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05.11.2020
Unternehmensteuer

FG Düsseldorf: Fortbestehen der finanziellen Eingliederung bei unterjähriger Einbringung

Die für die körperschaftsteuerliche Organschaft erforderliche finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft besteht im Fall des Anteilstauschs gem. § 21 UmwStG auch dann hinsichtlich des übernehmenden Rechtsträgers fort, wenn die Umwandlung unterjährig während des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft erfolgt (entgegen Auffassung der Finanzverwaltung im Umwandlungssteuererlass). Für das Vorliegen der finanziellen Eingliederung gem. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KStG ist nicht auf die steuerliche Rückwirkung eines Umwandlungsvorgangs, sondern auf die umwandlungssteuerrechtliche Rechtsnachfolge des Übernehmers in die zum Überträger bestehende finanzielle Eingliederung abzustellen (sog. Fußstapfentheorie). 

Sachverhalt

Alleingesellschafter der Klägerin, einer GmbH, war zunächst C. Mit Vertrag vom 14.01.2010 wurde die B-GmbH durch C gegründet. Er erbrachte die Stammeinlage durch die Einbringung seiner Geschäftsanteile an der Klägerin ebenfalls mit wirtschaftlicher Wirkung zum 14.01.2010. Gleichzeitig wurde zwischen der B-GmbH und der Klägerin ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen, der in 2010 ins Handelsregister eingetragen worden ist. Nach diesem Vertrag gilt die Verpflichtung zur Gewinnabführung erstmals für den gesamten Gewinn des Geschäftsjahres, in dem dieser Vertrag wirksam wird. Das Finanzamt erkannte für das Streitjahr 2010 die Organschaft zwischen der Klägerin als Organgesellschaft und der B-GmbH als Organträgerin nicht an. 

Entscheidung

Das FG kommt hingegen zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen der körperschaftsteuerlichen Organschaft, insbesondere die erforderliche finanzielle Eingliederung, vorlagen. 

Gesetzliche Grundlage

Nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 1 KStG muss der Organträger an der Organgesellschaft vom Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft an ununterbrochen in einem solchen Maße beteiligt sein, dass ihm die Mehrheit der Stimmrechte aus den Anteilen an der Organgesellschaft zusteht (finanzielle Eingliederung).

Vorliegen der Voraussetzungen einer Organschaft bei unterjähriger Umwandlung streitig

Wird bei Umwandlung das Organschaftsverhältnis mit dem übernehmenden Rechtsträger fortgesetzt oder eine Organschaft neu begründet, ist hinsichtlich des Erfordernisses der ununterbrochen bestehenden finanziellen Eingliederung der Organgesellschaft streitig, ob auch in Bezug auf den übernehmenden Rechtsträger die finanzielle Eingliederung (fort)besteht, wenn die Umwandlung während des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft erfolgt. 

Auffassung der Finanzverwaltung

Für den hier vorliegenden Fall des Anteilstauschs nach § 21 UmwStG, bei dem nach dem SEStEG eine steuerliche Rückwirkung ausscheidet, weil § 21 Abs. 2 S. 6 UmwStG nicht auch die Normen des § 20 Abs. 5 und Abs. 6 UmwStG für anwendbar erklärt, vertritt die Verwaltung die Auffassung, eine Organschaft könne bei einer unterjährigen Einbringung (und ohne Umstellung des Wirtschaftsjahres) nur im Folgejahr begründet werden (vgl. BMF-Schreiben vom 11.11.2011, Rn. Org. 15). 

Gegenteilige Auffassung im Schrifttum

Diese Verwaltungsauffassung wird von der Literatur kritisiert. Nach Auffassung der Literatur ist auch im Rahmen eines unterjährigen Anteilstauschs eine nahtlose finanzielle Einbringung möglich. Die Literatur stützt ihre Auffassung dabei im Kern auf zwei BFH-Urteile vom 28.07.2010 (I R 89/09 und I R 111/09). In diesen Fällen hat der BFH entschieden, dass die Ausgliederung einer Mehrheitsbeteiligung mit nachfolgender erstmaliger Begründung einer Organschaft möglich ist, wenn seit dem Beginn des Wirtschaftsjahres eine finanzielle Eingliederung zunächst zum übertragenden Rechtsträger und anschließend zum übernehmenden Rechtsträger besteht und dieses Erfordernis bis zum Ende des Wirtschaftsjahres aufrechterhalten bleibt. Grund hierfür sei § 12 Abs. 3 S. 1 (i.V.m. § 22 Abs. 1 und § 4 Abs. 2 S. 3) UmwStG 1995, wonach im Falle der Kapitaleinbringung die übernehmende Körperschaft in die steuerliche Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft eintritt (sog. Fußstapfentheorie).

Vorliegen der finanziellen Eingliederung bei unterjähriger Einbringung

Aus Sicht des FG weist die Literatur zutreffend darauf hin, dass die Verwaltungsauffassung nicht mit der zuvor genannten Rechtsprechung vereinbar ist. Denn trotz des fehlenden Bezugs in § 21 Abs. 1 UmwStG auf § 20 Abs. 5 und 6 UmwStG sei das Vorliegen der finanziellen Eingliederung ab Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft nach den vom BFH aufgestellten Grundsätzen möglich, da dieser sich nicht auf die steuerliche Rückwirkung, sondern auf die umwandlungssteuerrechtliche Rechtsnachfolge des Übernehmers in die zum Überträger bestehende finanzielle Eingliederung beziehe. Die inzwischen nicht mehr mögliche steuerliche Rückwirkung des reinen Anteilstauschs selbst ändere daran nichts, da für die Einbringung unter dem gemeinen Wert § 23 Abs. 1 UmwStG auf die unverändert geltenden § 12 Abs. 3 Hs. 1 und § 4 Abs. 2 S. 3 UmwStG verweist und folglich der Übernehmer in die Rechtsstellung des Überträgers eintritt.

Anwendung auf den Streitfall

Unter Zugrundelegung dieser Rechtsgrundsätze geht das FG davon aus, dass der B-GmbH als übernehmende Gesellschaft und Rechtsnachfolgerin von C dessen finanzielle Eingliederung zur Klägerin im Wege der Rechtsnachfolge zugerechnet wird. Folglich bestand nach Ansicht des FG von Beginn bis Ende des Wirtschaftsjahres der Klägerin eine ununterbrochene finanzielle Eingliederung.​

Betroffene Normen

​§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KStG, § 21 UmwStG, § 4 Abs. 2 S. 2 UmwStG, § 12 Abs. 3 UmwStG, § 23 Abs. 1 UmwStG ​

Streitjahr ​2010

Fundstelle

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 29.09.2020, 6 K 2704/17 K​, Revision zugelassen 

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 28.07.2010, I R 89/09, BStBl II 2011, S. 528, siehe Deloitte Tax-News 

BFH, Urteil vom 28.07.2010, I R 111/09, BFH/NV 2011, S. 67, siehe Deloitte Tax-News 

BMF, Schreiben vom 11.11.2011, Umwandlungssteuererlass, BStBl. I 2011, S. 1314

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