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15.06.2023
Unternehmensteuer

FG Niedersachsen: Konkludenter Antrag auf Umwandlung zu Buchwerten

​Der für eine Umwandlung zu Buchwerten gem. § 3 Abs. 2 UmwStG erforderliche Antrag kann formlos, also auch konkludent gestellt werden. Die Abgabe einer entsprechenden Steuererklärung oder die Einreichung der Schlussbilanz kann als konkludenter Antrag angesehen werden. 

Sachverhalt

Eine GmbH & Co. KG (Klägerin) war an der D GmbH, der A GmbH und der I GmbH unmittelbar beteiligt. Mittelbar war sie über ihre Tochtergesellschaft, die I GmbH, an der H GmbH und an der K GmbH beteiligt. Sämtliche Gesellschaften wurden auf die GmbH & Co. KG verschmolzen. Die Verschmelzungen führten zu Verschmelzungsverlusten bei der GmbH & Co. KG.

Die jeweiligen Verschmelzungsbeschlüsse der GmbHs legten unter der Überschrift „Steuerliche Regelungen“ fest, dass das gesamte Gesellschaftsvermögen auf der Grundlage der Verschmelzungsbilanz nach den Vorschriften des UmwStG zu Buchwerten auf die GmbH & Co. KG übertragen wird. Alle Beschlüsse (bis auf den der D GmbH) enthielten des Weiteren folgenden Passus: „Der Antrag auf Buchwertübertragung wird hiermit gestellt.“

Streitig ist, ob die Verschmelzungen zu Buchwerten oder zum gemeinen Wert erfolgt sind. Insbesondere ist fraglich, ob die Übertragungen mangels Antrags nach § 3 Abs. 2 UmwStG nicht zu Buchwerten erfolgen konnten.

Entscheidung

Das FG kommt zu dem Ergebnis, dass die Verschmelzungen zu Buchwerten erfolgt sind. Der dabei jeweils entstandene Verschmelzungsverlust sei nach § 4 Abs. 6 UmwStG außer Ansatz zu lassen.

Gesetzliche Grundlage

Gem. § 3 Abs. 1 UmwStG sind bei einer Verschmelzung auf eine Personengesellschaft die übergehenden Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft grundsätzlich mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Abweichend davon können sie gem. § 3 Abs. 2 UmwStG auf Antrag mit dem Buchwert angesetzt werden. Der Antrag auf einen Buchwertansatz ist von der übertragenden Körperschaft bzw. von der übernehmenden Körperschaft als deren Gesamtrechtsnachfolgerin zu stellen und gem. § 3 Abs. 2 S. 2 UmwStG spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz bei dem für die Besteuerung der übertragenden Körperschaft zuständigen Finanzamt einzureichen.

Möglichkeit eines konkludenten Antrags

Da der Antrag auf Buchwertansatz nicht formgebunden ist, kann er auch mündlich oder konkludent gestellt werden, so das FG. Somit könne auch die Abgabe einer entsprechenden Steuererklärung oder die Einreichung einer entsprechenden Schlussbilanz zu Buchwerten als konkludenter Antrag im Sinne des § 3 Abs. 2 UmwStG angesehen werden (so auch BMF-Schreiben vom 11.11.2022).

Ausdrücklicher Antrag durch Passus in den Verschmelzungsbeschlüssen

Die Beschlüsse über die Verschmelzung enthalten (bis auf den der D GmbH) unter der Überschrift „Steuerliche Regelungen“ den Passus: "Die Verschmelzung erfolgt nach § 3 Abs. 2 UmwStG zu den steuerlichen Buchwerten, ..." und "Der Antrag auf Buchwertübertragung wird hiermit gestellt." Diesen Passus legt das FG dahingehend aus, dass die Beteiligten an der Verschmelzung gegenüber dem Finanzamt den Antrag auf Übertragung zu Buchwerten mit Aufnahme dieser Regelung in dem Beschluss über die Umwandlung stellen wollten. Im Rahmen dessen haben sie das ihnen zustehende Wahlrecht auf Ansatz mit dem Buchwert ausgeübt und einen Antrag gem. § 3 Abs. 2 UmwStG gestellt.

Die Formulierung könne bei verständiger Würdigung nicht anders verstanden werden. Es handele sich nicht lediglich um eine Vereinbarung zwischen den beteiligten Parteien ohne Bedeutung für das Besteuerungsverfahren. Denn ein Antragsrecht auf Buchwertübertragung sei ausschließlich für das Besteuerungsverfahren vorgesehen. Der Verschmelzungsvertrag spreche ausdrücklich von einer Verschmelzung zu Buchwerten gem. § 3 Abs. 2 UmwStG. Außerdem wurde der Punkt unter der Überschrift „Steuerliche Regelungen erfasst“. Daraus werde deutlich, dass von dem Antragsrecht gegenüber dem Finanzamt Gebrauch gemacht werden sollte, ohne dass es einer weiteren Erklärung gegenüber dem Finanzamt bedurfte. Mit der Übersendung der Verschmelzungsbeschlüsse an die zuständigen Finanzämter liege mithin eine wirksame Erklärung gem. § 3 Abs. 2 UmwStG vor.

Kein ausdrücklicher Antrag bei fehlendem Passus in den Verschmelzungsbeschlüssen

Bei der D GmbH liegt dem FG zufolge demgegenüber kein (ausdrücklicher) Antrag auf Buchwertübertragung gem. § 3 Abs. 2 UmwStG vor. Denn der Verschmelzungsbeschluss enthält hier gerade nicht die Formulierung "Der Antrag auf Buchwertübertragung wird hiermit gestellt." Allein die Ausführungen zur Buchwertübertragung können nicht als Antrag i.S.d. gem. § 3 Abs. 2 UmwStG ausgelegt werden.

Konkludenter Antrag durch tatsächliches Erklärungsverhalten im Besteuerungsverfahren

Die D GmbH habe aber aufgrund ihres tatsächlichen Erklärungsverhaltens im Besteuerungsverfahren (zumindest) konkludent einen Antrag auf Buchwertübertragungen gemäß § 3 Abs. 2 UmwStG gestellt.

Denn das Erklärungsverhalten der übertragenden Kapitalgesellschaften bei Abgabe der Körperschaftsteuererklärungen nebst Bilanzen sei als konkludenter Antrag auf Buchwertübertragung zu werten. Den Körperschaftsteuererklärungen liegen die Ergebnisse der eingereichten Bilanzen, die unter Ansatz der Buchwerte erstellt wurden, zu Grunde. Da die Wirksamkeit eines Antrags nach § 3 Abs. 2 UmwStG an keine besondere Form gebunden ist, reiche auch die Abgabe entsprechender Körperschaftsteuererklärungen nebst Bilanzen unter Buchwertansatz zur Antragstellung aus.

Das Finanzamt habe das Erklärungsverhalten der übertragenden Kapitalgesellschaften nur so verstehen können, dass die mit den Körperschaftsteuererklärungen vorgelegten Bilanzen für steuerliche Zwecke eingereicht wurden und nicht etwa nur zu informatorischen Zwecken.
Es liegen Steuerbilanzen zu Buchwerten vor, sodass die Gesellschaften auch in dieser Form einen konkludenten Antrag gem. § 3 Abs. 2 UmwStG gestellt haben.

Einreichung einer Schlussbilanz keine Voraussetzung

In der Literatur ist umstritten, ob ein wirksamer Antrag auf Buchwertfortführung voraussetzt, dass die übertragende Körperschaft eine Schlussbilanz beim Finanzamt einreicht.

Das FG gelangt zu der Überzeugung, dass einem wirksamen Antrag das Fehlen einer beim Finanzamt eingereichten Schlussbilanz nicht entgegensteht. § 3 Abs. 2 UmwStG mache die Umwandlung zu Buchwerten nur von einem entsprechenden Antrag abhängig, eine Abhängigkeit von der Einreichung einer Schlussbilanz sei der Vorschrift nicht zu entnehmen. Die Tatsache, dass die Körperschaft bei Vorliegen eines Antrags zur Einreichung einer Schlussbilanz gem. § 3 Abs. 1 S. 1 UmwStG verpflichtet ist, stehe dem nicht entgegen, da die rechtswidrige Nichteinreichung der Schlussbilanz die Wirksamkeit des Antrags auf den Ansatz der Buchwerte nicht berühre. Das Ziel des Gesetzgebers sei es gewesen, die Abgabe der Körperschaftsteuererklärung und der Schlussbilanz von der Antragstellung zu trennen. Diese Trennung bedeute aber andererseits nicht, dass das Wahlrecht auf Buchwertübertragung nicht durch Abgabe einer entsprechenden Steuererklärung nebst Schlussbilanz wirksam ausgeübt werden könne.

Nichtberücksichtigung der Übernahmeverluste gem. § 4 Abs. 6 UmwStG

Allerdings bleiben die aufgrund der Verschmelzung entstandenen Übernahmeverluste gem. § 4 Abs. 6 UmwStG sämtlich außer Ansatz.

Ein Übernahmeverlust bleibt gem. § 4 Abs. 6 S. 6 Hs. 2 UmwStG vollständig außer Ansatz, soweit die Anteile an der übertragenden Körperschaft innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag entgeltlich erworben wurden (vgl. BFH-Urteil vom 24.06.2014, VIII R 35/10).

Die Anwendung dieser Verlustabzugsbeschränkung ist umstritten. Nach der überwiegenden Meinung im Schrifttum soll die Verlustabzugsbeschränkung auch dann anzuwenden sein, wenn die Anteile erst zwischen dem Übertragungsstichtag und der Eintragung der Umwandlung im Handelsregister erworben werden. Die Anwendung wird mit Hinweis auf die Rückwirkungsfiktion des § 5 Abs. 1 UmwStG begründet. Denn die erst im Rückwirkungszeitraum erworbenen Anteile sind gemäß § 4 Abs. 1 UmwStG als bereits am Übertragungsstichtag erworben zu behandeln.

Das FG schließt sich der überwiegenden Meinung im Schrifttum an. Im Streitfall erfolgte der Erwerb der Anteile an der H GmbH und der K GmbH zwar im Rückwirkungszeitraum. Jedoch wirken die Anteilserwerbe nach Auffassung des FG nach § 5 Abs. 1 UmwStG auf den steuerlichen Übertragungsstichtag zurück (glA FG Schleswig-Holstein vom 28.05.2020, 1 K 148/18).​ 

Betroffene Normen

§ 3 Abs. 2 UmwStG, § 4 Abs. 6 UmwStG

Streitjahr ​2009, 2010

Fundstelle

Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 22.12.2022, 7 K 105/18 

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 20.08.2015, IV R 34/12, BFH/NV 2016, S. 41

BFH, Urteil vom 24.06.2014, VIII R 35/10, BStBl. II 2016, S. 916

BMF, Schreiben vom 11.11.2022 (Umwandlungssteuererlass)

Finanzgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 28.05.2020, 1 K 148/18, EFG 2020, S. 1888, BFH-anhängig: III R 37/20 siehe Deloitte Tax-News

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