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20.07.2018
Unternehmensteuer

BFH: Negative Anschaffungskosten im Rahmen einer Sacheinlage

Die Minderung der Anschaffungskosten des Einbringenden nach § 20 Abs. 7 S. 3 UmwStG 2002 durch Entnahmen im Rückwirkungszeitraum kann auch zu einem negativen Wert führen.

Sachverhalt

Der Kläger ist Geschäftsführer und alleiniger Anteilseigner einer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Im Streitjahr erhöhte er deren Stammkapital durch Einbringung einer Sacheinlage (wirtschaftlicher Übergang 31.08.) in Form seiner Rechtsanwalts-Einzelpraxis, deren Buchwert zum steuerlichen Übertragungsstichtag (02.01.) einen negativen Wert aufwies. In Höhe des negativen Buchwerts wurde eine Forderung bei der einzubringenden Gesellschaft aktiviert. Im Rückwirkungszeitraum wurde durch die Rechtsanwalts-Einzelpraxis ein Gewinn erwirtschaftet und diverse Entnahmen und Einlagen getätigt, wobei in Summe die Entnahmen überwogen.

Streitig ist die steuerliche Behandlung des Saldos aus Entnahmen und Einlagen, der laut Finanzamt das Betriebsvermögen unter Berücksichtigung der Einlageverpflichtung nicht mindern dürfe und so entsprechend höhere Anschaffungskosten für das Betriebsvermögen des eingebrachten Einzelunternehmens zu berücksichtigen zu seien. Auf Ebene des Klägers würde dies zu einem einkommensteuerpflichtigen Veräußerungsgewinn in Höhe des negativen Saldos von Entnahmen und Einlagen führen. Der dagegen gerichtete Einspruch und die Klage blieben erfolglos.

Entscheidung

Das FG habe zu Unrecht angenommen, dass gemäß § 20 Abs. 2 S. 4, Abs. 4 S. 1 und Abs. 7 S. 3 UmwStG 2002 als Einbringungswert für das vom Kläger rückwirkend eingebrachte Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens der negative Saldo aus Entnahmen und Einlagen im Rückwirkungszeitraum dem Buchwert des einzubringenden Betriebsvermögens zum steuerlichen Übertragungsstichtag hinzugerechnet werden müsste. Aus dem bestehenden Regelungszusammenhang folge nicht, dass § 20 Abs. 2 S. 4 UmwStG 2002 auch insoweit anzuwenden sei, als der vorausgesetzte negative Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens durch Entnahmen im Rückwirkungszeitraum weiter gemindert würde. Der abweichenden Ansicht des FG stünde der eindeutige Wortlaut des § 20 Abs. 7 S. 2 und S. 3 UmwStG 2002 entgegen, der vorsieht, dass von den Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile der Buchwert der Entnahmen abzuziehen sei. Die Norm beinhalte nach ihrem Wortlaut lediglich eine Korrektur, der sich nach § 20 Abs. 4 UmwStG 2002 ergebenden Anteilsanschaffungskosten, nicht hingegen die Vorgabe eines Mindestansatzes des eingebrachten Betriebsvermögens. Dem Normtext sei insbesondere nicht zu entnehmen, dass das Ergebnis der vorgenannten Rechenoperation nicht gegebenenfalls negativ sein könne.

Für Letzteres spricht neben dem Wortlaut auch der Umstand, dass in S. 1 zwar "das Einkommen und das Vermögen des Einbringenden und der übernehmenden Kapitalgesellschaft" erfasst und diese auf Antrag so zu ermitteln seien, als ob das eingebrachte Betriebsvermögen mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags auf die Übernehmerin übergegangen wäre. Für Entnahmen und Einlagen nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag enthält indessen Satz 2 der Vorschrift eine davon abweichende Anordnung, nach der Satz 1 hinsichtlich "des Einkommens und des Gewerbeertrags" nicht gelte. Satz 2 schließe demnach die Anwendung von Satz 1 auf das übergehende Vermögen nicht aus, sondern trete als Ausnahmebestimmung (für Entnahmen und Einlagen) neben die Grundregel des Satzes 1.

§ 20 Abs. 7 S. 2 und S. 3 UmwStG 2002 stellen ihrem Gesetzeszweck nach besondere Einkommensermittlungsvorschriften dar, durch die vermieden werden solle, dass durch die grundsätzliche Anwendung körperschaftsteuerlicher Vorschriften, Vorgänge als verdeckte Gewinnausschüttungen besteuert würden. Die Normen zielten hingegen nicht darauf ab, einen geänderten Entnahmezeitpunkt zu fingieren. Das vom Gesetzgeber mit dieser Vorschrift verfolgte Ziel, dass sich die im Rückwirkungszeitraum vorgenommenen Entnahmen und Einlagen bei einer späteren Veräußerung der Gesellschaftsanteile nicht erfolgswirksam auswirken sollen, ließe sich zudem statt durch sofortige Zwangsrealisierung aller im eingebrachten Betriebsvermögen vorhandener stiller Reserven auch durch die Anerkennung negativer Anteilsanschaffungskosten erreichen. Derartiges folge auch nicht aus § 20 Abs. 2 S. 4 UmwStG 2002. Ein genereller Rechtssatz, dass unter keinen Umständen negative Anschaffungskosten anerkannt werden dürften, könne hieraus nicht abgeleitet werden.

Anmerkung

Mit dem oben dargestellten Urteil bezieht sich der BFH auf die alte Fassung des UmwStG. Die verwendeten Normen sind auch in der aktuellen Fassung aus dem Jahr 2006 zu finden. § 20 Abs. 2 S. 4 UmwStG 2002 entspricht § 20 Abs. 2 UmwStG 2006 und § 20 Abs. 7 S. 3. UmwStG 2002 ist identisch zu § 20 Abs. 5 S. 3 UmwStG 2006.

Betroffene Normen

§ 20 Abs. 7 UmwStG 2002, § 20 Abs. 2 UmwStG 2002, § 20 Abs. 4 UmwStG 2002
Streitjahr 2005

Vorinstanz

FG Hessen, Urteil vom 01.12.2015, 4 K 1355/13, EFG 2016, S. 687

Fundstelle

BFH, Urteil vom 07.03.2018, I R 12/16

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