Zurück zur Übersicht
URL: http://mobile.deloitte-tax-news.de/steuern/verfahrensrecht/bmf-diskussionsentwurf-zur-modernisierung-des-besteuerungsverfahrens.html
11.12.2014
Verfahrensrecht

BMF: Diskussionsentwurf zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens

Am 21.11.2014 hat das BMF einen Diskussionsentwurf zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens veröffentlicht. Zu den wesentlichen Zielen zählen insbesondere die strukturelle Neugestaltung von Kommunikationsprozessen und Arbeitsabläufen, die Optimierung des steuerlichen Massenverfahrens durch verstärkten IT-Einsatz sowie das nachhaltige, effektive und wirtschaftliche Erfüllen der Aufgaben der Steuerverwaltung.

Hintergrund

Am 21.11.2014 veröffentlichte das Bundesministerium der Finanzen (BMF) den zuvor zwischen den Finanzministerien der Länder und des Bundes abgestimmten Diskussionsentwurf zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens und bietet damit allen am Verfahren Beteiligten die Möglichkeit, bis Ende Januar 2015 fachlich Stellung zu beziehen.

Ausgangspunkt für die Finanzverwaltung sind die durch die moderne Informationstechnologie in den letzten Jahren erfolgten Veränderungen in der Gesellschaft und der Wirtschaft. Daneben erfordere auch die demografische Entwicklung der Gesellschaft und die zunehmend globalisierten Geschäftsprozesse eine Modernisierung des Besteuerungsverfahrens. Im Diskussionsentwurf geht die Finanzverwaltung davon aus, dass nur eine moderne IT die Komplexität der Sachverhalte und Rechtsfragen bewältigen kann und damit dazu beiträgt, die bestehenden Steueransprüche effektiv zu sichern.

Struktur des Diskussionsentwurfes

Der Diskussionsentwurf enthält eine Vielzahl von untergesetzlichen Maßnahmen, wenn es zum Beispiel um Fragen der Ausgestaltung von Schnittstellen oder Prozessen geht. Für diese Maßnahmen ist keine rechtliche Anpassung erforderlich. Darüber hinaus sind aber auch konkrete Vorschläge für Gesetzesänderungen enthalten.

Reformziele

Kommunikationsprozesse und Arbeitsabläufe im Besteuerungsverfahren sollen mit Hilfe eines verstärkten IT-Einsatzes strukturell neu gestaltet werden, um ein gleichmäßiges, gerechtes und effizientes Besteuerungsverfahren zu gewährleisten.
Es ist vorgesehen, eine stärkere Serviceorientierung der Steuerverwaltung durch den optimierten Einsatz von elektronischen Möglichkeiten zu erreichen. Die Steigerung der Transparenz durch Schaffung bzw. Erweiterung von Datenabrufmöglichkeiten soll eine bürgerfreundliche, effektive und wirtschaftliche Aufgabenerfüllung der Steuerverwaltung erleichtern.
Im Fokus steht, das Besteuerungsverfahren zukünftig risikoorientiert auszurichten, indem ein Großteil der Steuererklärungen im Massenverfahren unter Einsatz automationsgestützter Risikomanagementsysteme vollständig maschinell bearbeitet wird. Sachverhalte mit signifikanten steuerlichen Risiken sollen dadurch effektiv und konzentriert geprüft werden.

Kernelemente der Verfahrensmodernisierung

Kommunikation zwischen den am Besteuerungsverfahren Beteiligten
Zu einem Kernelement des Modernisierungskonzeptes zählt die Kommunikation zwischen den am Besteuerungsverfahren Beteiligten. Bei der Ausweitung der elektronischen Kommunikationswege spielt insbesondere die elektronische Steuererklärung eine wichtige Rolle. Sie ermöglicht eine schnellere Bearbeitung durch die Steuerverwaltung. Die Quote der elektronisch eingereichten Steuererklärungen soll erhöht werden.
Eine Verbesserung der Servicequalität von ELSTER (Elektronische Steuererklärung) soll gewährleisten, dass auch Belege und ergänzende Unterlagen zur Steuererklärung zukünftig vom Steuerpflichtigen mittels ELSTER elektronisch übermittelt werden können. Darüber hinaus zählt auch der Ausbau des seit Januar 2014 bereits bestehenden Serviceangebots der „vorausgefüllten Steuererklärungen“ (VaSt) zu den Verbesserungen bei ELSTER. Es ist geplant, eine elektronische Kommunikation auch vermehrt auf andere Mitteilungen an das Finanzamt auszuweiten. Steuerbescheide sollen zukünftig – mit Zustimmung des Steuerpflichtigen – auch elektronisch bekanntgegeben werden, indem sie dem Steuerpflichtigen zur Datenabholung über das ELSTER-Portal oder eine geeignete Steuererklärungs-Software bereitgestellt werden.
Als weiterer Baustein zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens ist vorgesehen grundsätzlich auf die Abfrage von Daten in den Steuererklärungsformularen, die bereits von Dritten an die Steuerverwaltung zu übermitteln sind, zu verzichten.
Mit der Erweiterung des elektronischen Zugriffs der Steuerpflichtigen auf die zu ihrer Person gespeicherten Daten soll von der Steuerverwaltung ein zusätzlicher Service angeboten werden.
Im Unternehmensbereich wird die Möglichkeit des Abrufs der „verbindlichen“ E-Bilanz, die der Veranlagung zu Grunde gelegen hat, vorgeschlagen.

Um den strukturierten elektronischen Schriftverkehr über das ElsterOnlinePortal zu forcieren, soll eine gesetzliche Verpflichtung für beratene Steuerpflichtige geprüft werden, ausgewählte Geschäftsvorfälle (z.B. Rechtsbehelfe, Stundungsanträge, Anpassungsanträge für Vorauszahlungen) über das Portal zu übermitteln.

Optimierung der Einkommensteuerveranlagung
Ein wesentliches Ziel der Verfahrensmodernisierung ist die Optimierung der Einkommensteuerveranlagung. Die personelle Fallprüfung bei Einkommensteuererklärungen soll auf risikoträchtige Sachverhalte konzentriert werden.

Hinsichtlich des Umgangs mit Belegen zur Steuererklärung ist geplant, die generellen Belegvorlagepflichten soweit wie möglich durch Belegvorhaltepflichten zu ersetzen. Nur auf Anforderung sind die entsprechenden Belege dann dem Finanzamt vorzulegen. Die geltenden Aufbewahrungspflichten sollen weiterhin bestehen.

Es sollen verstärkt risikoorientierte Methoden bei der Prüfung von Steuererklärungen und Ermittlung steuererheblicher Sachverhalte eingesetzt werden. Die verstärkte Ausrichtung des IT-gestützten Risikomanagements auf signifikante Risiken soll es ermöglichen, risikobehaftete Fälle zur personellen Prüfung aus der maschinellen Bearbeitung möglichst treffsicher auszusteuern. Zufalls- und Turnusprüfungen sollen zusätzlich die verfassungsrechtlich gebotene Generalprävention sichern.
Um langfristig die Quote der vollständig maschinell bearbeiteten Einkommensteuererklärungen zu steigern, soll unter anderem das Risikomanagementsystem (RMS) gesetzlich in der Abgabenordnung (AO) verankert werden. Es sind für ausschließlich automationsgestützt erlassene Steuerbescheide unter anderem neue Änderungsvorschriften in die AO aufzunehmen. So soll zum Beispiel eine gesonderte Änderungsnorm in der AO für vollmaschinell erstellte Steuerbescheide aufgenommen werden, die innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe des Steuerbescheides eine verschuldungsunabhängige Änderungsmöglichkeit vorsieht, wenn vom Steuerpflichtigen gemachte steuererhebliche Angaben bzw. Beweismittel aufgrund der vollständig automatisierten Bearbeitung nicht berücksichtigt wurden.

Weiterhin ist eine Kennzeichnung von vollmaschinell erstellten Steuerbescheiden vorgesehen. Darüber hinaus soll die Verschlankung der Steuererklärungen, d.h. die Beschränkung auf unbedingt notwendige Informationen eine vollmaschinelle Verarbeitung fördern. Daher soll eine Reduzierung der mit der Einkommensteuererklärung abgefragten Informationen geprüft werden.

Weitere Verfahrensanpassungen und rechtliche Änderungen
Über die bereits aufgeführten Kernelemente hinaus sollen weitere Regelungen in den Umsetzungsprozess der Modernisierungsmaßnahmen integriert werden.
Weiter sollen die elektronischen Datenübermittlungspflichten Dritter harmonisiert, erweitert und in der AO zentralisiert werden.
Durch die Optimierung des Erklärungsprozesses sollen die Arbeitsabläufe in der Finanzverwaltung und in der Steuerberatungspraxis verbessert werden.

Fristen zur Abgabe von Steuererklärungen und Verspätungszuschlag
Die Fristen zur Abgabe von Steuererklärungen und die Voraussetzungen sowie die Höhe der Festsetzung eines Verspätungszuschlags sollen neu geregelt werden. Es ist geplant, neben der bisher geltenden allgemeinen 5-Monatsfrist-Frist zur Abgabe einer Steuererklärung, die sich auf ein Kalenderjahr oder einen gesetzlich bestimmten Zeitpunkt bezieht, erstmals eine feste gesetzliche Frist für den Fall einzuführen, dass an der Erstellung der Steuererklärung eine nach den §§ 3 und 4 Steuerberatungsgesetz befugte Person oder Institution mitgewirkt hat. In diesem Fall ist für bestimmte im Gesetz genannte Erklärungen, wie der Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer-, oder Umsatzsteuer-Erklärung, diese bis zum 28.02. (LuF 31.07.) des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres abzugeben. Die Finanzämter können nach einem im Gesetz definierten Katalog eine kürzere Frist, mindestens die 5-Monats-Frist anordnen. Gründe für eine verkürzte Abgabefrist können sein: verspätete Abgabe von Erklärungen in der Vergangenheit, Vorauszahlung für den Besteuerungszeitraum außerhalb einer Veranlagung herabgesetzt oder die Steuerfestsetzung führt voraussichtlich zu einer hohen Abschlusszahlung.

Ein Verspätungszuschlag soll festgesetzt werden, sofern bestimmte Steuererklärungsfristen nicht eingehalten werden. Eine Festsetzung soll unter anderem erfolgen, sofern in den Fällen der 5-Monats-Frist nicht binnen 14 Monaten nach Entstehung des Steueranspruchs und in den Fällen der verlängerten Frist nicht binnen 19 Monaten nach Entstehung des Steueranspruchs eine Fristverlängerung gewährt wurde.

Der Verspätungszuschlag soll zukünftig grundsätzlich für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung 0,25 % der festgesetzten Steuer, mind. 50 Euro für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung betragen. Darüber hinaus sind für einige Erklärungsarten spezielle Vorschriften für die Ermittlung der Höhe des Verspätungszuschlages vorgesehen.

Der Höchstbetrag eines Verspätungszuschlags i.H.v. 25.000 Euro soll auch zukünftig bestehen bleiben.

Inkrafttreten

Die im Entwurf diskutierten erforderlichen gesetzlichen Maßnahmen zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens sollen Anfang des Jahres 2015 in ein Gesetzgebungsverfahren einfließen und überwiegend ab 2016 wirksam werden.

Fundstelle
BMF, Diskussionsentwurf zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens, 21.11.2014

www.deloitte-tax-news.de Diese Mandanteninformation enthält ausschließlich allgemeine Informationen, die nicht geeignet sind, den besonderen Umständen eines Einzelfalles gerecht zu werden. Sie hat nicht den Sinn, Grundlage für wirtschaftliche oder sonstige Entscheidungen jedweder Art zu sein. Sie stellt keine Beratung, Auskunft oder ein rechtsverbindliches Angebot dar und ist auch nicht geeignet, eine persönliche Beratung zu ersetzen. Sollte jemand Entscheidungen jedweder Art auf Inhalte dieser Mandanteninformation oder Teile davon stützen, handelt dieser ausschließlich auf eigenes Risiko. Deloitte GmbH übernimmt keinerlei Garantie oder Gewährleistung noch haftet sie in irgendeiner anderen Weise für den Inhalt dieser Mandanteninformation. Aus diesem Grunde empfehlen wir stets, eine persönliche Beratung einzuholen.

This client information exclusively contains general information not suitable for addressing the particular circumstances of any individual case. Its purpose is not to be used as a basis for commercial decisions or decisions of any other kind. This client information does neither constitute any advice nor any legally binding information or offer and shall not be deemed suitable for substituting personal advice under any circumstances. Should you base decisions of any kind on the contents of this client information or extracts therefrom, you act solely at your own risk. Deloitte GmbH will not assume any guarantee nor warranty and will not be liable in any other form for the content of this client information. Therefore, we always recommend to obtain personal advice.