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15.04.2011
Private Einkommensteuer

BFH: Kosten für ein Erststudium können Werbungskosten sein

Der BFH hat das Urteil aufgehoben und an das FG zurückverwiesen. Lt. BFH besteht auf Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG ein hinreichend konkreter Veranlassungszusammenhang zwischen dem Studium der Klägerin und ihrer nachfolgenden Berufstätigkeit als Diplomkauffrau. Das FG hat noch festzustellen, ob und welche Aufwendungen der Klägerin im Einzelnen tatsächlich entstandenen und durch die angestrebte Berufstätigkeit veranlasst waren und welche Einnahmen die Klägerin in dem Veranlagungszeitraum erzielt hatte (teilweise inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 28.07.2011, VI R 38/10, vgl. Deloitte Tax News.

BFH, Urteil vom 15.09.2011, VI R 15/11, nicht amtlich veröffentlicht
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Sachverhalt

Die Klägerin studierte an einer Fachhochschule Betriebswirtschaft wofür im Streitjahr 2007 Studien- und Prüfungsgebühren von ca. 10.500 Euro anfielen. Während des Studiums absolvierte die Klägerin Pflichtpraktika, für die sie eine geringe Vergütung erhielt. Bei der Steuerfestsetzung berücksichtigte das Finanzamt die Studienkosten lediglich als Sonderausgaben i.H.v. 4.000 Euro. Den Antrag, einen verbleibenden Verlustvortrag in Höhe der weiteren Aufwendungen festzustellen, lehnte das Finanzamt ab.

Entscheidung

Die Aufwendungen des nach dem Abitur aufgenommenen Erststudiums können nicht als Werbungskosten, sondern nur als Sonderausgaben berücksichtigt werden mit der Folge einer Beschränkung der Höhe nach auf 4.000 Euro. Zwar können Aufwendungen für eine Bildungsmaßnahme, sofern sie beruflich veranlasst sind, Werbungskosten sein. Liegt ein erwerbsbezogener Veranlassungszusammenhang vor, kommt es für die steuerliche Berücksichtigung der Aufwendungen nicht darauf an, ob ein neuer, ein anderer, oder ein erstmaliger Beruf ausgeübt werden soll. Eine berufliche Veranlassung ist gegeben, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufes getätigt werden. Seit der Entscheidung des BFH vom 04.12.2002 unterscheidet dieser nicht mehr strikt zwischen Aus- und Fortbildung, sondern stellt maßgeblich auf den erwerbsbezogenen Veranlassungszusammenhang ab. Für den Abzug als Werbungskosten ist somit maßgebend, dass die Aufwendungen beruflich veranlasst sind und in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang mit künftig steuerbaren Einnahmen aus einer beruflichen Tätigkeit stehen.

Einem Abzug der Bildungsaufwendungen der Klägerin steht die Norm des § 12 Nr. 5 EStG entgegen, nach der Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium, wenn diese nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden, nicht im Rahmen der Ermittlung der Einkünfte abgezogen werden dürfen.
Die Aufwendungen der Klägerin stehen nicht im Zusammenhang mit einem (Ausbildungs-) Dienstverhältnis, da lediglich ein Studienvertrag mit der Fachhochschule abgeschlossen wurde, durch den jedoch weder ein Dienstverhältnis mit der Fachhochschule noch mit der späteren Arbeitgeberin im Rahmen des Praktikums begründet wurde.

Die Rechtsprechung des BFH, nach der die Regelung des § 12 Nr. 5 EStG verfassungskonform dahingehen auszulegen sei, dass sie einen Abzug von Ausbildungskosten im Zusammenhang mit einem Studium nach abgeschlossener Berufsausbildung nicht verbiete, sei auf das nach dem Abitur aufgenommen Studium nicht übertragbar. Die gesetzliche Vorschrift bestimmt insoweit typisierend, dass die Kosten eines Erststudiums noch nicht mit einer konkreten beruflichen Tätigkeit und hieraus fließenden Einnahmen in Zusammenhang stehen.

Einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG ergebe sich aus der Vorschrift des § 12 Nr. 5 EStG nicht. Der Gesetzgeber habe sich innerhalb des ihm zustehenden Gestaltungsspielraumes bewegt. Außerdem sprächen sachlich einleuchtende Gründe für die Regelung, denn normalerweise stünden Kosten eines Erststudiums noch nicht in direktem Zusammenhang mit einer konkreten, auf Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit. Zudem würden die Kosten häufig von den Eltern getragen, die hierfür die steuerliche Vergünstigung in Anspruch nähmen.

Betroffene Norm

Art. 3 Abs. 1 GG; § 12 Nr. 5 EStG.
Streitjahr 2007

Fundstellen

Finanzgericht Münster, Urteil vom 24.02.2011, 11 K 4489/09 F; BFH, Urteil vom 15.09.2011, VI R 15/11, nicht amtlich veröffentlicht

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 04.12.2002, VI R 120/01, BStBl II 2003, S. 403

Weiterer Beitrag

Einkommensteuerliche Behandlung von Berufsausbildungskosten (28.10.2010)

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