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URL: http://mobile.deloitte-tax-news.de/steuern/verfahrensrecht/neues-zur-strafbefreienden-selbstanzeige--referentenentwurf-schwarzgeldbekaempfungsgesetz.html
26.11.2010
Verfahrensrecht

Neues zur strafbefreienden Selbstanzeige – Entwurf eines Schwarzgeldbekämpfungsgesetzes

Das Thema strafbefreiende Selbstanzeige kommt auch in der Vorweihnachtszeit nicht zur Ruhe. Nachdem die Vorschläge des Bundesrates zum Jahressteuergesetz 2010, mit denen die gesetzlichen Rahmenbedingungen für eine strafbefreiende Selbstanzeige erheblich verschärft werden sollten, nicht umgesetzt wurden, nimmt der Gesetzgeber mit dem Entwurf zum Schwarzgeldbekämpfungsgesetz einen neuen Anlauf. Positiv zu bewerten ist dabei, dass verglichen mit den Vorschlägen des Bundesrates in weit geringerem Umfang in das bestehende System eingegriffen und im Hinblick auf den in wesentlicher Hinsicht unklaren BGH-Beschluss vom 20.05.2010 (1 StR 577/09, siehe in den Deloitte Tax-News) eine Vertrauensschutzregelung vorgesehen ist. Allerdings ist auch geplant, die geltende Rechtslage weiter zu verschärfen. Hervorzuheben ist die erhebliche Ausweitung des Vollständigkeitsgebots, wonach eine Selbstanzeige nur noch dann strafbefreiende Wirkung hat, wenn der Täter sämtliche noch verfolgbaren Steuerstraftaten für alle Steuerarten vollständig offenbart. Angesichts der strafrechtlichen Verfolgungsfrist von fünf Jahren, die sich in einem besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung auf zehn Jahre verlängern kann, würde durch diese Vorgabe der notwendige Umfang einer Selbstanzeige erheblich zunehmen. Kleinste Fehler oder die Nichtberücksichtigung einer Steuerart können nach dem Alles-oder-nichts-Prinzip zu einem völligen Fehlschlagen der Selbstanzeige und damit zu einer strafrechtlichen Verfolgung des Anzeigenden führen. Damit übertrifft der Gesetzgeber die bereits strengen Vorgaben des BGH-Beschlusses vom 20.05.2010, der in diesem Punkt wohl so zu verstehen ist, dass sich das Vollständigkeitsgebot nur auf die unrichtige Steuererklärung des betreffenden Jahres (d.h. die steuerstrafrechtlich relevante Tat) bezieht und nicht auf andere Steuerarten ausstrahlt. Insbesondere für Unternehmen dürfte ein in dieser Weise verstandenes Vollständigkeitsgebot dazu führen, dass strafbefreiende Selbstanzeigen mit kaum zu beherrschenden Risiken verbunden wären. 

Auch im Bereich der Sperrgründe, deren Verwirklichung zu einem Entfallen der strafbefreienden Wirkung einer Selbstanzeige führt, sind gesetzliche Verschärfungen vorgesehen. Von wesentlicher Bedeutung – wiederum belastend für Unternehmen – ist der Eintritt der Sperrwirkung mit Bekanntgabe einer Prüfungsanordnung, womit die an das Erscheinen des Prüfers geknüpfte Ausschlusswirkung vom gesetzlichen Regel- zum Ausnahmetatbestand würde. Als weiterer neuer Sperrgrund – ergänzend zur Ausweitung des Vollständigkeitsgebots – soll die Abgabe einer unrichtigen oder unvollständigen Berichtigungs- oder Nacherklärung gelten, wenn der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste. Lediglich der Gesetzesbegründung kann mit der notwendigen Klarheit entnommen werden, dass unbewusste Unrichtigkeiten die strafbefreiende Wirkung nicht ausschließen. Ferner soll der Katalog der Sperrgründe zur Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung in gleicher Weise für den Bußgeldtatbestand der leichtfertigen Steuerverkürzung gelten. In der geplanten Anwendungsregelung wird erfreulicherweise klargestellt, dass bis zu einem Inkrafttreten der Neuregelung die Rechtslage zur Teil-Selbstanzeige vor Ergehen des BGH-Beschlusses vom 20.05.2010 weiter anzuwenden ist. Damit würde die strenge Interpretation des BGH, wonach bereits nach geltendem Recht eine (unvollständige) Teil-Selbstanzeige insgesamt keine strafbefreiende Wirkung entfaltet, durch eine gesetzliche Regelung für nicht anwendbar erklärt. Diese Regelung würde all jenen Steuerpflichtigen ein Zeitfenster für eine finale (dann insgesamt vollständige) Selbstanzeige zur Absicherung ihrer Straffreiheit eröffnen, die nach Abgabe einer Teil-Selbstanzeige aktuell eine Strafverfolgung befürchten müssen. Insgesamt betrachtet würde eine Umsetzung des Entwurfs zum Schwarzgeldbekämpfungsgesetz im Ergebnis zu einer nachhaltigen Verschlechterung der Rahmenbedingungen für eine strafbefreiende Selbstanzeige führen. Es bleibt zu hoffen, dass insbesondere der Umfang des Vollständigkeitsgebots im weiteren Gesetzgebungsverfahren noch überdacht wird.

Das Bundeskabinett hat am 08.12.2010, ohne wesentliche Änderungen gegenüber dem Referentenentwurf, den Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerhinterziehung (Schwarzgeldbekämpfungsgesetz) beschlossen.

Der Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens mit dem anschließenden Inkrafttreten ist derzeit für den April 2011 vorgesehen.

Fundstellen

Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerhinterziehung (Schwarzgeldbekämpfungsgesetz)
BGH, Beschluss vom 20.05.2010, 1 StR 577/09 , ausführlich hierzu in den Deloitte Tax-News
Stellungnahme des Bundesrates BR-Drs. 318/10 (B), ausführlich hierzu in den Deloitte Tax-News

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