Sachverhalt
- Der Kläger (natürliche Person) war Gesellschafter einer inländischen GmbH.
- In 2019 schlossen der Kläger und ein weiterer Veräußerer mit einer in Frankreich ansässigen S.A. einen Vertrag über die Übertragung von drei Gesellschaftsanteilen (in Höhe von insgesamt 51%) an der GmbH ab.
- In Bezug auf den Kläger sah der Vertrag die Übertragung eines Gesellschaftsanteils (in Höhe von 16,53%) gegen Barzahlung und die Übertragung eines anderen Gesellschaftsanteils (in Höhe von 25,5%) gegen Gewährung neuer Anteile an der S.A. vor. Der dritte übertragene Gesellschaftsanteil (in Höhe von 8,97%) gehörte dem anderen Veräußerer.
- In Zusammenhang mit dem gegen Gewährung neuer Anteile übertragenen Gesellschaftsanteil begehrte der Kläger eine steuerneutrale Fortführung der Anschaffungskosten (qualifizierter Anteilstausch im Sinne des § 21 Abs. 2 S. 3 UmwStG).
- Aus dem Übertragungsvertrag, der dem Finanzamt im Rahmen einer internen Kontrollmeldung bereits seit dem 04.09.2019 in englischer Sprache vorlag, war ersichtlich, dass der Kläger einen steuerneutralen Tausch von Anteilen zu Anschaffungskosten beabsichtigte und sich verpflichtete, den erforderlichen Buchwertantrag form- und fristgerecht zu stellen.
- Am 04.05.2020 um 20:24 Uhr übermittelte der Steuerberater des Klägers die Einkommensteuererklärung 2019, die keinen ausdrücklich formulierten Buchwertantrag enthielt, elektronisch an das Finanzamt.
- Mit Begleitschreiben datierend vom 04.05.2020 (Eingang beim Finanzamt am 12.05.2020) übersandte der Steuerberater diverse Anlagen zur Steuererklärung 2019. Darunter eine Berechnung mit dem Titel „Gewinnermittlung i.S.d. § 17 EStG – 2019“ (hierin Ausweis der erhalten Barzahlung als Gegenleistung für den einen und Ausweis einer Gegenleistung in Höhe von EUR 0,00 für den anderen Gesellschaftsanteil). Ein ausdrücklich formulierter Buchwertantrag war nicht in den Anlagen enthalten.
- Mit Schreiben vom 25.06.2020 bat der Steuerberater das Finanzamt um Bestätigung, dass mit Einreichung der Steuererklärungen 2019 ein (konkludenter) Buchwertantrag gestellt worden sei. Dies lehnte das Finanzamt ab.
Entscheidung
- Der Antrag nach § 21 Abs. 2 S. 3 und 4 UmwStG ist „spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der Steuererklärung bei dem für die Besteuerung des Einbringenden zuständigen Finanzamt zu stellen“. Diese Fristerfordernis sieht das FG Köln für den Urteilssachverhalt nicht als erfüllt an.
- Mit elektronischer Übermittlung der Steuererklärung sei im Urteilsfall die erstmalige Abgabe der Steuererklärung erfolgt.
- Ein ausdrücklicher Buchwertantrag sei unstrittig weder vor noch zeitgleich mit der erstmaligen Abgabe der Steuererklärung gestellt worden.
- Auch lag zum Zeitpunkt der erstmaligen Abgabe der Steuererklärung nach Auffassung des FG kein konkludenter Buchwertantrag vor.
- Insbesondere sei der in Anlage G erklärte Veräußerungsgewinn („die Angabe einer Zahl, die hier überdies noch einen anderen Veräußerungsvorgang (Geschäftsanteil Nr,) sowie Veräußerungskosten enthält“) bei einer Auslegung nach dem Empfängerhorizont keine klar erkennbare Antragstellung.
- Auch aus dem Finanzamt vorliegenden Übertragungsvertrag ergäbe sich mangels entsprechender Willenserklärung gegenüber dem Finanzamt und mangels Amtssprache keine klar erkennbare Antragstellung.
- Die nachträglich (d.h. nach Eingang der elektronischen Steuererklärung) eingereichten Unterlagen können den Zeitpunkt der Erklärungsabgabe nach Auffassung des FG nicht verzögern und seien für Zwecke der Buchwertantragstellung folglich unbeachtlich.
Betroffene Normen
§ 21 Abs. 2 S. 3 und S. 4 UmwStG
Streitjahr: 2019
Anmerkungen
- Die Auslegung des FG Köln, die nach elektronischer Übermittlung der Steuererklärung nachgereichten Unterlagen für Zwecke der Buchwertantragstellung nicht zu berücksichtigen, erscheint unverhältnismäßig streng, denn laut Urteilssachverhalt wurde in der Steuererklärung kenntlich gemacht, dass Unterlagen/Belege zur Steuererklärung nachgereicht werden. Eine Berücksichtigung dieser Unterlagen hätte für den Urteilsfall zwar vermutlich zu keinem anderen Ergebnis geführt (da auch hierin kein ausdrücklicher Buchwertantrag enthalten), wäre als Grundsatz für die Praxis jedoch wünschenswert gewesen (Möglichkeit der Berücksichtigung als Belege zur übermittelten Steuererklärung nachgesendeter ausdrücklicher Buchwertanträge).
- Zu erwähnen ist, dass der entschiedene Fall von zahlreichen Besonderheiten geprägt ist, sodass die strengen Urteilsgrundsätze nicht ungeprüft auf andere Umwandlungssachverhalte übertragen werden können.
- Unstrittig sollte sein, dass ein Buchwertantrag an keine besondere Form gebunden ist und prinzipiell auch konkludent gestellt werden kann.
- Ein konkludenter Buchwertantrag hätte beispielsweise anzunehmen sein können (umstritten), wenn der Ansatz eines Veräußerungsgewinns in der Anlage G gänzlich unterblieben, d.h. genullt worden wäre (im Urteilsfall war aus der zweiten Übertragung jedoch ein Veräußerungsgewinn auszuweisen).
- Auch wenn die übertragenen/erhaltenen Anteile (abweichend zum Urteilsfall) in einem Betriebsvermögen gehalten worden wären, hätte sich aus der Fortführung der Buchwerte in der Steuerbilanz des Betriebes ein konkludenter Buchwertantrag ergeben können.
- Herauszustellen ist auch, dass die Frist in Bezug auf die Buchwertantragstellung im Rahmen der §§ 20 und 21 UmwStG (Ausübung spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz der übernehmenden Gesellschaft bzw. bei ausländischer Übernehmerin bis zur erstmaligen Abgabe der Steuererklärung des Einbringenden) gesetzlich anders geregelt ist als bei anderen Umwandlungsvorgängen, wie beispielsweise der Verschmelzung von Kapitalgesellschaften (hier Antrag bis spätestens zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft). In solchen Fällen ist gem. UmwStE (Tz. 03.01) die Aufstellung einer eigenständigen Schlussbilanz durch die übertragende Gesellschaft oder die Abgabe einer Erklärung, dass die Steuerbilanz gleichzeitig die Schlussbilanz darstellen soll, erforderlich, wodurch das Fristende für den Buchwertantrag verzögert werden kann.
- In der Praxis empfiehlt sich zur Vermeidung von Rechtsunsicherheiten stets eine schriftliche Antragstellung vor (elektronischer) Einreichung der Steuererklärung bzw. Schlussbilanz.
- Der Ausgang des Revisionsverfahrens (BFH X R 32/23) bleibt abzuwarten.
Fundstelle
FG Köln, Urteil vom 13.06.2023, 15 K 1817/21; BFH-anhängig: X R32/23