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URL: http://mobile.deloitte-tax-news.de/steuern/verfahrensrecht/fg-duesseldorf-haftung-der-organgesellschaft-fuer-steuern-des-organtraegers.html
24.11.2016
Verfahrensrecht

FG Düsseldorf: Haftung der Organgesellschaft für Steuern des Organträgers

Mit Urteil vom 31.05.2017 hat der BFH das Urteil des FG Düsseldorf aufgehoben (mehr dazu siehe Anmerkung).
BFH, Urteil vom 31.05.2017, I R 54/15, siehe Deloitte Tax News 
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FG Düsseldorf (Vorinstanz)
Eine Organgesellschaft haftet nach § 73 AO nicht nur für in ihrem eigenen Betrieb verursachte Steuern (insb. USt und GewSt), sondern für alle vom Organträger geschuldeten Steuern (z.B. KSt). Die Haftung gilt auch bei mittelbaren Organschaftsverhältnissen.

Sachverhalt

Zwischen der B-GmbH (Organgesellschaft) und der C AG i.L. bestand – mittelbar über die E-GmbH und die F-AG – eine körperschaftsteuerliche Organschaft. Gegen die B-GmbH (und andere Organgesellschaften) wurde ein Haftungsbescheid gem. § 73 AO betreffend Körperschaftsteuer sowie Solidaritätszuschlag für die Streitjahre 2001 und 2002 erlassen. Das Finanzamt beschränkte die Haftung auf die Steuern, die auf den dem Organträger zugerechneten Gewinn der jeweiligen Organgesellschaft entfiel (Veranlassungshaftung). Der Einspruch gegen den Haftungsbescheid blieb ohne Erfolg.

Entscheidung

Der Haftungsbescheid sei rechtmäßig.

Die Haftungsinanspruchnahme der B-GmbH sei durch § 73 S. 1 AO gerechtfertigt. Bei einer Organschaft sei nur der Organträger Steuersubjekt, weshalb dieser auch die Steuern zahlen müsse, die ohne die Organschaft von der Organgesellschaft geschuldet werden würden. Durch die Haftung der Organgesellschaft solle einem möglichen Steuerausfall bei Zahlungsunfähigkeit eines Organträgers entgegengewirkt werden.

Da es dem Gesetzgeber darauf angekommen sei, die Inanspruchnahme der Organgesellschaften nicht nur hinsichtlich der Betriebssteuern (insb. Umsatzsteuer und Gewerbesteuer), sondern auch hinsichtlich anderer Steuern (z.B. Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag), zu ermöglichen, sei es gerechtfertigt, die Haftung nicht auf Betriebssteuern zu begrenzen. Dies gelte auch für – im Schrifttum umstrittene Fälle – von mittelbaren Organschaftsverhältnissen (z.B. im Verhältnis der Enkelgesellschaft zur Muttergesellschaft), da sich § 73 AO nach seinem Wortlaut nicht auf ein einziges Organschaftsverhältnis zwischen der Organgesellschaft und ihrem unmittelbaren Organträger beziehe. Durch die Haftung solle vermieden werden, dass der Steuergläubiger auf das Vermögen von Organgesellschaften nicht zugreifen kann, obwohl diese Gesellschaften die entstandene Steuerforderung mit ausgelöst haben. Aufgrund dessen müsse der Organkreis als einheitliches Ganzes betrachtet werden (BT-Drs. VI/1982, S. 120). Unerheblich sei dabei, wie viele Stufen die Organschaftsverhältnisse umfassen.

Die Haftung einer Organgesellschaft betreffe gem. § 73 AO die (gesamten) im Organkreis entstandenen Steuern. Die Vorschrift ordne also die Haftung aller Organgesellschaften für alle im Organkreis entstandenen Steuern an, selbst wenn diese Steuern von einer anderen Organgesellschaft oder dem Organträger verursacht wurden. Eine Beschränkung auf Steuern, die auf den Betrieb des beherrschten Unternehmens entfielen, sei vom Gesetzgeber ausdrücklich nicht gewollt, da deren Feststellung in der Praxis gar nicht oder nur unter unverhältnismäßig großen Schwierigkeiten möglich wäre (BT-Drs. VI/1982, S. 120).

Es sei ausreichend, den Haftungsumfang der Organgesellschaft (erst) durch eine Ermessensentscheidung der Finanzbehörde – und nicht (bereits) auf der Ebene des Haftungstatbestands – zu beschränken. Folglich sei es zwar einerseits geboten, aber andererseits auch hinreichend, im Wege einer Ermessensentscheidung unter Einbeziehung der bekannten Umstände des Einzelfalls nach einem pragmatischen und sachgerechten Maßstab die gesamten im Haftungsweg geltend gemachten Rückstände wie Teilschulden, unter Berücksichtigung eines auf die insolvente Konzernmutter entfallenden Anteils, auf die einzelnen Organgesellschaften aufzuteilen.

Gegen die vorliegenden Ermessensentscheidungen – Haftungsinanspruchnahme der B-GmbH dem Grunde nach (Entschließungsermessen) und der Höhe nach, orientiert am jeweiligen zu versteuernden Einkommen, auf die durch die B GmbH „verursachten“ Steuern (Auswahlermessen) – bestünden keine Bedenken.

Betroffene Norm

§ 73 AO
Streitjahre 2001,2002

Anmerkung

Das FG Düsseldorf hat die im Streitfall bestehende mehrstufige Organschaftskonstellation in der Weise, dass zwischen der Enkelgesellschaft und der Tochtergesellschaft sowie zwischen der Tochtergesellschaft und der Muttergesellschaft jeweils ein Organschaftsverhältnis besteht, als mittelbare Organschaft der Enkelgesellschaft zur Muttergesellschaft bezeichnet und eine Haftung nach § 73 AO der Enkelgesellschaft für Steuern der Muttergesellschaft angenommen. Der BFH (Urteil vom 31.05.2017, I R 54/15, siehe Deloitte Tax-News) sieht in dieser Fallgestaltung jedoch keine mittelbare Organschaft zwischen der Enkelgesellschaft und der Muttergesellschaft mangels finanzieller Eingliederung vermittels der mittelbaren Beherrschung und einem direkten Ergebnisabführungsvertrag und verneint eine Haftung der Enkelgesellschaft. Aus dem Wortlaut des § 73 S. 1 AO ergebe sich, dass der Gegenstand der Haftung für eine Organgesellschaft auf die gegen den – durch das konkrete Organschaftsverhältnis bestimmten – Organträger gerichteten Steueransprüche beschränkt sei.

Fundstelle
BFH, Urteil vom 31.05.2017, I R 54/15, siehe Deloitte Tax News
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 19.02.2015, 16 K 932/12 H (K)

Weitere Fundstelle
BT-Drucks. VI/1982

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