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26.07.2023
Unternehmensteuer

BFH: Zinsschranke gilt nicht für Arrangement Fee

Ein Entgelt, mit dem nicht die Möglichkeit zur Nutzung von Fremdkapital, sondern eine andere Leistung des Kreditgebers vergütet wird, fällt nicht unter die Zinsschrankenregelung. Dementsprechend gilt die Zinsschranke nicht für eine sogenannte "arrangement fee", mit der gesonderte, über die Kapitalüberlassung hinausgehende Leistungen vergütet werden und die sich nach der vertraglich vereinbarten (und nicht nach der tatsächlich in Anspruch genommenen) Darlehenssumme bemisst. Der BFH folgt damit nicht der Finanzverwaltung, die auch Vergütungen, die zwar nicht als Zins berechnet werden, aber Vergütungscharakter haben, zu den Zinsaufwendungen rechnet.

Sachverhalt

Eine GmbH war die alleinige Anteilseignerin der B-GmbH. Zwischen ihnen bestand eine körperschaft- und gewerbesteuerrechtliche Organschaft. Die GmbH und die B-GmbH nahmen ein Darlehen als Konsortialkredit auf. Darlehensgeber war u.a. die C-Bank. Für den erfolgreichen Abschluss des Kreditgeschäfts stand der C-Bank eine sog. „arrangement fee“ zu. Diese orientierte sich der Höhe nach prozentual an dem maximalen Zielvolumen der Fremdfinanzierung und war mit Abschluss des Kreditvertrags in voller Höhe fällig. Die „arrangement fee“ war eine einmalige Zahlung, welche nicht rückzahlbar war. Sie fiel allerdings nicht an, wenn es nicht zum Abschluss des Darlehensvertrags kam.

Die B-GmbH verbuchte die „arrangement fee“ als Aufwand. Das Finanzamt ging jedoch, entgegen der späteren Auffassung des FG, davon aus, dass die „arrangement fee“ als Zinsaufwendung i. S. d. § 4h Abs. 3 S. 2 EStG zu klassifizieren ist und mithin der Zinsschranke des § 8a KStG unterliegt.

Entscheidung

Der BFH bestätigt die Auffassung des FG, wonach die „arrangement fee“ nicht als Zinsaufwendung i. S. d. § 4h Abs. 3 S. 2 EStG anzusehen ist.

Definition von Zinsaufwendungen i. S. d. § 4h Abs. 3 S. 2 EStG

Zinsaufwendungen, die der Abzugsbeschränkung der Zinsschranke gem. § 4h EStG i. V. m. §§ 8a, 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KStG unterliegen, werden definiert als Vergütungen für Fremdkapital, die den maßgeblichen Gewinn gemindert haben.

Für das Vorliegen von Zinsaufwendungen spricht nach der BFH-Rechtsprechung regelmäßig, dass sich das Entgelt an der Höhe des überlassenen Fremdkapitals und an der Laufzeit orientiert (vgl. BFH-Urteil vom 09.08.2000, I R 92/99).

Übereinstimmung mit dem Gewerbesteuerrecht

Sowohl § 4h Abs. 3 S 2 EStG als auch § 8 Nr. 1a GewStG erfassen die Gegenleistung für die Zurverfügungstellung von Fremdkapital (vgl. BFH-Urteil vom 10.07.1996, I R 12/96). Der sehr ähnliche Wortlaut der beiden Vorschriften legt ein übereinstimmendes Verständnis nahe, sodass die Auslegungsgrundsätze zu § 8 Nr. 1a GewStG auch für § 4h Abs. 3 S. 2 EStG heranzuziehen sind, so der BFH.

Danach ist für die Einstufung als Zinsaufwendung maßgeblich, dass sich das Entgelt bei wirtschaftlicher Betrachtung als Gegenleistung für die Fremdkapitalnutzungsmöglichkeit darstellt, die Bezeichnung des Entgelts ist dabei unmaßgeblich. Entgelte, die für eine andere Leistung oder aus einem anderen Rechtsgrund erbracht werden, stellen keine Zinsaufwendungen dar (vgl. BFH-Urteil vom 07.10.2021, III R 15/18). Solche speziellen Entgelte werden nämlich nicht „für“ die Zurverfügungstellung des Fremdkapitals, sondern aus anderem Rechtsgrund gezahlt.

Abweichende Auffassung der Finanzverwaltung

Soweit die Finanzverwaltung – im Unterschied zum Gewerbesteuerrecht (vgl. R 8.1 Abs. 1 S. 8 GewStR 2009) – auch Vergütungen, die "zwar nicht als Zins berechnet werden, aber Vergütungscharakter haben (z.B. … Provisionen und Gebühren, die an den Geber des Fremdkapitals gezahlt werden)", zu den Zinsaufwendungen rechnet (BMF-Schreiben vom 04.07.2008, Rz. 15) und sich dies möglicherweise auch auf Entgelte für eine andere Leistung oder aus anderem Rechtsgrund beziehen könnte, folgt der BFH dem nicht.

Ergebnis im Streitfall

Bei der vorliegenden „arrangement fee“ handelt es sich um eine einmalige Gebühr für die bis zum Abschluss des Vertrages erfolgten Vermittlungstätigkeiten der C-Bank als Konsortialführer. Sie wurde nicht nach dem tatsächlich abgerufenen Fremdkapital, sondern nach der vertraglich vereinbarten Darlehenssumme bemessen. Eine – anteilige – Rückerstattung bei vorzeitiger Beendigung des Darlehensverhältnisses war nicht vereinbart.

Diese Ausgestaltung der „arrangement fee“ im Streitfall zugrunde legend kommt der BFH zu dem Ergebnis, dass es sich um ein Entgelt handelt, mit dem andere Leistungen des Kreditgebers als die Einräumung der Fremdkapitalnutzungsmöglichkeit vergütet werden. Mithin handelt es sich bei der „arrangement fee“ nicht um eine Zinsaufwendung i. S. d. § 4h Abs. 3 S. 2 EStG. 

Betroffene Normen

​§ 4h Abs. 3 S. 2 EStG, § 8a KStG

Streitjahr ​2011

Anmerkungen

​Da der BFH mit seiner Sichtweise möglicherweise im Widerspruch zu der im BMF-Schreiben vom 04.07.2008, Rz. 15, dargelegten Auffassung der Finanzverwaltung steht, bleibt abzuwarten, ob die Finanzverwaltung das Urteil des BFH allgemein anwenden wird.

Vorinstanz

​Finanzgericht Münster, Urteil vom 12.04.2019, Az: 10 K 2859/15 K  

Fundstelle

BFH, Urteil vom 22.03.2023, XI R 45/19

Weitere Fundstellen

​BFH, Urteil vom 09.08.2000, I R 92/99, BStBl. II 2001, S. 609

BFH, Urteil vom 10.07.1996, I R 12/96, BStBl. II 1997, S. 253

BFH, Urteil vom 07.10.2021, III R 15/18, BStBl. II 2022, S. 625

BMF, Schreiben vom 04.07.2008, BStBl. I 2008, S. 718​

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