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06.05.2021
Unternehmensteuer

FG Rheinland-Pfalz: Forderungsverzicht gegenüber einer Personengesellschaft durch den Gesellschafter

Aktuell:

  • Nach dem BFH liegt - entgegen der Auffassung des FG - ein steuerpflichtiger Ertrag vor, wenn der Gesellschafter eine Genussrechtsforderung gegen die Personengesellschaft unter Nennwert erwirbt und er im Anschluss auf den die Anschaffungskosten übersteigenden Teil der Forderung verzichtet (vgl. BFH-Urteil vom 16.11.2023, IV R 28/10, siehe Deloitte Tax News).

FG-Urteil:

Verzichtet ein Gesellschafter einer Personengesellschaft auf eine zuvor von einem fremden Gläubiger erworbene, wertgeminderte Forderung gegenüber der Personengesellschaft, ist dieser Vorgang bis zur Vollbeendigung der Gesellschaft oder bis zum Ausscheiden des Gesellschafters steuerneutral zu behandeln. Der in der Literatur vertretenen Auffassung, dass auch bei Personengesellschaften im Hinblick auf Forderungsverzichte aus (eigen)betrieblichen Gründen die Grundsätze des BFH zur steuerlichen Behandlung eines Forderungsverzichtes eines Gesellschafters gegenüber einer Kapitalgesellschaft zur Anwendung kommen, wird vom FG eine Absage erteilt.

Sachverhalt

Die Klägerin war eine KG, die von E LP und P LP (P) Genussrechtskapital in Höhe von insgesamt 28 Mio. EUR aufgenommen hat. Die Verbindlichkeiten aus den Genussrechtsvereinbarungen wurden bei der Klägerin mit ihrem Nennwert von insgesamt 28 Mio EU in der Gesamthandsbilanz passiviert.

Aufgrund der anhaltenden Verlustsituation der Klägerin gründeten ihre Gesellschafter die C Finanz GmbH & Co. KG (C), welche die Genussrechtsforderungen mit einem Nennwert von 28 Mio. EUR von P für einen Kaufpreis von 14 Mio. EUR erwarb. Im nächsten Schritt verzichtete C auf die erworbenen Forderungen gegenüber der Klägerin, was auf Ebene der Klägerin ein handelsrechtlicher Ertrag in Höhe von 14 Mio EUR zur Folge hatte.

Die Klägerin war der Auffassung, dass zunächst ein Forderungsverkauf der P-Gläubiger an C unter Nennwert und ein anschließender Darlehensverzicht „ihrer“ Gesellschafter vorliegt, welcher steuerneutral zu behandeln sei.

Das Finanzamt nahm hingegen einen Forderungsverzicht der P-Gläubiger mit der Klägerin als Schuldnerin und folglich einen erfolgswirksamen Vorgang an.

Entscheidung

Das FG kommt zu dem Ergebnis, dass es sich um einen Forderungsverzicht der Gesellschafter der Klägerin nach dem vollzogenen Verkauf der Genussrechtsforderungen unter Nennwert handelt und dieser bis zur Vollbeendigung der Gesellschaft oder Ausscheiden des Gesellschafters erfolgsneutral zu behandeln ist.

Würdigung des Vorgangs

Bei der Auslegung, ob durch einen Gläubiger (P) ein (teilweiser) Verzicht auf eine Genussrechtsforderung gegenüber der KG oder ein Forderungsverkauf unter Nennwert an die Gesellschafter der KG erfolgt ist, sind neben dem Wortlaut der Verträge, die beiderseitigen Interessen und sämtliche Begleitumstände zu berücksichtigen.

Im vorliegenden Fall ist das FG nach Auslegung der Verträge zu der Überzeugung gelangt, dass ein entgeltlicher Erwerb einer nicht mehr voll werthaltigen Genussrechtsforderung zwischen P und C vereinbart wurde und erst anschließend ein Forderungsverzicht durch die in der C verbundenen Gesellschafter der Klägerin vorliegt. Entgegen der Ansicht des Finanzamts haben die P-Gläubiger keinen Forderungsverzicht mit der Klägerin als Schuldnerin vereinbart.

Meinungsstand zur steuerlichen Behandlung des Forderungsverzichtes durch den Gesellschafter einer Personengesellschaft

Die steuerlichen Auswirkungen des Forderungsverzichts auf einen nichtwerthaltigen Teil eines Gesellschafters gegenüber einer Personengesellschaft sind in der Literatur umstritten und höchstrichterlich noch nicht geklärt.

Nach herrschender Meinung wird der Forderungsverzicht eines Gesellschafters einer Personengesellschaft aus gesellschaftsrechtlichen Gründen (Regelfall) – unabhängig davon, inwieweit die Forderung werthaltig ist – wie eine unentgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts nach § 6 Abs. 5 S. 3 EStG aus eigenem Betriebs- oder Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen zum Buchwert insgesamt erfolgsneutral behandelt (vgl. FG Münster, Urteil vom 01.09.2009, 1 K 3384/06 F; Schneider in HHR, § 15, Anm. 730; Eberhard in Beck'sches Handbuch der Personengesellschaften, Prinz/Kahle, § 12 Rz. 68, 70; Wacker in Schmidt, EStG, § 15 Rn. 550, aber mit der Einschränkung, dass bei einem Erwerb der Forderung unter Nennwert sich ein Wegfallgewinn ergeben soll).

Ein Forderungsverzicht aus (eigen)betrieblichen Gründen soll dagegen nach Teilen der Literatur entsprechend den Grundsätzen des BFH (vgl. BFH-Beschluss vom 09.06.1997, GrS 1/94) zur steuerlichen Behandlung eines Forderungsverzichts eines Gesellschafters gegenüber einer Kapitalgesellschaft in Höhe des noch werthaltigen Teils der Forderung bei der Personengesellschaft eine Einlage und beim Gesellschafter eine Entnahme darstellen und in Höhe des nicht mehr werthaltigen Teils der Forderung bei der Personengesellschaft zu einem steuerpflichtigen Ertrag und beim Gesellschafter zu einem abzugsfähigen Aufwand führen (vgl. z.B. Wacker in Schmidt, EStG, § 15 Rn. 550; Pyszka, BB 1998, 1557; Schwahn/Vogel in Lüdicke/Sistermann, § 5 Rz. 27, 28; a.A. Erhardt/Zeller, DStR 2012, 1636 und Schneider in Hermann/Heuer/Raupach, § 15 EStG Anm. 730).

Erfolgswirksame Erfassung erst bei Vollbeendigung der Gesellschaft oder Ausscheiden des Gesellschafters

Das FG gelangte zu der Überzeugung, dass der Verzicht auf eine wertgeminderte Forderung insgesamt erfolgsneutral zu behandeln ist und erst bei Vollbeendigung der KG oder bei Ausscheiden des Gesellschafters die steuerlichen Folgen zu ziehen sind (so auch Krumm in Kirchhof, § 15 Rn. 331 sowie in Kahle, BB 2018, 747, 750). Die Auffassung, die nach der Veranlassung (gesellschaftlich, eigenbetrieblich) für den Verzicht differenziert und im Falle des Vorliegens eigenbetrieblicher Gründe die Grundsätze des Großen Senats (vgl. BFH-Beschluss vom 09.06.1997, GrS 1/94) zur steuerlichen Behandlung eines Forderungsverzichts eines Gesellschafters gegenüber seiner Kapitalgesellschaft sinngemäß anwendet, ist hingegen abzulehnen. Denn dieser steht, nach dem FG, das Prinzip der korrespondierenden Bilanzierung entgegen.

Ansprüche eines Gesellschafters aus einer gegenüber der Gesellschaft bestehenden Darlehensforderung, gehören zwar nicht zu dem in der Gesellschaftsbilanz (Gesamthandsbilanz) auszuweisenden Eigenkapital, wohl aber zum Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters, das in der aus Gesellschaftsbilanz und Sonderbilanzen zu bildenden Gesamtbilanz der Mitunternehmerschaft als Eigenkapital behandelt wird (vgl. BFH-Urteil vom 05.06.2003, IV R 36/02). Auch wenn feststeht, dass ein solcher Ersatzanspruch wertlos ist, weil er von der Gesellschaft nicht beglichen werden kann, folgt aus der Behandlung als Eigenkapital, dass eine Wertberichtigung während des Bestehens der Gesellschaft regelmäßig nicht in Betracht kommt. Das Imparitätsprinzip gelte insoweit nicht. Vielmehr wird dieser Verlust im Sonderbetriebsvermögen - ebenso wie der Verlust der Einlage in das Gesellschaftsvermögen - grundsätzlich erst im Zeitpunkt der Beendigung der Mitunternehmerstellung, also beim Ausscheiden des Gesellschafters oder bei Beendigung der Gesellschaft realisiert (vgl. BFH-Urteil vom 16.03.2017, IV R 1/15).

Alternativ: Vorliegen eines Forderungsverzichts aus gesellschaftlichen Gründen

Selbst wenn zwischen einer gesellschaftlichen und eigenbetrieblichen Veranlassung des Forderungsverzichts zu differenzieren sei, liegt, nach dem FG, im Streitfall ein Verzicht aus gesellschaftlichen Gründen vor, der ebenfalls erfolgsneutral zu behandeln sei. Im Streitfall handelten die Gesellschafter primär in ihrer Eigenschaft als Anteilseigner und nicht wie ein fremder Gläubiger. Sowohl der Forderungserwerb mit anschließendem Forderungsverzicht sei in der Absicht erfolgt, die eigene Beteiligung zu sichern und die Möglichkeit einer Insolvenz der Klägerin abzuwenden. Folglich sei -unabhängig davon, inwieweit die Forderung werthaltig ist -§ 6 Abs. 5 S. 3 EStG entsprechend anzuwenden.

Betroffene Normen

​§ 6 Abs. 5 S. 3 EStG

Streitjahr ​2010 

Fundstellen

BFH, Urteil vom 16.11.2023, IV R 28/20

​FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 07.10.2020, 1 K 2191/15, EFG 2021, S. 81

Weitere Fundstellen

​FG Münster, Urteil vom 01.09.2009, 1 K 3384/06 F, EFG 2010, S. 52

Großer Senat des BFH, Beschluss vom 09.06.1997, GrS 1/94, BStBl. II 1998, S. 307

BFH, Urteil vom 05.06.2003, IV R 36/02, BStBl. II 2003, S. 871

BFH, Urteil vom 16.03.2017, IV R 1/15, BStBl. II 2017, S. 943, siehe Deloitte Tax News 

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