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13.06.2022
Unternehmensteuer

OFD Frankfurt a.M.: Anwendungsfragen zur gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Finanzierungsanteilen

Die OFD Frankfurt a.M. gibt in ihrer Verfügung vom 08.04.2022 einen ausführlichen Gesamtüberblick zu Anwendungsfragen zur gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Finanzierungsanteilen nach § 8 Nr. 1 GewStG.

Hintergrund

Durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 wurden u.a. die bisherigen Regelungen zur Hinzurechnung von Entgelten für die Nutzung von Betriebskapital durch die Regelungen zur Hinzurechnung von Finanzierungsanteilen (vgl. § 8 Nr. 1 GewStG) ersetzt. Mit Erlass vom 02.07.2012 hatten die obersten Finanzbehörden der Länder bereits zu Anwendungsfragen zur Hinzurechnung von Finanzierungsanteilen nach § 8 Nr. 1 GewStG Stellung genommen (siehe Deloitte Tax-News). Mit Datum vom 06.04.2022 haben die obersten Finanzbehörden der Länder einen Erlass zu den Folgen der Rechtsprechung zur gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen sowie dem Vorliegen fiktiven Anlagevermögens veröffentlicht (siehe Deloitte Tax-News).

Verwaltungsanweisung

Die aktuelle Verfügung, die die Erlasse vom 02.07.20212 unter Berücksichtigung der Änderungen vom 06.04.2022 aktualisiert, behandelt im Wesentlichen die folgenden Anwendungsfragen:

I. Allgemeines

  • Hinzugerechnet werden nach § 8 Nr. 1 GewStG vorbehaltlich des § 8 Nr. 1 Buchst. a S. 3 GewStG nur die Beträge, die bei der Gewinnermittlung abgesetzt wurden. Eine Hinzurechnung von Aufwendungen, die am Bilanzstichtag als Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Anlage- oder Umlaufvermögens aktiviert wurden, unterbleibt demnach (mehr hierzu siehe Deloitte Tax-News).
  • Eine Hinzurechnung der Nutzungsentgelte für Betriebskapital ist unabhängig davon vorzunehmen, ob die Beträge beim Überlasser des Betriebskapitals der Gewerbesteuer unterliegen oder nicht. Damit unterliegen insbesondere auch die bei einer Betriebsaufspaltung vom Betriebsunternehmen an das Besitzunternehmen gezahlten Nutzungsentgelte für überlassenes Betriebskapital beim Betriebsunternehmen der Hinzurechnung.
  • Eine Hinzurechnung der Nutzungsentgelte erfolgt außerdem nur, soweit einer der Tatbestände des § 8 Nr. 1 GewStG erfüllt ist. Bei gemischten Verträgen, die einzeln trennbare Vereinbarungen über mehrere Leistungskomponenten enthalten, ist jede Komponente für sich im Rahmen des § 8 Nr. 1 Buchst. a-f GewStG zu beurteilen.
  • Die Hinzurechnung von Mieten, Pachten oder Aufwendungen für die Überlassung von Rechten (§ 8 Nr. 1 Buchst. d-f GewStG) setzt eine Überlassung und kein Übergang des wirtschaftlichen Eigentums voraus.

II. Einzeltatbestände des § 8 Nr.1 GewStG

Hinzurechnung von Entgelten für Schulden (§ 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG)

Auf die Dauerhaftigkeit der Schulden kommt es seit der Neuregelung von 2012 nicht mehr an.

Der Hinzurechnung unterliegen:

  • Zinsaufwand bei einem Unternehmen, das einen Kredit aufgenommen und weitergeleitet hat (durchlaufende Kredite). Zinsaufwendungen und -erträge können nicht saldiert werden
  • Diskontbeträge bei der Veräußerung von Wechsel- und anderen Geldforderungen, insb. die Abschläge aus dem Verkauf von aktivierten Forderungen (§ 8 Nr. 1 Buchst. a S. 2 GewStG)
  • Der rechnerische Aufwand im Zuge der Forfaitierung von Ansprüchen aus schwebenden Verträgen (§ 8 Nr. 1 Buchst. a S. 3 GewStG). Eine Hinzurechnung unterbleibt in Altfällen vor dem 01.01.2008
  • Zinsen für betriebliche Steuerschulden nach §§ 233 ff. AO, die bei der Gewinnermittlung abgesetzt worden sind

Nicht der Hinzurechnung unterliegen:

  • Aufzinsungsbeträge nach § 6 Abs. 1 Nr. 3, 3a und § 6a Abs. 3 EStG
  • Als Anschaffungs- oder Herstellungskosten aktivierte Bauzeit- und Erbbauzinsen, weder im Erhebungszeitraum der Aktivierung noch in den Erhebungszeiträumen, in denen sie sich über Abschreibungen auf den Gewinn auswirken
  • Aufwendungen für Zins-Swap-Geschäfte
  • Geschäftsübliche Skonti und Abschläge aus anderen Gründen, wie z.B. Treuerabatte und Mengenrabatte
  • Der Aufwand, der dem Unternehmen aus einer steuerlich zulässigen Abschreibung der Forderung auf den niedrigeren Teilwert entsteht
  • Nebenkosten beim Factoring und bei der Forfaitierung, wie in den Abschlägen enthaltene angemessene Wertermittlungskosten oder vergleichbare Gebühren

Hinzurechnung für Renten und dauernde Lasten (§ 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG)

Auf einen Zusammenhang der Renten und dauernden Lasten mit der Gründung oder dem Erwerb des Betriebs sowie die gewerbesteuerliche Behandlung der Beträge beim Empfänger kommt es nicht an.

Pensionszahlungen auf Grund einer unmittelbaren vom Arbeitgeber erteilten Versorgungszusage sind nicht als dauernde Last anzusehen (§ 8 Nr. 1 Buchst. b S. 2 GewStG). Das Gleiche gilt für Aufwendungen aus Zusagen über eine Direktversicherung, eine Pensionskasse, einen Pensionsfonds oder eine Unterstützungskasse.

Hinzurechnung von Gewinnanteilen des stillen Gesellschafters (§ 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG)

Die Gewinnanteile des stillen Gesellschafters nach § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG sind unabhängig von der gewerbesteuerlichen Behandlung beim Empfänger hinzuzurechnen.

Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen für bewegliche und unbewegliche Wirtschaftsgüter (§ 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG)

Miet- und Pachtzinsen sind unabhängig von der gewerbesteuerlichen Behandlung beim Empfänger hinzuzurechnen. Dabei ist die Laufzeit von Miet- und Pachtverträgen für die Beurteilung, ob eine Hinzurechnung vorzunehmen ist, ohne Bedeutung. Bei einer Weitervermietung der Wirtschaftsgüter liegt auf jeder Stufe der Überlassung eine Benutzung i.S.d. § 8 Nr. 1 Buchst. d bzw. e GewStG vor. Miet- und Pachtzinsen werden dann für die Benutzung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens gezahlt, wenn diese für den Fall, dass sie sich im Eigentum des Mieters oder Pächters befinden, dessen Anlagevermögen zuzurechnen wären (mehr hierzu siehe Deloitte Tax-News).

Hinzurechnung von Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten (§ 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG)

Als Rechte i.S.d. § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG gelten subjektive Rechte an immateriellen Wirtschaftsgütern, denen bereits unabhängig vom jeweiligen Überlassungsverhältnis ein eigenständiger Vermögenswert beizumessen ist und an denen eine geschützte Rechtsposition besteht, dazu gehören insb. Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte, Urheberechte, Lizenzrechte und Namensrechte sowie regelmäßig Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Software. Dahingegen unterliegen Aufwendungen für die Überlassung ungeschützter Erfindungen, Know-How, Firmenwert, Kundenstamm und sonstiger ungeschützter geistiger Werte nicht der Hinzurechnung. Eine Hinzurechnung kann nicht allein dadurch vermieden werden, dass einzelne Rechte nur für kurze Zeit überlassen werden.

Die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG setzt u.a. eine zeitliche Befristung der Überlassung des Rechts voraus. Diese liegt auch dann vor, wenn das Ende der Überlassung bei Vertragsabschluss noch ungewiss ist, allerdings nicht mehr, wenn bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise ein Übergang des wirtschaftlichen Eigentums anzunehmen ist.

Zu keiner Hinzurechnung kommt es, wenn die dem Unternehmen überlassenen Lizenzen ausschließlich dazu berechtigen, daraus abgeleitete Rechte an Dritte zu überlassen.

Freibetrag (§ 8 Nr. 1 GewStG)

Die Bemessungsgrundlage für den Freibetrag ergibt sich aus der Summe der sich aus § 8 Nr. 1 Buchst. a-f GewStG ergebenden Finanzierungsanteile. Diese Summe, vermindert um den Freibetrag von 100.000 Euro, ist Ausgangsgröße für die Anwendung des Faktors von 25 %. Für die Unternehmen in einem Organkreis wird der Gewerbeertrag jeweils gesondert ermittelt. Der Freibetrag nach § 8 Nr. 1 GewStG ist bei jeder Ermittlung jeweils gesondert zu berücksichtigen.

Betroffene Norm

§ 8 Nr. 1 Buchst. a-f GewStG

Fundstelle

OFD Frankfurt a.M., Verfügung vom 08.04.2022, G 1422 A-44-St 513 

Weitere Fundstellen

Oberste Finanzbehörden der Länder, Gleich lautende Erlasse vom 06.04.2022, siehe Deloitte Tax News 

Oberste Finanzbehörden der Länder, Gleich lautende Erlasse vom 02.07.2012, siehe Deloitte Tax-News 

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