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20.01.2012
Verfahrensrecht

BFH: Keine AdV-Zinsen bei vollem Erfolg des Rechtsbehelfs

Hatte ein Rechtsbehelf in vollem Umfang Erfolg, werden auch dann keine Aussetzungszinsen festgesetzt, wenn das Finanzamt rechtsirrig einen zu hohen Betrag von der Vollziehung ausgesetzt hatte. Entscheidend ist der Erfolg des Rechtsbehelfs; der Umfang der AdV und der Aspekt der Verzinsung sind dann unerheblich.

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (E) war Gesellschafterin einer GbR. Während eines Rechtsbehelfsverfahrens betreffend negative Gewinnfeststellungsbescheide der GbR war die Aussetzung der Vollziehung (AdV) gewährt worden. Infolgedessen wurde die Vollziehung der Bescheide über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag ausgesetzt. Diese Aussetzung erfolgte allerdings in größerem Umfang als es der Streitgegenstand hinsichtlich der Feststellungsbescheide erfordert hätte. Das Rechtsbehelfsverfahren der GbR hatte in vollem Umfang Erfolg. Wegen der überhöhten AdV hatte E Nachzahlungen zu leisten. Das Finanzamt setzte gegen E Aussetzungszinsen fest. Der Einspruch gegen die Festsetzung der AdV-Zinsen hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht gab der Klage statt. Für die Festsetzung dieser Zinsen fehle es an einer rechtlichen Grundlage. Mit der Revision vertritt das Finanzamt weiterhin die Auffassung, die Nachzahlungsbeträge seien zu verzinsen.

Entscheidung

Das FG hat zu Recht erkannt, dass für die Nachzahlungsbeträge keine Aussetzungszinsen festzusetzen waren, da das Rechtsbehelfsverfahren gegen die Grundlagenbescheide in vollem Umfang Erfolg gehabt hatte.

Soweit ein Einspruch „endgültig keinen Erfolg“ gehabt hat, ist der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt wurde, zu verzinsen (§ 237 Abs. 1 S. 1 AO). Dies gilt entsprechend, wenn nach Einlegung eines förmlichen Rechtsbehelfs gegen einen Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 AO) die Vollziehung eines Folgebescheids ausgesetzt wurde (§ 237 Abs. 1 S. 2 AO). "Endgültig keinen Erfolg gehabt" hat der Rechtsbehelf insbesondere dann, wenn er durch unanfechtbare Entscheidung abgewiesen, vom Rechtsbehelfsführer zurückgenommen oder eingeschränkt worden ist, wenn mithin das Finanzamt dem Begehren, den festgesetzten Steuerbetrag herabzusetzen, im Ergebnis nicht abhilft, gleich, aus welchem Grunde (grundlegend Senatsurteil vom 27.11.1991). Entscheidend ist der Erfolg des Rechtsbehelfs; der Umfang der AdV und der Aspekt der Verzinsung sind in diesem Fall unerheblich.

Soweit der BFH entschieden hat, dass die Zinsfestsetzung von dem tatsächlich ausgesetzten Betrag abhängt (vgl. z.B. Urteile vom 27.11.1991, 25.03.1992, 18.07.1994), beziehen sich diese Entscheidungen auf Konstellationen, in denen die jeweils eingelegten Rechtsbehelfe wenigstens teilweise ohne Erfolg geblieben waren.

Im Streitfall hatten die Rechtsbehelfsverfahren gegen die Grundlagenbescheide in vollem Umfang Erfolg. Der Wortlaut des § 237 AO ist insoweit eindeutig. Die Nachzahlungsbeträge, um die es im Streitfall geht, beruhen nicht auf einer Änderung der Festsetzung, sondern auf dem Umfang der AdV. Eine Zinsvorschrift, die unmittelbar an Überzahlungen des Steuerpflichtigen oder der Finanzbehörde anknüpft, existiert nicht.

Betroffene Norm

§ 237 AO
Streitjahre 1994 und 1996

Vorinstanz

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 13.11.2008, 12 K 2457/07AO, EFG 2009, S. 382

Fundstelle

BFH, Urteil vom 31.08.2011, X R 49/09,  BStBl II 2012, S. 219

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 27.11.1991, X R 103/89, BStBl II 1992, S. 319
BFH, Urteil vom 25.03.1992, I R 159/90, BStBl II 1992, S. 997
BFH, Urteil vom 18.07.1994, X R 33/91, BStBl II 1995, S. 4

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