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11.06.2019
Unternehmensteuer

BFH: Übergang des gewerbesteuerlichen Verlustvortrags bei Ausgliederung

Überträgt eine Kapitalgesellschaft ihr operatives Geschäft im Wege der Ausgliederung auf eine Personengesellschaft, kommt ein Übergang des gewerbesteuerlichen Verlustvortrags der Kapitalgesellschaft auf die Personengesellschaft jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn sich die Kapitalgesellschaft fortan nicht nur auf die Verwaltung der Mitunternehmerstellung bei der Personengesellschaft beschränkt.

Sachverhalt

Eine AG war alleinige Kommanditistin einer KG und zugleich Alleingesellschafterin der Komplementär-GmbH, die am Vermögen der KG nicht beteiligt war. In 2009 wurde der operative Geschäftsbetrieb der AG im Wege der Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG auf die KG übertragen (§ 24 UmwStG). Im Betriebsvermögen der AG verblieben die Anteile an drei ausländischen (Tochter-)Kapitalgesellschaften, an der KG sowie an der Komplementär-GmbH. Unternehmensgegenstand war nunmehr die Leitung von Unternehmen und die Verwaltung von Beteiligungen. In ihrer Gewerbesteuererklärung für das Jahr 2009 machte die KG die Berücksichtigung des bei der AG vorhandenen gewerbesteuerlichen Verlustvortrags geltend. Das Finanzamt versagte den Ansatz des übernommenen Gewerbeverlustes. Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg. 

Entscheidung

Der BFH kommt entgegen der Auffassung des FG zu dem Ergebnis, dass eine Übernahme des bei der AG entstandenen Gewerbeverlustes durch die KG nicht möglich war.

Voraussetzung für die Berücksichtigung eines gewerbesteuerlichen Verlustvortrags

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH setzt die Geltendmachung eines Gewerbeverlustes sowohl die Unternehmensidentität als auch die Unternehmeridentität voraus.

Der Begriff der Unternehmensidentität besagt, dass der im Kürzungsjahr bestehende Gewerbebetrieb identisch sein muss mit dem Gewerbebetrieb, der im Verlustentstehungsjahr bestanden hat (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 11.10.2012, IV R 38/09). Bei einer Personengesellschaft ist darauf abzustellen, ob die tatsächlich ausgeübte gewerbliche Betätigung (§ 2 Abs. 1 S. 2 GewStG i.V.m. § 15 Abs. 2 und Abs. 3 EStG) die gleiche geblieben ist (vgl. BFH-Urteil vom 04.05.2017, IV R 2/14). Bei einer Kapitalgesellschaft, die eine betriebliche Einheit auf einen anderen Rechtsträger überträgt, stellt sich das Problem der Unternehmensidentität nicht, weil deren Tätigkeit nach § 2 Abs. 2 S. 1 GewStG stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 26.02.2014, I R 59/12). Dabei berührt eine Änderung der wirtschaftlichen Betätigung einer Kapitalgesellschaft die Unternehmensidentität nicht.

Als weitere Voraussetzung für einen Verlustabzug nach § 10a GewStG muss hinzukommen, dass der Gewerbetreibende den Verlust in eigener Person erlitten hat (Unternehmeridentität). Dies hängt bei Personengesellschaften von der Identität der Gesellschafter ab, so beim Gesellschafterwechsel (vgl. BFH-Urteil vom 24.04.2014, IV R 34/10). Bei einer Kapitalgesellschaft ist die Unternehmeridentität gewahrt, wenn sie trotz eines Umwandlungsvorgangs ihre rechtliche Identität bewahrt hat.

Kein Übergang des bei der AG vorhandenen Gewerbeverlustes

Nach Ansicht des BFH sind die allgemeinen Rechtsgrundsätze über den gewerbesteuerrechtlichen Verlustübergang bei Unternehmens- und Unternehmeridentität im Streitfall jedoch nicht einschlägig. Denn die AG, bei der der Gewerbeverlust entstanden war, habe auch nach der Ausgliederung noch existiert und der vor der Übertragung bestehende Betrieb der AG sei aufgrund der Gewerblichkeitsfiktion des § 2 Abs. 2 S. 1 GewStG identisch mit dem nach der Übertragung noch vorhandenen Betrieb gewesen. Dies gelte ungeachtet dessen, dass sich die AG nach der Übertragung auf eine Holding-Funktion beschränkte.

In einem derartigen Fall, stellt sich die Frage des Übergangs eines Gewerbeverlustes nicht, so der BFH. Der Streitfall sei nicht mit Fällen vergleichbar, in denen ein Betrieb durch einen Umwandlungsvorgang von einer Personengesellschaft auf eine Kapitalgesellschaft übergeht und die Personengesellschaft dadurch ihre rechtliche Existenz verliert.

Verlustübergang bei Ausgliederung eines Gewerbebetriebs im Ganzen

Der BFH konnte in seiner Entscheidung offenlassen, ob ausnahmsweise ein Verlustübergang in Betracht kommt, wenn ein Gewerbebetrieb im Ganzen im Wege der Ausgliederung von einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft übergeht und die Kapitalgesellschaft sich fortan auf die Verwaltung der Mitunternehmerstellung bei der Personengesellschaft beschränkt. Für eine derartige Konstellation wird in der Literatur die Auffassung vertreten, dass ein Verlustvortrag auf die übernehmende Personengesellschaft übergeht.

Betroffene Norm

§ 10a GewStG, § 24 UmwStG, § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG

Streitjahr 2009

Anmerkungen

Auffassung der Finanzverwaltung

Die Finanzverwaltung vertrat früher (Abschn. 68 Abs. 4 S. 6 i.V.m. Abs. 2 GewStR 1998) die Auffassung, dass ein vortragsfähiger Gewerbeverlust im Fall der Einbringung eines Betriebs durch eine Kapitalgesellschaft in eine Mitunternehmerschaft auf die Mitunternehmerschaft übergeht, soweit die einbringende Kapitalgesellschaft an der Mitunternehmerschaft beteiligt war. Die aktuellen GewSt-Richtlinien enthalten hingegen keine solche Anweisung (R 10a.3 Abs. 4 GewStR 2009). In seinem Erlass vom 27.01.2012 schließt das Finanzministerium Nordrhein-Westfalen daraus, dass im Fall der Einbringung eines Betriebs durch eine Kapitalgesellschaft ein Übergang des Gewerbeverlustes auf die Personengesellschaft nicht in Betracht kommt. Dieser Auffassung hat der BFH nun mit seinem Urteil, bezogen auf den Ausgangssachverhalt, bestätigt.

Regelungen für den gewerbesteuerlichen Verlustübergang bei Verschmelzung, Auf- und Abspaltung sowie Formwechsel

Bei Vermögensübergang durch Verschmelzung, Auf- und Abspaltung sowie Formwechsel von einer Körperschaft auf eine Personengesellschaft oder natürliche Person kann nach § 18 Abs. 1 S. 2 UmwStG der maßgebende Gewerbeertrag der übernehmenden Personengesellschaft oder natürlichen Person nicht um Gewerbeverluste der übertragenden Körperschaft gekürzt werden. Im Fall der Abspaltung auf eine Personengesellschaft mindern sich verbleibende Verlustvorträge der übertragenden Körperschaft in dem Verhältnis, in dem bei Zugrundelegung des gemeinen Werts das Vermögen auf eine andere Körperschaft übergeht (§ 18 Abs. 1 S. 1, § 16 i.V.m. § 15 Abs. 3 UmwStG). Die genannten Vorschriften sind auf eine Ausgliederung i.S. des § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG jedoch nicht anwendbar (§ 1 Abs. 1 S. 2 UmwStG).

Vorinstanz

Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 30.01.2017, 10 K 3703/14, EFG 2017, S. 1604, siehe Deloitte Tax-News 

Fundstelle

BFH, Urteil vom 17.01.2019, III R 35/17, lt. BMF-Schreiben vom 12.07.2019 zur Veröffentlichung im BStBl. II vorgesehen

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 04.05.2017, IV R 2/14, BStBl II 2017, S. 1138, siehe Deloitte Tax-News 

BFH, Urteil vom 24.04.2014, IV R 34/10, BStBl II 2017, S. 233, siehe Deloitte Tax-News 

BFH, Beschluss vom 26.02.2014, I R 59/12, BStBl II 2014, S. 1016, siehe Deloitte Tax-News 

BFH, Urteil vom 11.10.2012, IV R 38/09, BStBl II 2013, S. 958, siehe Deloitte Tax-News 

Finanzministerium Nordrhein-Westfalen, Erlass vom 27.01.2012, DStR 2012, S. 908

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