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08.02.2018
Unternehmensteuer

BFH: Veräußerung an Schwesterpersonengesellschaft

Bei Veräußerung eines Wirtschaftsguts des Gesamthandsvermögens einer Personengesellschaft an eine teilweise beteiligungsidentische Schwesterpersonengesellschaft kann § 6b EStG in Bezug auf das identische Wirtschaftsgut anwendbar sein. Bei der Ermittlung des Buchwerts des veräußerten Wirtschaftsguts sind auch die Regelungen zur Wertaufholung zu beachten.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine KG, an der mit 1 % die R-GmbH als Komplementärin und mit 99 % R als Kommanditist beteiligt war. Die KG hielt eine Beteiligung an der D-GmbH, auf die sie in 1996 eine Teilwertabschreibung vornahm. In 1998 beschloss die KG, zuerst sämtliche Geschäftsanteile an der D-GmbH zu einem Geschäftsanteil zusammenzulegen. Dann erfolgte eine Kapitalherabsetzung (zwecks Ausgleich des Bilanzverlustes gem. §§ 58a, 58e GmbHG). Schließlich wurde eine Kapitalerhöhung der D-GmbH beschlossen, die die KG übernahm.

Im Streitjahr 2006 wurde die E-GmbH & Co. KG (E-KG) gegründet, an der R als Kommanditist zu 100 % beteiligt war. Anschließend veräußerte die KG ihre Beteiligung an der D-GmbH an die E-KG. Für R wurde in Höhe der Gewinnzuweisung (99 % des Veräußerungsgewinns) in einer Ergänzungsbilanz ein Posten nach § 6b EStG für die Übertragung des Gewinns auf die Anschaffungskosten der Anteile an der D-GmbH durch die E-KG gebildet.

Das Finanzamt nahm eine Wertaufholung für die im Jahr 1996 vorgenommene Teilwertabschreibung der Anteile an der D-GmbH vor und erhöhte deshalb den Buchwert der GmbH-Anteile. Dementsprechend minderte sich der für eine gewinnneutrale Übertragung nach § 6b EStG zur Verfügung stehende Gewinn aus der Veräußerung der Anteile an der D-GmbH. Die Klage hiergegen blieb erfolglos. 

Entscheidung

Der BFH hält die Übertragung des auf R entfallenden Anteils am Veräußerungsgewinn (99 %) in Höhe des Anteils des Doppelgesellschafters R am Gesamthandsvermögen der Schwesterpersonengesellschaft (100 % an der E-KG) auf die Anschaffungskosten der Anteile an der D-GmbH grundsätzlich für zulässig. Gleichzeitig sei der für die Übertragung nach § 6b EStG maßgebliche Veräußerungsgewinn jedoch um die von Finanzamt und FG zutreffend vorgenommene Wertaufholung zu kürzen.

Wegen der gesellschafterbezogenen Betrachtungsweise der Steuervergünstigung des § 6b EStG ist die Übertragung eines dem Gesellschafter zuzurechnenden Veräußerungsgewinns nicht nur betriebsbezogen, sondern u.a. auch auf Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens einer anderen Personengesellschaft, an der der Gesellschafter ebenfalls als Mitunternehmer beteiligt ist zulässig. Das gilt nach Ansicht des BFH selbst dann, wenn das Wirtschaftsgut an eine Schwestergesellschaft veräußert wird, so dass der Gewinn auf die Anschaffungskosten des identischen Wirtschaftsguts übertragen werden kann, soweit an dieser derselbe Mitunternehmer beteiligt ist.

Eine Wertaufholung kommt nach der BFH-Rechtsprechung nur insoweit in Betracht, als sich das Wirtschaftsgut noch im gleichen Umfang wie zum Zeitpunkt der Teilwertabschreibung im Betriebsvermögen befindet (vgl. BFH-Urteil vom 08.11.2016, I R 49/15). Dies gelte auch für eine Beteiligung. Diese sei z.B. dann nicht mehr unverändert Bestandteil des Betriebsvermögens, wenn sich von den Anschaffungskosten ein Teil auf Bezugsrechte für neue Anteile abgespalten hat (vgl. BFH-Urteil vom 21.01.1999, IV R 27/97). Andererseits führe der Hinzuerwerb von Anteilen grundsätzlich nicht zu einer die Wertaufholung ausschließenden Änderung des Wirtschaftsguts "Beteiligung", hier sei vielmehr zu vermuten, dass die Beteiligung aufgestockt wurde (vgl. BFH-Urteil vom 27.07.1988, I R 104/84). Für das Handelsrecht folge dies aus der Beteiligungsvermutung des § 271 Abs. 1 S. 3 HBG für Anteile, die 20 % des Nennkapitals übersteigen. 

Wird bei einer Kapitalgesellschaft das Nennkapital herabgesetzt, ohne dass es zu einer Auskehrung des Herabsetzungsbetrags an die Anteilseigner kommt, ergibt sich sowohl nach Auffassung des BFH als auch der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 22.12.2009) keine Wirkung auf die Anschaffungskosten der Anteile. Danach mindern sich die Anschaffungskosten auch nicht bei einer vereinfachten Kapitalherabsetzung (nach §§ 58a ff. GmbHG). Weil es nicht zu einer Auskehrung der frei gewordenen Beträge an die Gesellschafter kommen darf (§ 58b Abs. 1 GmbHG), mindert sich infolge der Kapitalherabsetzung auch der Buchwert des Anteils des Gesellschafters an der GmbH nicht. Auch die Zusammenlegung von Geschäftsanteilen lasse die Anschaffungskosten der betroffenen Anteile unberührt.

Eine Wertaufholung scheitere im Streitfall also nicht daran, dass der im Jahr 1996 teilweise abgeschriebene Anteil zwischenzeitlich ganz oder teilweise vernichtet worden wäre. Die Anteile an der D-GmbH befanden sich als eine einzige, aufgestockte Beteiligung im Betriebsvermögen der Klägerin. Weder die Zusammenlegung von Anteilen noch die im Rahmen des Verfahrens nach §§ 58a ff. GmbHG vorgenommene Kapitalherabsetzung und -erhöhung bewirkten eine Vernichtung der Beteiligung der Klägerin oder der dieser zuzuordnenden Anschaffungskosten. Eine Abspaltung von Anschaffungskosten von dem Anteil der Klägerin an der D-GmbH vor der Kapitalerhöhung auf das durch die Kapitalerhöhung geschaffene Bezugsrecht eines neuen Anteils könne sich schon deshalb nicht auf den Ansatz der historischen Anschaffungskosten auswirken, weil die Klägerin selbst das durch die Kapitalerhöhung entstandene Bezugsrecht übernommen hat und so erneut eine einheitliche Beteiligung vorliegt. 

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kommt der BFH im Streitfall zu dem Ergebnis, dass die veräußerte Beteiligung an der D-GmbH mit dem auf den Veräußerungszeitpunkt ermittelten Buchwert, der sich unter Berücksichtigung einer Wertaufholung bestimmt, anzusetzen ist.

Betroffene Norm

§ 6b EStG
Streitjahr 2006

Vorinstanz

Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 01.04.2014, 13 K 315/10

Fundstelle

BFH, Urteil vom 09.11.2017, IV R 19/14, BStBl II 2018 Seite 575

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 08.11.2016, I R 49/15, BStBl II 2017, S. 1002, siehe Deloitte Tax-News  
BFH, Urteil vom 21.01.1999, IV R 27/97, BStBl II 1999, S. 638
BFH, Urteil vom 27.07.1988, I R 104/84, BStBl II 1989, S. 274
BMF, Schreiben vom 22.12.2009, IV C 1-S 2252/08/10004, BStBl I 2010, S. 94

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