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24.07.2017
Unternehmensteuer

BMF: Steuerliche Behandlung von Cum/Cum-Transaktionen

Aktuell: Mit Schreiben vom 09.07.2021 hat das BMF erneut zur steuerlichen Behandlung von "Cum/Cum-Transaktionen" Stellung genommen und ersetzt sein bisheriges Schreiben vom 17.07.2017 (siehe Deloitte Tax News).

BMF-Schreiben vom 17.07.2017: Mit Veröffentlichung des BMF Schreibens vom 17. Juli 2017 gibt es nun eine einheitliche Verwaltungsauffassung, wie mit Cum/Cum-Gestaltungen vor 2016 aus Sicht der Finanzverwaltung zu verfahren ist.

Hintergrund

Im Rahmen des Investmentsteuerreformgesetzes wurden mit Wirkung zum 01. Januar 2016 durch Einführung des § 36a EStG (siehe Deloitte Tax-News) umfassende Verschärfungen im Bereich der Kapitalertragsteueranrechnung bzw. -erstattung vorgenommen. Diese sollen der Sicherung der Dividendenbesteuerung dienen und insbesondere Gestaltungen zur Vermeidung der Dividendenbesteuerung durch Aktiengeschäfte in zeitlicher Nähe zum Dividendenstichtag (sog. Cum/Cum-Geschäfte) weitgehend eingrenzen.

Das BMF hat mit einem umfangreichen Schreiben vom 03. April 2017 (siehe Deloitte Tax-News) zu Anwendungsfragen zur Beschränkung der Anrechenbarkeit der Kapitalertragsteuer nach § 36a EStG Stellung genommen.

Darüber hinaus veröffentlichte die Finanzverwaltung mit Einführung der Gesetzesänderung am 11. November 2016 ein BMF-Schreiben zur wirtschaftlichen Zurechnung bei Wertpapiergeschäften, um die steuerliche Behandlung sog. Cum/Cum-Geschäfte für Veranlagungszeiträume bis 2016 klarzustellen. Dieses BMF-Schreiben war innerhalb der Finanzverwaltung nicht unumstritten und wurde auch in der Presse heftig kritisiert. In der Folge wurde das BMF um Klarstellung des Schreibens gebeten.

Inhalt des BMF Schreibens vom 17. Juli 2017

Mit Schreiben vom 17. Juli 2017 hat sich das BMF jetzt allgemein - in Ergänzung zu dem o,g. BMF Schreiben vom 11. November 2016 – zu der steuerlichen Behandlung von Cum/Cum Transaktionen für Zeiträume vor dem 01. Januar 2016 geäußert.

Danach ist nach Ansicht des BMF bei allen Cum/Cum-Gestaltungen vor 2016 zu prüfen, ob es sich um einen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten i.S.d. § 42 AO handelt. Wird ein solcher Gestaltungsmissbrauch bejaht, ist der sog. „steuerinduzierte“ Anteil der Kapitalertragsteuer, i.d.R. 3/5 (15%) der Kapitalertragsteuer (dieser Teil wurde bei Steuerausländern i.d.R. nicht erstattet), bei der inländischen Person nicht anzurechnen.

Das BMF Schreiben enthält Beispiele von Fallgestaltungen, wie z.B. Gestaltungen auf Grundlage einer Wertpapierleihe, eines steuerinduzierten Kassageschäfts, Wertpapierpensionsgeschäften sowie Gestaltungen mit Investmentfonds, bei denen das BMF von einem Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten ausgeht. In diesen Fällen solle entweder eine Rückforderung von Kapitalertragsteuer auf Ebene der inländischen Vertragspartei, oder bei der Gestaltung mit Investmentfonds auf Ebene des inländischen Investmentfonds oder ggf. durch Haftungsinanspruchnahme der Depotbank erfolgen.

Das BMF Schreiben soll auf alle noch offenen Fälle anwendbar sein, ab Veranlagungszeitraum 2016 sei jedoch vorrangig der neu eingeführte § 36a EStG anzuwenden.

Nach Rz. 37 des BMF Schreibens sollen die in diesem Schreiben dargestellten Rechtsfolgen nicht eintreten, wenn der Dividendenstichtag vor der erstmaligen Anwendung des § 8b Abs. 4 KStG liegt und der Verleiher/Veräußerer eine Person i.S.d. § 32 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 KStG ist.

Zusammenfassung und Auswirkungen in der Praxis

Mit Veröffentlichung des BMF Schreibens vom 17. Juli 2017 gibt es nun eine einheitliche Verwaltungsauffassung, wie mit Cum/Cum-Gestaltungen vor 2016 aus Sicht der Finanzverwaltung zu verfahren ist. Aufgrund der zahlreichen Beispiele für Gestaltungen, die als rechtsmissbräuchlich angesehen werden, muss damit gerechnet werden, dass es zu einer Vielzahl von Rückforderungsansprüchen angerechneter oder bzw. erstatteter Kapitalertragsteuer kommt.

Da das BMF Schreiben den Anwendungsbereich des Schreibens jedoch auf Fälle beschränkt, bei denen die Kapitalerträge nach dem 28. Februar 2013 zugeflossen sind und es sich bei dem Verleiher/Veräußerer um eine in der EU/EWR ansässige beschränkt steuerpflichtige Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse handelt, welche nicht persönlich steuerbefreit ist, sollten damit viele „Altfälle“ nicht in den Anwendungsbereich des BMF Schreibens fallen.

Bezogen auf die Ende Dezember insbesondere von der hessischen als auch der baden-württembergischen Finanzverwaltung erlassenen geänderten Abrechnungsbescheide für den Veranlagungszeitraum 2009, wäre daher zu erwarten, dass es nun bei den sich im Rechtsbehelfsverfahren befindlichen Fällen zu einer Entscheidung über den Rechtsbehelf kommt.

Darüber hinaus sollte im Einzelfall geprüft werden, inwieweit die Ausführungen des BMF zum Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO zur Anwendung kommen könnten.

Die weitreichende Wirkung dieses BMF Schreibens zeigt sich daran, dass die Bafin auf dieses Schreiben bereits mit einem Fragebogen an alle deutschen Banken reagiert hat, in dem sie mögliche zukünftige Belastungen durch Rückforderungen oder Haftungsinanspruchnahmen abfragt. Hintergrund dieser Abfrage ist, dass die Bafin einen Eindruck möglicher Folgen aus den Cum/Cum-Gestaltungen für die Solvenz der Banken erlangen möchte, um abzuschätzen, ob ggf. weitere Maßnahmen von Seiten der Bafin erforderlich werden könnten.

Anmerkung

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat im September 2017 Cum/Ex- und Cum/Cum-Geschäfte zum Thema einer Kleinen Anfrage bei der Bundesregierung gemacht. Gefragt wird unter anderem danach, wie viele Unternehmen aufgrund der Risiken durch Cum/Ex- und Cum/Cum-Geschäfte Rückstellungen gebildet haben. Außerdem soll die Bundesregierung zur geäußerten Kritik an den BMF-Schreiben vom 17.07.2017 und vom 11.11.2016 Stellung nehmen.

Zu den Auswirkungen des BMF-Schreibens in der Praxis, siehe auch Beitrag in den Deloitte Tax News.

Fundstellen

BMF, Schreiben vom 09.07.2021

BMF, Schreiben vom 17.07.2017

Weitere Fundstelle

BMF, Schreiben vom 11.11.2016, siehe Deloitte Tax News

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