betriebsstätten schaffen könnte, denen kein oder lediglich ein geringer Gewinn zugeordnet werden könnte. Die OECD hat sich nun für Option B entschieden, die vorsieht, dass Art. 5 Abs. 5 OECD-MA unverändert bleibt.

Indes soll der OECD-MK in weiteren Teilen geändert werden, um für Klarheit in der Definition einer Betriebsstätte zu sorgen. Allerdings wird anhand der aufgezeigten Beispiele deutlich, dass es in gewissen Konstellationen für Steuerpflichtige schwieriger wird, eine Betriebsstätte zu vermeiden. So wird z.B. dargestellt, dass Art. 5. Abs. 5 OECD-MK bereits dann anwendbar ist, wenn der Tatbestand „concludes contracts or negotiates the material elements of contracts“ als erfüllt zu erachten ist. Demnach reicht es aus, wenn Vertriebsmitarbeiter von einem Unternehmen, die neben den Produkten ihres Arbeitgebers auch Produkte von einem anderen verbundenen Unternehmen vertreiben, keinen Einfluss auf die von dem anderen verbundenen Unternehmen festgelegten Vertragskonditionen haben, sondern lediglich potentielle Kunden von einem Vertragsabschluss überzeugen.

Dagegen soll Art. 5 Abs. 6 OECD-MA im Rahmen des revidierten Diskussionsentwurfes eine umfangreiche Erweiterung erfahren. Demnach soll nunmehr eine (natürliche oder juristische) Person, die ausschließlich für ein oder mehrere Unternehmen, mit dem oder denen sie verbunden ist handelt, nicht als unabhängiger Vertreter behandelt werden, und somit eine Betriebsstätte begründen. Die in Art. 5 Abs. 6a) OECD-MA neu definierte Tatbestandsvoraussetzung der Verbundenheit wird in dem nun hinzugefügten Art. 5 Abs. 6b) OECD-MA konkretisiert. Demzufolge gilt eine Person als mit einem Unternehmen verbunden, wenn ein Beteiligungsverhältnis von mindestens 50% besteht bzw. wenn ein Dritter zu mindestens 50% an der Person und dem Unternehmen beteiligt ist („connected enterprises“). Ferner wird in Art. 5 Abs. 6b) OECD-MA darauf abgestellt, dass zwischen einer Person und einem Unternehmen Verbundenheit besteht, sofern unter Berücksichtigung aller relevanten Fakten und Umstände der eine Kontrolle über den anderen ausübt oder beide gemeinsam unter der Kontrolle eines Dritten stehen.

Die vorgeschlagenen Modifizierungen des OECD-MK zu Art. 5 Abs. 6 OECD-MA grenzen im Wesentlichen die verbundenen Personen vom unabhängigen Vertreter ab. Insbesondere wird hier jedoch auch herausgestellt, dass die Ausnahmeregelung des Art. 5 Abs. 6 OECD-MA nicht automatisch in Fällen in Kraft tritt, in denen eine (juristische) Person ausschließlich für ein oder mehrere Unternehmen handelt, zu denen keine Verbundenheit besteht. Vielmehr setzt Art. 5 Abs. 6 OECD-MA voraus, dass der unabhängige Vertreter im Rahmen seiner ordentlichen Geschäftstätigkeit für das Unternehmen handelt. Zur Beurteilung der Frage, so der revidierte OECD-MK, ob die Aktivitäten einer Person als die ordentliche Geschäftstätigkeit eines unabhängigen Vertreters zu betrachten sind, müssen alle Fakten und Umstände berücksichtigt werden.

Abschnitt B: Künstliche Vermeidung von Betriebsstätten durch Ausnahmeregelungen für bestimmte Aktivitäten

Im Hinblick auf die Ausnahmeregelungen des Art. 5 Abs. 4 OECD-MA hat sich die OECD für die Auffangklausel der Option E des Diskussionsentwurfs vom 31.10.2014 entschieden: Danach begründen die Tätigkeiten des Art. 5 Abs. 4 OECD-MA nur dann keine Betriebsstätte, wenn sie einzeln oder zusammen betrachtet lediglich Hilfs-oder Vorbereitungstätigkeiten im Hinblick auf die Geschäftstätigkeit des Unternehmens als Ganzes darstellen.

Um den zahlreichen kritischen Kommentaren zur Unsicherheit der Definition von Hilfs- oder Vorbereitungstätigkeiten Rechnung zu tragen, schlägt der aktuelle Diskussionsentwurf Änderungen des OECD-MK vor. So wird anhand eines Beispiels zu einem Onlinehändler ausgeführt, dass die Lagerung und Auslieferung von Waren dann nicht als Ausnahmeregelung angesehen wird, wenn diese Tätigkeiten einen wesentlichen Teil der Verkaufs- oder Vertriebstätigkeit des Unternehmens ausmachen. Ein weiteres Beispiel beschäftigt sich mit dem Fall eines Lohnfertigers und dem Bestand von Gütern im Staat des Lohnfertigers, der zwar im Eigentum des Prinzipals steht, aber zur Verarbeitung durch den Lohnfertiger unterhalten wird. Die vorgeschlagenen Änderungen zum OECD-MK stellen klar, dass in diesem Fall grundsätzlich (von näher beschriebenen Ausnahmen abgesehen) keine Betriebsstätte des Prinzipals begründet wird, da dieser keine Verfügungsmacht („at the disposal“) hinsichtlich des Warenlagers hat.

Abschnitt B des Diskussionsentwurfs beschäftigt sich weiterhin mit der missbräuchlichen Aufsplittung zusammenhängender Geschäftstätigkeiten, um die einzelnen Aktivitäten als Hilfs- oder Vorbereitungstätigkeiten einstufen zu können. Die OECD hat sich insoweit – mit geringfügigen Änderungen – für Option J aus dem Diskussionsentwurf vom Oktober 2014 entschieden. Danach greift die Ausnahmeregelung des Art. 5 Abs. 4 OECD-MA dann nicht ein, wenn die Aktivitäten des Unternehmens oder der verbundenen Unternehmen zusammengenommen keine Hilfs- oder Vorbereitungstätigkeiten darstellen, vorausgesetzt, dass die betreffenden Tätigkeiten Teil einer zusammenhängenden Geschäftstätigkeit sind. Das Konzept der „connected enterprises“ wird in Art. 5 Abs. 6b) OECD-MA, wie oben erläutert, definiert.

Abschnitt C: Aufspaltung von Bau- und Montageverträgen

Der dritte Abschnitt des Diskussionsentwurfs befasst sich mit der Aufspaltung von Bau- und Montageverträgen zwischen verbundenen Unternehmen, um die Zwölfmonatsfrist des Art. 5 Abs. 3 OECD-MA zur Begründung einer Betriebsstätte zu unterlaufen.

Die OECD schlägt hierfür folgende Maßnahmen vor: Zunächst soll ein entsprechender Beispielsfall in den OECD-MK aufgenommen werden, um den sog. „Principal Purposes Test“ der allgemeinen Anti-Missbrauchsregelung der Maßnahme 6 zu verdeutlichen (Option L des Diskussionsentwurfs vom 31.10.2014). Der „Principal Purposes Test“ besagt, dass die Vorteile des einschlägigen Doppelbesteuerungseinkommens („DBA“) nicht zur Anwendung kommen, wenn vertretbare Gründe dafür vorliegen, dass dieser Vorteil einer der Hauptgründe für die Eingehung einer Vereinbarung oder Transaktion war und als direkte oder indirekte Folge in dem Vorteil resultiert, es sei denn der Eintritt des Vorteils entspricht dem Sinn und Zweck der Regelung des jeweiligen DBAs.

Sofern ein DBA den „Principal Purposes Test“ nicht vorsieht, soll Staaten die Möglichkeit eingeräumt werden, eine alternative Regelung zu vereinbaren, wonach die Zeiten der Bauausführung und Montage durch verbundene Unternehmen addiert werden (sofern sie 30 Tage überschreiten), um die Zwölfmonatsfrist zu bestimmen (Option K des Diskussionsentwurfs vom Oktober 2014).

Abschnitt D: Versicherungsbetriebsstätten

Der Diskussionsentwurf vom Oktober 2014 hatte in Erwägung gezogen, Art. 5 OECD-MA dahingehend zu ändern, dass die Schwelle zur Begründung einer Betriebsstätte für Versicherungsunternehmen weitgehend verringert wird. Der aktuelle Diskussionsentwurf folgt der Mehrzahl der eingereichten Kommentare, welche es befürworten, keine Sonderregelungen für Versicherungsunternehmen einzuführen. Die allgemeinen Änderungsvorschläge in Bezug auf Art. 5 Abs. 5 und Abs. 6 des OECD-MA werden als ausreichend erachtet und somit wurde Option N („keine versicherungsspezifischen Änderungen“) des Diskussionsentwurfs vom Oktober 2014 ausgewählt.

Ausblick

Im aktuellen Diskussionsentwurf erkennt die OECD an, dass im Zuge der vorgesehenen Absenkung der Schwelle zur Begründung von Betriebsstätten auch weitere Richtlinien zur Gewinnabgrenzung von Betriebsstätten notwendig sind. Die OECD plant, sich mit der Frage der Gewinnabgrenzung nach Abschluss der Arbeiten zur Maßnahme 7 und zu den Maßnahmen 8 bis 10, die im engen Zusammenhang mit Maßnahme 7 zu sehen sind, zu beschäftigen und weitere Orientierungshilfen vor Ende des Jahres 2016 (und damit vor Ablauf der Frist zur Verhandlung des multilateralen Abkommens zur Implementierung der Ergebnisse von Maßnahme 7) zu veröffentlichen.

Begrüßenswert ist die Klarstellung im aktuellen Diskussionsentwurf, dass „Low Risk Distributors“ grundsätzlich keine Betriebsstätte des Prinzipals begründen sollten. Auch Lohnfertigerstrukturen dürften in vielen Fällen nicht zur Begründung einer Betriebsstätte führen. Dennoch ergeben sich durch die Maßnahme 7 weitreichende Änderungen und Unsicherheiten durch neue Definitionen. Unternehmen, die von diesen Änderungen betroffen sein könnten, sollten sich bereits proaktiv mit dieser Thematik beschäftigen und die Aufstellung ihrer Unternehmensgruppe in dieser Hinsicht einer Überprüfung unterziehen, da zu erwarten ist, dass es zu verstärkten Diskussionen zwischen Steuerpflichtigen und Finanzverwaltungen und zu vermehrten Doppelbesteuerungsfällen kommen wird.

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