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13.08.2010
Verfahrensrecht

BMF: Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung

Hintergrund

Das BMF hat mit Schreiben vom 28.07.2010 unter Bezugnahme auf die Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder die Änderungen des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung bekannt gegeben. Die Änderungen und Ergänzungen schaffen vor allem Klarheit in der Anwendung der 19 betroffenen Vorschriften, zum Teil vor dem Hintergrund jüngster Rechtsprechung des BFH. In sieben Fällen besitzen die Änderungen lediglich redaktionellen Charakter.

Verwaltungsanweisung

Ausgewählte Änderungen bzw. Ergänzungen sollen im Folgenden kurz erläutert werden:

AEAO zu § 31 AO – Mitteilung von Besteuerungsgrundlagen
Die Finanzbehörden sind nach § 31 Abs. 2 AO nur zur Offenbarung der Besteuerungsgrundlagen gegenüber der Bundesagentur für Arbeit, der Künstlersozialkassen und den Trägern der gesetzlichen Sozialversicherung verpflichtet, wenn die Angaben für die Feststellung der Versicherungspflicht oder die Festsetzung von Beiträgen notwendig sind. § 31 Nr. 2 AEAO weist darauf hin, dass private Krankenversicherungen nicht unter die gesetzlichen Sozialversicherungen fallen. § 31 Nr. 3 AEAO erläutert den ggf. zulässigen Umfang der Offenbarung.

AEAO zu § 110 AO – Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
In § 110 AO werden Sachverhalte geregelt, in denen Abgabenpflichtige ohne eigenes Verschulden verhindert sind, gesetzliche Fristen einzuhalten. § 110 AEAO stellt klar, dass unter Absatz 1 lediglich solche Handlungs- und Erklärungsfristen fallen, die der Beteiligte oder Dritte gegenüber der Finanzbehörde zu wahren hat. Gesetzliche Fristen, die von den Finanzbehörden als Verwaltungsträger im Verwaltungsverfahren zu beachten sind, sind hingegen nicht wiedereinsetzungsfähig.

AEAO zu § 130 AO – Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes
§ 130 Nr. 1 AEAO konkretisiert die Eigenschaften für einen rechtswidrigen Verwaltungsakt und stellt im neu eingefügten Satz 2 fest, dass eine nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage einen ursprünglich rechtmäßigen Verwaltungsakt grundsätzlich nicht zu einem rechtswidrigen Verwaltungsakt i. S. d. § 130 umqualifizieren kann. Dies ist ausschließlich im Falle einer den Verwaltungsakt erfassenden steuerrechtlichen Rückwirkung möglich.  Die neu angefügte Nr. 5 bezieht sich auf § 130 Abs. 3 AO, der keine Prüfungsfrist, sondern lediglich eine Entscheidungsfrist für Finanzbehörden normiert, um bekannte Tatsachen rechtlich zu bewerten. Die Jahresfrist des Abs. 3 beginnt daher erst, sobald die Finanzbehörden die tatsächlichen Erkenntnis gewonnenen haben, dass der Verwaltungsakt zurückgenommen oder widerrufen werden kann.

AEAO zu § 170 AO – Beginn der Festsetzungsfrist
Die neu eingefügte Nr. 3 stellt klar, dass die Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO nicht greift, wenn der Steuerpflichtige berechtigt, aber nicht verpflichtet ist, eine Steuererklärung abzugeben.

AEAO zu § 171 AO – Ablaufhemmung
§ 171 Nr. 2 AEAO präzisiert die Voraussetzungen für eine Ablaufhemmung i. S. d. § 171 Abs. 3 durch einen Verweis auf die jüngere Rechtsprechung insofern, als eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 Abs. 3 AO mit dem Ziel einer rückwirkenden Ablaufhemmung nicht gewährt werden kann, wenn der Antrag des Steuerpflichtigen nicht innerhalb der Festsetzungsfrist gestellt wird.  Des Weiteren stellt § 171 Nr. 3 AEAO klar, dass unter die den Ablauf der Festsetzungsfrist hinausschiebenden Ermittlungen i. S. d. § 171 Abs. 4 Satz 3 AO nicht die bloße Zusammenstellung des Prüfungsergebnisses im Prüfungsbericht fällt.

AEAO zu § 173 AO – Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden wegen neuer Tatsachen oder Beweismittel
§ 173 Nr. 1.1.2 AEAO wird mit dem Verweis auf einschlägige BFH-Rechtsprechung um Tatsachen wie insbesondere Entscheidungen des BVerfG zur Verfassungswidrigkeit einer Rechtsnorm oder nachträgliche Gesetzesänderungen, die nicht dazu führen, dass Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern sind.

AEAO zu § 175 AO – Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden in sonstigen Fällen
In § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO wird ein rückwirkendes Ereignis als ein Ereignis mit steuerlicher Wirkung für die Vergangenheit präzisiert. § 175 Nr. 2.2 AEAO stellt klar, dass neben der nachträglichen Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung nunmehr auch Entscheidungen des BVerfG nicht als ein rückwirkendes Ereignis gelten und somit nicht zu einer Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden führen können.

AEAO zu § 191 AO – Haftungsbescheide, Duldungsbescheide
§ 191 AEAO wird um eine neue Weisung ergänzt, die sich mit den Folgen der Akzessorietät der Haftungsschuld zur Steuerschuld befasst. Die neu eingefügte Nr. 8 deklariert, dass der Steueranspruch maßgeblich ist, auf den sich die Haftung bezieht. So kann ein erstmaliger Haftungsbescheid nicht mehr ergehen, wenn der zugrunde liegende Steueranspruch gegenüber dem Steuerschuldner wegen Festsetzungsverjährung, Zahlungsverjährung oder Erlöschen des Erlasses nicht mehr festgesetzt werden kann. Es wird beispielhaft Bezug auf eine nicht angemeldete und abgeführte Lohnsteuer genommen (§ 42d EStG).

Fundstelle

BMF, Schreiben vom 28.07.2010, IV A 3 – S 0062/08/10007-08

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