Aufwendungen für einen Zinsswap unterliegen nur dann der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. a S. 1 GewStG, wenn der Darlehensvertrag und das Swap-Geschäft eine wirtschaftliche Einheit bilden. Dies setzt voraus, dass das Darlehen und der Zinsswap hinsichtlich der vertragschließenden Personen, der Zeitpunkte des Vertragsschlusses und der Beträge und Laufzeiten im Wesentlichen kongruent sind und die Fälligkeitstermine der Zins- und Swap-Verbindlichkeiten aufeinander abgestimmt sind.
Streitig war, ob Zinsswap-Aufwendungen der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. a S. 1 GewStG unterliegen.
Eine GmbH (Klägerin) schloss einen variabel verzinsten Investitionskredit mit einem Bankenkonsortium mit einer mehrjährigen Laufzeit ab. Zur Absicherung von Zinsänderungsrisiken schloss die GmbH mit einigen der beteiligten Banken Zinsswap-Verträge ab.
Handelsbilanziell bildete die GmbH aus dem Darlehnsvertrag und den Zinsswap-Verträgen eine Bewertungseinheit nach § 254 HGB.
Im Rahmen einer Außenprüfung wurden die Aufwendungen zur Zinssicherung aus den Zinsswap-Verträgen als Zinsen im Sinne der Zinsschranke nach § 4h EStG und als Zinsen für Zwecke der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. a S. 1 GewStG behandelt. Das FG gab der Klage statt.
Das Verfahren wegen Körperschaftsteuer (Zinsschranke) wurde bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in der Rechtssache 2 BvL 1/16 ausgesetzt (siehe auch unter Anmerkungen).
Der BFH schließt sich der Auffassung des FG an und kommt zu dem Ergebnis, dass die Aufwendungen aufgrund der Zinsswap-Vereinbarungen nicht für Zwecke der Gewerbesteuer nach § 8 Nr. 1 Buchst. a S. 1 GewStG hinzuzurechnen sind.
Gesetzliche Grundlagen
Nach § 8 Nr. 1 Buchst. a S. 1 GewStG wird dem Gewinn aus Gewerbebetrieb ein Viertel der Summe aus Entgelten für Schulden wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind und soweit die Summe der nach § 8 Nr. 1 GewStG vorzunehmenden Hinzurechnungen den Betrag von 100.000 € (ab EZ 2020: 200.000 €) übersteigt.
Leistungen für die Nutzung von Fremdkapital unterliegen der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung
Der BFH führt zunächst Folgendes aus: Als Entgelte für Schulden sind nach § 8 Nr. 1 Buchst. a S. 1 GewStG nur die Gegenleistungen für die Zurverfügungstellung von Fremdkapital hinzuzurechnen. Leistungen, die nicht die Nutzung des Fremdkapitals abgelten, die also nicht mit der tatsächlichen Nutzung oder der Nutzungsmöglichkeit von Fremdkapital zusammenhängen, sondern für eine andere Leistung oder aus einem anderen Rechtsgrund erbracht werden, sind daher nicht hinzuzurechnen (vgl. u.a. BFH-Urteile vom 09.08.2000, I R 92/99 und vom 22.03.2023, XI R 45/19).
Zinsswap-Aufwendungen sind (grundsätzlich) keine „Entgelte für Schulden“
Der BFH stellt fest, dass es bei einem Zinsswap-Geschäft an der für den Zinsbegriff wesenstypischen Voraussetzung der Überlassung von Kapital auf Zeit fehlt. Der Zinsswap dient der Zinssicherung und folglich stellen Aufwendungen aufgrund einer Zinsswap-Vereinbarung bei isolierter Betrachtung keine Zinsen im Rechtssinne dar.
Ausnahme: Darlehen und Zinsswap-Vertrag bilden eine wirtschaftliche Einheit
Der BFH vertritt die Auffassung, dass Swap-Aufwendungen nur dann als Entgelte für Schulden im Sinne des § 8 Nr. 1 Buchst. a S. 1 GewStG zu qualifizieren sind, wenn der Darlehensvertrag und der Zinsswap-Vertrag eine wirtschaftliche Einheit bilden und die Swap-Aufwendungen deshalb einen zinsähnlichen Charakter haben.
Nach dem BFH begründet jedoch ein bloßer Kausal- oder Veranlassungszusammenhang nicht zwingend auch eine wirtschaftliche Einheit zwischen Darlehen und Zinsswap. Vielmehr bedarf es einer zusätzlichen Voraussetzung, um die Aufwendungen aufgrund des Zinsswaps ausnahmsweise ebenfalls als Entgelte für Schulden qualifizieren zu können (vgl. BFH-Urteile vom 11.10.2018, III R 37/17 und vom 29.03.2007, IV R 55/05). Beide Geschäfte (Darlehen als Grundgeschäft und Zinsswap als Absicherungsgeschäft) können nur dann als einheitliche Schuld zusammengefasst werden, wenn beide Geschäfte in sachlicher, zeitlicher und personeller Hinsicht eng miteinander verflochten sind. Diese Voraussetzung sei nur dann erfüllt, wenn beide Geschäfte bezüglich der Beträge und der Laufzeiten, der Zeitpunkte des Vertragsschlusses und der vertragschließenden Personen im Wesentlichen kongruent sind und insbesondere die Fälligkeitstermine der Zins- und Swap-Verbindlichkeiten aufeinander abgestimmt sind. Nur unter diesen Bedingungen können die zivilrechtlich eigenständigen und deshalb grundsätzlich auch steuerrechtlich getrennt zu betrachtenden Schuldverhältnisse des Darlehens und des Zinsswaps als ein einheitliches Schuldverhältnis zu werten sein (vgl. auch BGH-Urteil vom 14.03.2023, XI ZR 420/21, Rz. 43), so der BFH.
Anwendung auf den Streitfall
Nach dem BFH stellen die Zinsswap-Aufwendungen im Streitfall keine Entgelte für Schulden im Sinne des § 8 Nr. 1 Buchst. a S. 1 GewStG dar.
Im Streitfall waren die beiden Geschäfte (Darlehen als Grundgeschäft und Zinsswap als Absicherungsgeschäft) nicht eng aufeinander abgestimmt. Beispielsweise waren beim Abschluss der Verträge weder Laufzeit noch Valutahöhe im Darlehensvertrag und in der Swap-Vereinbarung deckungsgleich. Die Valutastände des Darlehens und des Zinsswaps entwickelten sich gegenläufig und auch die Zahlungen aufgrund der Zinsswap-Vereinbarung waren unabhängig von den Ansprüchen und Verpflichtungen des Darlehensvertrages zu erbringen.
Weiter bestätigt der BFH, dass die Bildung einer Bewertungseinheit nach § 254 HGB keine ausschlaggebende Bedeutung für die Entgeltqualifizierung nach § 8 Nr. 1 Buchst. a S. 1 GewStG haben kann (vgl. auch BFH-Urteil vom 07.10.2021, III R 15/18).
§ 8 Nr. 1 Buchst. a S. 1 GewStG
Streitjahre: 2010-2011
Praxishinweis
Sofern sich Grundgeschäft und der Zinsswap in sachlicher, zeitlicher und personeller Hinsicht ausreichend voneinander unterscheiden, sollte keine wirtschaftliche Einheit zwischen dem Darlehen und dem Zinsswap angenommen werden können und folglich sollte auch keine gewerbesteuerliche Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. a S. 1 GewStG erfolgen.
BVerfG-Vorlage zur Verfassungswidrigkeit der Zinsschranke
Der BFH hatte dem BVerfG die Frage vorgelegt, ob die „Zinsschranke“ aufgrund eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verfassungswidrig ist (vgl. BFH-Beschluss vom 14.10.2015, I R 20/15; BVerfG-anhängig: 2 BvL 1/16, siehe Deloitte Tax News). Das Verfahren ist immer noch beim Bundesverfassungsgericht anhängig und folglich wurde auch die Frage, ob Aufwendungen zur Zinssicherung aus den Zinsswap-Verträgen als Zinsen im Sinne der Zinsschranke nach § 4h EStG zu behandeln, sind, in der o.g. Entscheidung nicht beantwortet. Allerdings hatte das FG Berlin-Brandenburg als Vorinstanz die Auffassung vertreten, dass Aufwendungen für einen Zinsswap bei isolierter Betrachtung auch keine Vergütungen für Fremdkapital im Sinne des § 4h Abs. 3 S. 2 EStG sind.
Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 08.01.2019, 6 K 6242/17, EFG 2019, S. 642
BFH, Urteil vom 16.11.2023, III R 27/21, lt. BMF zur Veröffentlichung im BStBl. II vorgesehen
BFH, Urteil vom 09.08.2000, I R 92/99, BStBl. II 2001, S. 609
BFH, Urteil vom 22.03.2023, XI R 45/19, siehe Deloitte Tax News
BFH, Urteil vom 11.10.2018, III R 37/17, BStBl. II 2019, S. 275, siehe Deloitte Tax News
BFH, Urteil vom 29.03.2007, IV R 55/05, BStBl. II 2007, S. 655
BGH, Urteil vom 14.03.2023, XI ZR 420/21, BGHZ 236, S. 320
BFH, Urteil vom 07.10.2021, III R 15/18, BStBl. II 2022, S. 625
BFH, Beschluss vom 14.10.2015, I R 20/15, BStBl. II 2017, S. 1240; BVerfG-anhängig: 2 BvL 1/16, siehe Deloitte Tax News
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