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07.12.2022
Unternehmensteuer

FG Köln: Tatsächliche Durchführung eines Gewinnabführungsvertrags

​Die für die Anerkennung einer ertragsteuerlichen Organschaft erforderliche tatsächliche Durchführung eines Gewinnabführungsvertrags setzt voraus, dass die durch den Gewinnabführungsvertrag begründeten Verpflichtungen innerhalb angemessener Zeit beglichen werden. Eine bloße Verbuchung einer Verbindlichkeit auf einem Verrechnungskonto oder auch eine erst nach Jahren erfolgte Aufrechnung reichen für die tatsächliche Durchführung eines Gewinnabführungsvertrags nicht aus.

Sachverhalt

Zwischen der Klägerin, einer GmbH (Organgesellschaft), und ihrem Alleingesellschafter A, einem Einzelunternehmen (Organträger), wurde ein Gewinnabführungsvertrag wirksam abgeschlossen. Die abzuführenden Gewinne sowie zu zahlenden Zinsen für die Streitjahre 2009-2011 wurden in der Folge auf einem Verrechnungskonto „Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschafter“ verbucht, Gegenforderungen oder Pauschalzahlungen wurden hingegen nicht verbucht.


2014 tätigte die GmbH eine Überweisung im abgekürzten Zahlungsweg für A zur Verrechnung seiner privaten Schulden. Erst 2017 vereinbarten die GmbH und A eine Aufrechnungserklärung für die Zeiträume 2009 bis 2011, wonach das Verbindlichkeitskonto aus Organschaft gegenüber A mit dem Forderungskonto des A verrechnet wird.

Das Finanzamt erkannte den Gewinnabführungsvertrag im Rahmen einer Betriebsprüfung mit der Begründung nicht an, dass der Gewinnabführungsvertrag in den Streitjahren nicht tatsächlich durchgeführt worden sei. Die bloße Verbuchung einer Verbindlichkeit auf dem Verrechnungskonto reiche nicht aus. Vielmehr hätten die Verbindlichkeiten beglichen werden müssen. Alternativ hätten Gegenforderungen auf dem Verrechnungskonto verbucht werden bzw. regelmäßige Pauschalzahlungen zum Ausgleich des Verrechnungskonto erfolgen müssen. Als Folge könne weder die körperschaft- noch die gewerbesteuerliche Organschaft anerkannt werden.

Entscheidung

Das FG Köln schließt sich der Auffassung des Finanzamts an und kommt zu dem Ergebnis, dass der zwischen der Klägerin und dem Organträger geschlossene Gewinnabführungsvertrag nicht tatsächlich durchgeführt worden ist.

Bloße Verbuchung einer Verbindlichkeit auf dem Verrechnungskonto reicht nicht aus

Die Anerkennung einer ertragsteuerlichen Organschaft erfordert neben weiteren Voraussetzungen das Vorliegen eines auf mindestens fünf Jahre abgeschlossenen Gewinnabführungsvertrags, der während seiner gesamten Geltungsdauer durchgeführt werden muss (§ 17 Abs. 1 S. 1 KStG, § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 1 KStG).

Dieser wird nach dem FG tatsächlich durchgeführt, wenn er entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen vollzogen wird, also die Gewinne durch Zahlung oder Aufrechnung abgeführt werden. Zur tatsächlichen Durchführung reiche der Verbindlichkeitsausweis in der Bilanz der Organgesellschaft allein nicht aus; die Organgesellschaft müsse diese Verbindlichkeit auch zeitnah erfüllen.

Aufrechnung erst Jahre nach der Fälligkeit reicht ebenfalls nicht aus

Das FG Köln folgt der herrschenden Meinung sowie der Finanzverwaltung, wonach der Gewinnabführungsvertrag nur dann als tatsächlich durchgeführt gilt, wenn die durch den Gewinnabführungsvertrag begründeten Verpflichtungen innerhalb angemessener Zeit beglichen werden. Andernfalls sei nicht sichergestellt, dass der abzuführende Gewinn auch tatsächlich beim Organträger der zutreffenden Besteuerung unterworfen wird.

Im Streitfall sei die durch den Gewinnabführungsvertrag begründete Verpflichtung nicht innerhalb angemessener Zeit beglichen worden. Der Gewinnabführungsanspruch des Organträgers wird mit Feststellung der Bilanz des Organträgers fällig (vgl. BFH-Urteile vom 22.04.1964, II 246/60 U u. vom 12.05.1993, II R 82/92). Die Aufrechnung im Jahr 2017 für die Besteuerungszeiträume 2009 bis 2011 komme keiner fremdüblichen Erfüllung der durch den Gewinnabführungsvertrag begründeten Verpflichtung innerhalb angemessener Zeit gleich, weil sie erst Jahre nach dem Bilanzstichtag und der Fälligkeit mit Bilanzaufstellung und damit nicht zeitnah erfolgte.

Des Weiteren habe die GmbH nicht wie im Gewinnabführungsvertrag vorgesehen ihren vollen Gewinn an das Einzelunternehmen abgeführt, denn durch die Anweisung zur Verrechnung der privaten Schulden des A im Wege des verkürzten Zahlungsweges sei dieser Teil des Gewinns nicht tatsächlich an das Einzelunternehmen abgeführt worden (vgl. BFH-Urteil vom 31.03.1976, I R 123/74).

Mangels tatsächlicher Durchführung des Gewinnabführungsvertrag werde sowohl die körperschaftsteuerliche als auch die gewerbesteuerliche Organschaft (§ 2 Abs. 2 S. 2 GewStG) nicht anerkannt (vgl. BFH-Urteile vom 05.04.1995, I R 156/93 und vom 21.10.2010, IV R 21/07; FG Hamburg-Urteil vom 19.05.2015, 6 K 236/12 nachgehend BFH-Beschluss vom 26.04.2016, I B 77/15).

Betroffene Normen

§ 14 KStG, § 17 KStG, § 2 GewStG

Streitjahre 2009-2011

Fundstelle

FG Köln, Urteil vom 21.06.2022, 10 K 1406/18; BFH-anhängig: I R 37/22

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 21.10.2010, IV R 21/07, BStBl II 2014, S. 481, siehe Deloitte Tax News

BFH, Urteil vom 05.04.1995, I R 156/93

BFH, Urteil vom 12.05.1993, II R 82/92, BStBl II 1993, S. 536

BFH, Urteil vom 31.03.1976, I R 123/74, BStBl II 1976, S. 510

BFH, Urteil vom 22.04.1964, II 246/60 U, BStBl III 1964, S. 362

FG Hamburg, Urteil vom 19.05.2015, 6 K 236/12, nachgehend BFH-Beschluss vom 26.04.2016, I B 77/15

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