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25.07.2019
Unternehmensteuer

BFH: Konfusionsgewinn bei Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft

Wird eine Kapitalgesellschaft auf ihren Gesellschafter verschmolzen, gilt eine zum Privatvermögen des Gesellschafters gehörende Forderung gegen die übertragende Körperschaft als in das Betriebsvermögen des übernehmenden Rechtsträgers eingelegt. War die Forderung wertgemindert und hätte sich ihr Ausfall steuermindernd (nachträgliche AK) über § 17 EStG ausgewirkt, ist die Einlage nicht mit dem (geminderten) Teilwert, sondern mit den Anschaffungskosten zu bewerten. Das Urteil betrifft die alte Rechtslage vor MoMiG.

Sachverhalt

Der Kläger war Alleingesellschafter einer GmbH (§ 17 EStG Beteiligung), der er mehrere Darlehen gewährte hatte. Für diese Darlehen gab er später Rangrücktrittserklärungen ab (sog. Krisendarlehen). Mit Wirkung zum 01.01.2008 wurde die GmbH auf den Alleingesellschafter unter Ansatz von Buchwerten verschmolzen. Den Betrieb der GmbH setzte der Kläger als Einzelunternehmer fort. Im Rahmen der Betriebsprüfung vertrat das Finanzamt die Ansicht, die aus dem Privatvermögen stammenden Forderungen des Gesellschafters seien durch den Verschmelzungsvorgang in das Betriebsvermögen des Einzelunternehmens eingelegt worden. Dabei seien diese zum Teilwert und somit – wegen der Überschuldung der GmbH – i.H.v. 0 Euro anzusetzen. Die Vereinigung der Forderungen des Gesellschafters mit den korrespondierenden Verbindlichkeiten der GmbH habe zu einem Konfusionsgewinn geführt, weil der Buchgewinn aus dem Wegfall des Passivpostens nicht durch den Wegfall eines entsprechenden Aktivpostens habe neutralisiert werden können. Das FG teilte diese Auffassung des Finanzamtes.

Entscheidung

Der BFH sieht das anders: Die Vereinigung der Forderungen des Klägers gegen die GmbH mit den korrespondierenden Verbindlichkeiten der GmbH habe nicht zur Entstehung eines Übernahmefolgegewinns geführt, da die Forderungen nicht mit dem Teilwert, sondern dem Nennwert anzusetzen waren.

Einlage der Forderungen gegen die übertragende Körperschaft ins Betriebsvermögen

Der BFH schließt sich der allgemein in Literatur und Praxis vertretenen Auffassung an, dass eine zum Privatvermögen gehörende Forderung gegen die übertragende Körperschaft – ebenso wie gemäß § 5 Abs. 2 UmwStG die Anteile an der übertragenden Körperschaft i.S.d. § 17 EStG – im Rahmen der Ermittlung des Übernahmeergebnisses als in das Betriebsvermögen des übernehmenden Rechtsträgers übertragen gilt. Er sieht diese Vorgehensweise selbst in Fällen einer werthaltigen Forderung als zwingend geboten an. Anderenfalls, wenn lediglich die Verbindlichkeit ohne die korrespondierende Forderung in das Betriebsvermögen des übernehmenden Einzelunternehmens gelangen würde, würde es bilanziell stets zu einem Konfusionsgewinn kommen. Dann könnte der Buchgewinn aus dem Wegfall des Passivpostens nie mit dem Buchverlust aus dem Wegfall eines korrespondierenden Aktivpostens des Betriebsvermögens saldiert werden.

Grundsätzliche Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG bei der Einlage der Forderung ins Betriebsvermögen

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG sind Einlagen grundsätzlich mit dem Teilwert anzusetzen. Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 HS 2 Buchst. b) EStG sind sie jedoch höchstens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bewerten, wenn das zugeführte Wirtschaftsgut ein Anteil an einer Kapitalgesellschaft ist und der Steuerpflichtige an der Gesellschaft im Sinne des § 17 EStG beteiligt ist.

Der BFH wandte bereits in der Vergangenheit die höchstrichterlich entwickelten Bewertungsgrundsätze für die Einlage wertgeminderter Beteiligungen auf die Einlage wertgeminderter Gesellschafterdarlehensforderungen an (BFH-Urteil vom 29.11.2017, X R 8/16). Die Einlage ist daher mit dem Wert anzusetzen, mit dem die Forderung im Falle der Verwirklichung eines Realisationstatbestandes nach § 17 EStG als nachträgliche Anschaffungskosten zu berücksichtigen gewesen wäre. Anderenfalls würde eine planwidrige Regelungslücke vorliegen, wenn sich der Ausfall einer zum Privatvermögen gehörenden steuerverstrickten Forderung bei Verwirklichung eines der in § 17 EStG genannten Realisationstatbestände steuermindernd ausgewirkt hätte, diese Wertminderung aber steuerlich endgültig unbeachtlich wird, sobald die Forderung durch eine Einlagefiktion dem Betriebsvermögen zugeordnet wird. Diese Bewertungsrundsätze überträgt der BFH nun auf eine fingierte Forderungseinlage infolge einer Verschmelzung.

Anwendung von § 17 EStG nach der Rechtslage vor MoMiG

Der Streitfall betraf noch die alte Rechtslage vor MoMiG., wonach der Ausfall kapitalersetzender Darlehen im Rahmen des § 17 EStG als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung anzusetzen waren. Für Sachverhaltskonstellationen ab dem 28.09.2017 (Vertrauensschutz) gilt die geänderte Rechtsprechung des BFH im Urteil vom 11.07.2017, IX R 36/15, der sich die Finanzverwaltung mit Schreiben vom 05.04.2019 angeschlossen hat.

Für den Streitfall kommt der BFH daher noch zu dem Ergebnis, dass für die Krisendarlehen nachträgliche Anschaffungskosten in Höhe des Nennwerts der Darlehen entstanden sind. Wenn demnach die Forderungen des Gesellschafters bei ihrer Einlage in das Betriebsvermögen mit ihren Anschaffungskosten, also den Nennbeträgen, zu bewerten sind, dann ergibt sich durch ihre Vereinigung mit den korrespondierenden Verbindlichkeiten der GmbH, die ebenfalls mit den noch valutierenden Beträgen zu Nennwerten passiviert sind, kein Konfusionsgewinn.

Ergebnis bei einbringungsgeborener Beteiligung 

Der BFH stellt außerdem klar, dass es zu keinem abweichenden Ergebnis kommen würde, wenn die Beteiligung des Klägers an der GmbH einbringungsgeboren gemäß § 21 UmwStG wäre.

Betroffene Norm

§ 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG, § 17 EStG

Streitjahre 2008 - 2010

Anmerkungen

Neue Erkenntnisse aus dem Urteil

Wie es bislang schon allgemeine Auffassung in der Literatur war, hat sich nun auch der BFH – erstmalig soweit ersichtlich – dahingehend geäußert, dass eine zum Privatvermögen gehörende Forderung gegen die übertragende Körperschaft im Rahmen einer Verschmelzung als in das Betriebsvermögen des übernehmenden Rechtsträgers übertragen gilt.

Weiterhin kommt der BFH in Fortentwicklung seiner Rechtsprechung zu dem Schluss, dass die zur Einlage einer wertgeminderten Beteiligung i.S. des § 17 EStG in ein Betriebsvermögen geltenden Grundsätze (Urteil vom 29.11.2017, X R 8/16) auch auf eine im Rahmen eines Verschmelzungsvorgangs fingierte Einlage einer – zu einer Beteiligung i.S. des § 17 EStG gehörenden – Forderung anzuwenden sind.

Bedeutung des Urteils für die Praxis

Das Urteil betrifft unmittelbar nur Sachverhaltskonstellation vor Inkrafttreten des MoMiG und vor Anwendung der geänderten Rechtsprechung ab dem 28.09.2017. Gleichwohl schafft das Urteil Rechtssicherheit für die steuerliche Bewertung von privaten Darlehensforderungen bei Verschmelzungen.

Vorinstanz

Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 21.06.2016, 11 K 1536/14, EFG 2016, 1571

Fundstelle

BFH, Urteil vom 09.04.2019, X R 23/16, lt. BMF-Schreiben vom 28.08.2019 zur Veröffentlichung im BStBl. II vorgesehen

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 29.11.2017, X R 8/16, BStBl II 2018, 426, siehe Deloitte Tax-News 

BFH, Urteil vom 11.07.2017, IX R 36/15, BStBl II 2019, S. 208, siehe Deloitte Tax-News

BMF, Schreiben vom 05.04.2019, IV C 6 - S 2244/17/10001, siehe Deloitte Tax-News 

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