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24.11.2010
Private Einkommensteuer

FG Rheinland-Pfalz: Anforderungen an die Anerkennung als Erstausbildung gelockert

Sachverhalt

Der Kläger war seit 2001 bei einer Tochtergesellschaft von Boeing als Assistent Aviation Information Analyst beschäftigt und bezog aus diesem Dienstverhältnis Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Gegenstand seiner dortigen Tätigkeit war die Erneuerung und Anpassung von Navigationsdaten für Flugzeuge, wobei es sich hierbei um keinen klassischen Ausbildungsberuf handelte. Seit 2003 hatte sich der Kläger, der bereits über eine Privatfluglizenz verfügte, unter Gewährung von unbezahltem Sonderurlaub zum Verkehrsflugzeugführer ausbilden lassen. Die Ausbildung schloss den Erwerb einer Musterberechtigung für einen Flugzeugtyp mit ein. Die im Jahre 2003 angefallenen Ausbildungskosten waren im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 2003 vom Beklagten als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anerkannt worden. Im Jahr 2004 setzte der Kläger diese Ausbildung an weiteren Flugschulen fort. Nach einer Theorie- und Prüfungsphase folgten dabei unter anderem ein theoretisches sowie praktisches Examen. Hierbei fielen im Streitjahr Gesamtkosten in Höhe von insgesamt 38.941 EUR an. Seit 2006 ist der Kläger als Pilot tätig.

In seiner Einkommensteuererklärung 2004 machte der Kläger unter anderem die Kosten für die Ausbildung zum Piloten in Höhe von 38.941 EUR als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Das beklagte Finanzamt versagte die Berücksichtigung dieser Aufwendungen als Werbungskosten, da es sich nach seiner Auffassung bei der Pilotenausbildung um die Erstausbildung des Klägers gehandelt habe. Für den zuvor ausgeübten Beruf des Assistent Aviation Information Analyst sei keine (Erst-)Ausbildung erforderlich gewesen. Der Erwerb der Privatfluglizenz sei jedenfalls nicht als Erstausbildung anzusehen. Das Finanzamt berücksichtigte die Kosten für die Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer deshalb nur als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG mit dem Höchstbetrag von 4.000 EUR.

Gegen den Bescheid erhob der Steuerpflichtige nach erfolglosem Einspruch Klage.

Entscheidung

Das FG Rheinland-Pfalz folgte in seinem Urteil der Auffassung des Klägers und erkannte die Kosten der Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer in vollem Umfang als Werbungskosten an.

Das Finanzgericht bezog sich in seiner Begründung im Wesentlichen auf die bereits ergangene Rechtsprechung des BFH zum steuerrechtlichen Begriff der Berufsausbildung. Demnach ist die Ausbildung zu einem künftigen Beruf zu verstehen. In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernstlich darauf vorbereitet. Der Vorbereitung auf ein Berufsziel dienten alle Maßnahmen, bei denen es sich um den Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen handelt, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind. Gegenbegriff zur Berufsausbildung sei die Allgemeinbildung, die keine notwendige Voraussetzung für eine geplante Berufsausübung darstellt.

Der Erwerb der Privatflugzeuglizenz erfülle im Streitfall die Voraussetzungen einer Erstausbildung, da diese den Kläger zur Ausübung des Berufs des Assistent Aviation Information Analyst befähigten. Die Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer sei deshalb als Fortbildung anzusehen, Auswendungen hierfür seien in vollem Umfang als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Das FG Rheinland-Pfalz folgt insoweit nicht der engen Betrachtung des BMF-Schreibens, wonach der Beruf durch eine Ausbildung im Rahmen eines öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsganges erlernt und durch eine Prüfung abgeschlossen werden muss. Diese enge Auslegung des Begriffs der Berufsausbildung finde in den Gesetzesmaterialien keine Stütze. Das FG Rheinland-Pfalz pflichtet vielmehr der Rechtsprechung des BFH bei, wonach die erste Berufsausbildung schon mit dem Erlernen der Grundlagen eines Berufs, womit eine selbständige und gesicherte Position im Leben erreicht werden soll, einsetze.

Betroffene Norm

§§ 9 Abs. 1 S. 1, 10 Abs. 1 Nr. 7, 12 Nr. 5 EStG

Anmerkungen

Die Revision wurde vor dem Hintergrund des entgegenstehende BMF-Schreiben vom 04.11.2005, IV C 8 – S 2227-5705 zugelassen.

Fundstelle

Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.03.2010, 4 K 1127/07, EFG 2010, S. 1782.

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