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05.03.2020
Unternehmensteuer

BFH: Gewerbesteuerliche Behandlung des Einbringungsgewinns I und II

Bringt eine natürliche Person ihren gesamten Anteil an einer gewerblichen Mitunternehmerschaft in eine Kapitalgesellschaft zum Buchwert ein und veräußert diese einen miteingebrachten Kapitalgesellschaftsanteil innerhalb der Sperrfrist von sieben Jahren, so unterliegt der hierdurch ausgelöste Einbringungsgewinn II nicht der Gewerbesteuer. Ebenfalls nicht der Gewerbesteuer unterliegt ein Einbringungsgewinn I, der daraus resultiert, dass der Einbringende einen Teil der erhaltenen Anteile innerhalb der Sperrfrist veräußert. Voraussetzung in beiden Fällen ist, dass auch die ursprüngliche Einbringung unter der Annahme, dass diese zum gemeinen Wert vorgenommen wurde, ebenfalls nicht gewerbesteuerpflichtig gewesen wäre. Damit hat der BFH entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung im Umwandlungssteuererlass entschieden.

Sachverhalte

BFH, I R 13/18 (Einbringungsgewinn II)

An der A-KG waren als Komplementärin die C-GmbH und als Kommanditisten die Eheleute B sowie die D-GmbH beteiligt. Die Kommanditisten waren zugleich Gesellschafter der Komplementär-GmbH und der E-GmbH. Die Beteiligungen stellten notwendiges Sonderbetriebsvermögen II der Kommanditisten der A-KG dar. Im Jahr 2010 brachten die Eheleute B ihre Gesellschaftsanteile an der A-KG, der C-GmbH und der E-GmbH zum Zwischenwert gegen Gewährung neuer Gesellschaftsanteile nach § 20 UmwStG in die vorher von ihnen gegründete F-GmbH ein. Noch im gleichen Jahr veräußerte die F-GmbH die eingebrachten Anteile weiter. Das Finanzamt ging davon aus, dass der aufgrund der Veräußerung der Geschäftsanteile an der E-GmbH durch die F-GmbH nach § 22 Abs. 2 UmwStG entstandene Einbringungsgewinn II (zu 60 % gemäß § 3 Nr. 40 EStG) der Gewerbesteuer bei der A-KG unterliege. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt.

BFH, I R 26/18 (Einbringungsgewinn I)

An der X-KG waren neben der Komplementär-GmbH die Y-GmbH und Herr A sowie eine weitere natürliche Person als Kommanditisten beteiligt. Im Jahr 2013 wurde die X-KG in eine AG umgewandelt, wobei steuerlich die Buchwerte fortgeführt wurden. Die Mitunternehmer der X-KG erhielten Aktien an der AG in Höhe ihrer bisherigen prozentualen Beteiligungen. Herr A verstarb im Jahr 2014 und vererbte seine Anteile an seine Frau, welche anschließend einen Teil der Aktien auf die Tochter des A übertrug. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Übertragung der Aktien von der Ehefrau an die Tochter des A einen Einbringungsgewinn I i.S. des § 22 Abs. 1 UmwStG ausgelöst habe, welcher der Gewerbesteuer unterliege. Das FG trat dem entgegen.

Entscheidungen

Der BFH hat in beiden Verfahren entschieden, dass weder ein Einbringungsgewinn II i.S. des § 22 Abs. 2 UmwStG noch ein Einbringungsgewinn I i.S. des § 22 Abs. 1 UmwStG der Gewerbesteuer unterliegt, wenn auch die ursprünglichen Einbringungen unter der Annahme, dass diese zum gemeinen Wert vorgenommen wurden, ebenfalls nicht gewerbesteuerpflichtig gewesen wären.

Gesetzliche Grundlagen

§ 7 S. 2 Nr. 2 GewStG: Der von einer natürlichen Person bzw. einem natürlichen Mitunternehmer erzielte Gewinn aus der Aufgabe oder der Veräußerung eines Gewerbebetriebs ist nach der ständigen BFH-Rechtsprechung von der Gewerbesteuer auszunehmen, da die Gewerbesteuer als Sachsteuer auf den laufenden Betrieb und grundsätzlich nicht auf den Gewinn aus der Aufgabe oder der Veräußerung des Gewerbebetriebs abstellt. Lediglich soweit der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Mitunternehmeranteils nicht von einer natürlichen Person unmittelbar erzielt wird, unterliegt dieser als Ausnahme der Gewerbesteuer.

Einbringungsgewinn II gemäß § 22 Abs. 2 S. 1 UmwStG: Soweit die übernehmende Gesellschaft unter dem gemeinen Wert eingebrachte Anteile innerhalb eines Zeitraumes von sieben Jahren nach dem Einbringungszeitpunkt unmittelbar oder mittelbar veräußert und soweit beim Einbringenden der Gewinn aus der Veräußerung dieser Anteile nicht nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei gewesen wäre, ist der Gewinn aus der Einbringung im Wirtschaftsjahr der Einbringung rückwirkend als Gewinn des Einbringenden aus der Veräußerung von Anteilen zu versteuern.

Einbringungsgewinn I gemäß § 22 Abs. 2 S. 1 UmwStG: Soweit in den Fällen einer Sacheinlage unter dem gemeinen Wert (§ 20 Abs. 2 S. 2 UmwStG) der Einbringende die erhaltenen Anteile innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach dem Einbringungszeitpunkt veräußert, ist der Gewinn aus der Einbringung rückwirkend im Wirtschaftsjahr der Einbringung als Gewinn des Einbringenden zu versteuern. Ein Formwechsel einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft ist wie eine Sacheinlage (sämtlicher) Anteile an der Mitunternehmerschaft in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung neuer Anteile an dieser Kapitalgesellschaft zu behandeln mit der Folge, dass eine spätere Veräußerung der im Rahmen des Formwechsels erhaltenen Kapitalgesellschaftsanteile einen Einbringungsgewinn I auslösen kann.

BFH, I R 13/18 (Einbringungsgewinn II)

Wie schon das FG, hält der BFH es auch bei der Veräußerung der miteingebrachten Anteile an der E-GmbH innerhalb der Sperrfrist für nicht sachgerecht, einen Einbringungsgewinn II gemäß § 22 Abs. 2 UmwStG der Gewerbesteuer zu unterwerfen, obgleich die stillen Reserven bei der natürlichen Person, die den vollständig eingebrachten Mitunternehmeranteil bislang unmittelbar gehalten hatte, nicht gewerbesteuerrechtlich verstrickt waren.

Auslegung nach dem Wortlaut und systematischen Zusammenhang

Die Vorschrift des § 22 Abs. 2 S. 1 UmwStG ordnet die rückwirkende Erhöhung des durch die Einbringung der Anteile erzielten Gewinns an. Dies lege nahe, dass dieser Gewinn (Einbringungsgewinn II) auch gewerbesteuerrechtlich den Rechtsregeln unterworfen ist, die für eine Gewinnrealisierung im Zeitpunkt der Einbringung zum Tragen gekommen wären.

Keine Gewerbesteuerpflicht des Einbringungsgewinns II

Dass nach diesen Grundsätzen der Einbringungsgewinn II im Streitfall, d.h. mit Rücksicht auf die ursprüngliche Beteiligung einer natürlichen Person an der gewerblich tätigen Mitunternehmerschaft sowie die Zugehörigkeit der miteingebrachten Kapitalgesellschaftsanteile zum gewerblichen Vermögen der Mitunternehmerschaft (hier: Sonderbetriebsvermögen II), nicht der Gewerbesteuer unterliegt, weil die Einbringung des Kapitalgesellschaftsanteils auch bei Ansatz des gemeinen Werts keine Gewerbesteuer ausgelöst hätte, entspricht nach Ansicht des BFH Sinn und Zweck des UmwStG.

Auslegung nach dem Sinn und Zweck

Denn nach dem Sinn und Zweck der §§ 20 ff. UmwStG könne der BFH keinen sachlichen Grund erkennen, die auf die erhaltenen Anteile übertragenen stillen Reserven erstmalig mit Gewerbesteuer zu belasten, wenn diese bei Realisation im Rahmen der Einbringung keinem gewerbesteuerlichen Zugriff unterlegen hätten.

Zurückweisung der Einwendungen des Finanzamts

Der Auffassung des Finanzamts, der Einbringungsgewinn II besteuere selektiv lediglich die Veräußerung der miteingebrachten Kapitalgesellschaftsanteile (an der E-GmbH) und nicht die Veräußerung des gesamten Mitunternehmeranteils, ist nach Ansicht des BFH weder aufgrund rechtlicher Überlegungen noch tatsächlicher Gegebenheiten zu folgen. Rechtlich komme es allein auf die Besteuerung des Einbringungsvorgangs an. Die Veräußerung der miteingebrachten Anteile innerhalb der Sperrfrist durch die übernehmende Gesellschaft sei lediglich das auslösende Moment für die (rückwirkende) Besteuerung des Einbringungsvorganges beim Einbringenden. Auch tatsächlich betrachtet ändere die Veräußerung des miteingebrachten Kapitalgesellschaftsanteils nichts daran, dass der ursprüngliche (Mit-)Unternehmer seine gewerbliche Tätigkeit mit der Einbringung insgesamt eingestellt habe und dieser Vorgang die Gewerbesteuerfreiheit nach allgemeinen Grundsätzen gebiete. 

BFH, I R 26/18 (Einbringungsgewinn I)

Der BFH kommt auch hier übereinstimmend mit dem FG zu dem Schluss, dass der Einbringungsgewinn I auch bei einer Teil-Veräußerung der erhaltenen Anteile innerhalb der Sperrfrist nicht gewerbesteuerpflichtig ist, weil die stillen Reserven bei der natürlichen Person, die den vollständig eingebrachten Mitunternehmeranteil bislang unmittelbar gehalten hatte, nicht gewerbesteuerrechtlich verstrickt waren.

Er wendet seine im Verfahren I R 13/18 zum Einbringungsgewinn II aufgestellten Grundsätze auch auf den Einbringungsgewinn I an.

Keine Gewerbesteuerpflicht des Einbringungsgewinns I

Dass nach diesen Grundsätzen der Einbringungsgewinn I mit Rücksicht auf die ursprüngliche Beteiligung einer natürlichen Person an der gewerblich tätigen Mitunternehmerschaft, nicht der Gewerbesteuer unterliegt, weil die Einbringung des gesamten Mitunternehmeranteils auch bei Ansatz des gemeinen Werts keine Gewerbesteuer ausgelöst hätte, entspricht nach Ansicht des BFH Sinn und Zweck des UmwStG (vgl. BFH, I R 13/18 zur Auslegung nach dem Sinn und Zweck).

Zurückweisung der Einwendungen des Finanzamts

Das Finanzamt vertritt unter Hinweis auf den Umwandlungssteuererlass (BMF-Schreiben vom 11.11.2011, Tz 22.07) die Auffassung, dass der Einbringungsgewinn I deshalb der Gewerbesteuer unterliege, weil die Ehefrau lediglich einen Teil der von ihrem verstorbenen Ehemann beim Formwechsel erhaltenen Aktien veräußert habe. Der BFH vermutet, dass dieser Ansicht wohl die Vorstellung zugrunde liegt, dass auch die ursprüngliche Einbringung bei einer nur teilweisen Veräußerung des Betriebs oder des Mitunternehmeranteils und einer nicht vollständigen Einstellung der gewerblichen Tätigkeit nicht gewerbesteuerfrei gewesen wäre. Diese Sichtweise entspricht jedoch weder den tatsächlichen noch den rechtlichen Gegebenheiten, so der BFH.

Rechtlich komme es allein auf die Besteuerung des Einbringungsvorgangs an. Die spätere Veräußerung der erhaltenen Anteile führe ggf. nach allgemeinen Vorschriften (z.B. § 17 EStG) zu einem Veräußerungsgewinn, sei aber selbst nicht Besteuerungsgegenstand des § 22 Abs. 1 UmwStG, sondern lediglich das auslösende Moment für die (rückwirkende) Besteuerung des Einbringungsvorganges. Auch tatsächlich betrachtet ändere die Veräußerung nur eines Teils der erhaltenen Anteile nichts daran, dass der ursprüngliche (Mit-)Unternehmer seine gewerbliche Tätigkeit mit der Einbringung insgesamt eingestellt habe und dieser Vorgang die Gewerbesteuerfreiheit nach allgemeinen Grundsätzen gebiete.

Betroffene Norm

§ 7 GewStG, § 22 Abs. 1, Abs. 2 UmwStG

Streitjahre 2010 und 2013

Anmerkungen

Entgegenstehende Auffassung der Finanzverwaltung im Umwandlungssteuererlass

  • Einbringungsgewinn II
    Das Finanzamt hatte die Besteuerung im Verfahren I R 13/18 ausdrücklich auf Tz. 22.13 des UmwSt-Erlasses vom 11.11.2011 gestützt, wonach der Einbringungsgewinn II bei Anteilen im Betriebsvermögen zum Gewerbeertrag gehört. Dieser Sichtweise ist der BFH nun entgegengetreten.
  • Einbringungsgewinn I
    Im Verfahren I R 26/18 kam das Finanzamt unter Zugrundelegung von Tz. 22.07 UmwSt-Erlass zu einer Gewerbesteuerpflicht des Einbringungsgewinns I. Hiernach ist in dem Fall, dass nicht sämtliche erhaltenen Anteile in einem Vorgang veräußert werden, für Zwecke des § 7 S. 2 GewStG nicht mehr von der Veräußerung eines Betriebs, Teilbetriebs etc. auszugehen. Auch in diesem Fall widerspricht der BFH nun der Ansicht der Finanzverwaltung.

Praxishinweis

Es bleibt abzuwarten, ob die Finanzverwaltung die BFH-Urteile im Bundessteuerblatt veröffentlichen und damit allgemein anwenden oder vielmehr mit einem Nichtanwendungserlass belegen wird. Geeignete Fälle, in denen der Einbringungsgewinn I oder II der Gewerbesteuer unterworfen wird, sollten nach Rücksprache mit dem Mandanten offen gehalten werden.

Vorinstanzen

Zu I R 13/18: Finanzgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 21.03.2018, 1 K 1/16, EFG 2018, S. 861, siehe Deloitte Tax-News 

Zu I R 26/18: Finanzgericht Köln, Urteil vom 19.07.2018, 6 K 2507/16, EFG 2018, S. 1730, siehe Deloitte Tax-News 

Fundstellen

BFH, Urteil vom 11.07.2019, I R 13/18, BStBl. II 2022, S.91 

BFH, Urteil vom 11.07.2019, I R 26/18, BStBl. II 2022, S.93 

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