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25.06.2012
Private Einkommensteuer

FG Münster: Kein Wechsel zur Fahrtenbuchmethode innerhalb eines Veranlagungszeitraums

Mit Urteil vom 20.03.2014 hat der BFH die Auffassung des FG Münster bestätigt, dass ein unterjähriger Wechsel von der 1%-Regelung zur Fahrtenbuchmethode nicht möglich ist. Die Anwendung der Fahrtenbuchmethode setze nicht nur die Vorlage eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuches, welches das Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu den übrigen Fahrten nachweist, voraus. Auch müssten die im gesamten Jahr durch die Fahrzeugnutzung entstandenen Kosten mittels Belegen nachgewiesen werden. Nur dann bestünde die Möglichkeit, den zu versteuernden Privatanteil an der Gesamtfahrleistung zu bestimmen und die Fahrtenbuchmethode anstelle der 1%-Regelung anzuwenden.
BFH, Urteil vom 20.03.2014, VI R 35/12
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FG Münster:
Bei privater Nutzung eines Dienstwagens kann innerhalb eines Veranlagungszeitraums nicht von der 1%-Methode zur Fahrtenbuchmethode gewechselt werden. Wird für dasselbe Fahrzeug ein Fahrtenbuch nur für einen Teil des Veranlagungszeitraums geführt, besteht eine Manipulationsgefahr dahingehend, dass Zeiträume mit hohem Privatnutzungsanteil nicht erfasst werden. Aufgrund der mit der 1%-Regelung verfolgten Vereinfachung und Pauschalierung sind keine Ausnahmeregelungen bzgl. persönlicher Lebensumstände vorgesehen.

Sachverhalt

Der Kläger konnte im Streitjahr 2008 ein Dienstfahrzeug auch für Privatfahrten nutzen. Der geldwerte Vorteil wurde bis zum 30.04.2008 nach der 1%-Methode ermittelt. Nach der Geburt seines dritten Kindes war das bisherige Dienstfahrzeug kaum noch privat nutzbar, weil eine Platzierung von drei Kindersitzen nicht möglich gewesen sei. Für Privatfahrten habe der Kläger seit Geburt seines dritten Kindes das Privatfahrzeug genutzt. Ab Mai 2008 führte er ein Fahrtenbuch. Ab dem 31.10.2008 wurde dem Kläger ein anderes Fahrzeug zur Verfügung gestellt. 

Eine Lohnsteueraußenprüfung bei der Arbeitgeberin des Klägers kam zu dem Ergebnis, dass die Versteuerung des Privatnutzungsanteils auch für die Monate Mai bis Oktober 2008 nach der 1%-Methode zu berechnen sei, da das Verfahren bei demselben Kraftfahrzeug während des laufenden Kalenderjahres nicht gewechselt werden dürfe. Aufgrund dieser Prüfungsfeststellungen berücksichtigte das Finanzamt im Einkommensteuerbescheid des Klägers einen höheren Bruttoarbeitslohn und setzte die Steuer herauf.

Entscheidung

Die Klage ist unbegründet. Das Finanzamt hat den Arbeitslohn des Klägers hinsichtlich der privaten Nutzung des Fahrzeugs für die Monate Mai bis Oktober zutreffend nach der 1%-Methode berechnet.

Die private Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs zu privaten Fahrten ist für jeden Kalendermonat mit 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen (§ 8 Abs. 2 S. 2 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG). Abweichend hiervon kann der Wert mit dem auf die private Nutzung entfallenden Teil der gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen angesetzt werden, wenn die durch das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden (§ 8 Abs. 2 S. 4 EStG). Der Begriff des ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs ist gesetzlich nicht näher bestimmt. Ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch muss nach ständiger Rechtsprechung des BFH zeitnah und in geschlossener Form geführt werden. Die zu erfassenden Fahrten einschließlich des an ihrem Ende erreichten Gesamtkilometerstandes müssen im Fahrtenbuch vollständig und in ihrem fortlaufenden Zusammenhang wiedergegeben werden (vgl. BFH-Urteil vom 16.11.2005 und vom 10.04.2008).

Die Frage, für welchen Zeitraum ein Fahrtenbuch geführt werden muss, damit es als ordnungsgemäß angesehen werden kann, ist gesetzlich ebenfalls nicht geregelt. Nach Auffassung der Finanzverwaltung darf bei demselben Kfz das Verfahren während des Kalenderjahres nicht gewechselt werden (R 8.1 Abs. 9 Nr. 3 S. 2 LStR 2012). Diese Verwaltungsvorschrift ist für das Gericht nicht bindend. Die Kommentarliteratur vertritt entweder die Auffassung, dass das Fahrtenbuch wenigstens über den gesamten Veranlagungszeitraum oder sogar für den gesamten Nutzungszeitraum des Kraftfahrzeugs geführt werden müsse, um die Pauschalregelung auszuschließen. Die Auffassung der Kläger, dass die Methode zur Ermittlung des Privatnutzungsanteils (unter gewissen Voraussetzungen) auch während des Kalenderjahres gewechselt werden dürfe, wird nicht vertreten.

Das Finanzgericht Köln hat im Urteil vom 27.04.2006 eine Überprüfung eines Fahrtenbuchs bezogen auf das Kalenderjahr oder bis zu einem Fahrzeugwechsel vorgenommen. Mit der auf einzelne Monate abstellenden Pauschalregelung wolle das Gesetz nur erreichen, dass der geldwerte Vorteil jeden Monat und nicht nur einmal im Jahr versteuert wird und nicht zum Ausdruck bringen, dass jeden Monat von der 1%-Regelung zur Fahrtenbuchregelung und umgekehrt gewechselt werden könnte. Der BFH hat diese Entscheidung mit Urteil vom 10.04.2008 bestätigt. Unter Zugrundelegung einer monatsweisen Betrachtung hätte er jedoch das Urteil aufheben müssen. Auch in seinem Beschluss vom 26.11.2009 stellt der BFH auf eine jahresweise Betrachtung ab, indem er ausführt, dass Steuerpflichtige die Methode, nach der der Privatnutzungsanteil ermittelt wird, in jedem Jahr neu wählen können. 

Auch das Finanzgericht schließt sich der Auffassung an, dass ein Fahrtenbuch für einen Zeitraum von einem ganzen Kalenderjahr geführt werden muss, um als ordnungsmäßiges Fahrtenbuch anerkannt werden zu können. Wird ein Fahrtenbuch nur für einen Teil des Kalenderjahres geführt, besteht insoweit eine Manipulationsgefahr dahingehend, dass bestimmte Zeiträume mit höherem Privatnutzungsanteil – insbesondere Urlaubszeiten – nicht erfasst werden und somit ein verzerrtes Ergebnis entsteht. Ein gesamtes Kalenderjahr stellt vor diesem Hintergrund einen geeigneten Zeitraum dar und entspricht auch dem Veranlagungszeitraum.

Wegen der mit der 1%-Regelung verfolgten Pauschalierung und Vereinfachung sollen die persönlichen Lebensumstände des Steuerpflichtigen gerade nicht in jedem Einzelfall aufgeklärt werden müssen. Daher kann es im Streitfall nicht darauf ankommen, ob der Dienstwagen für die Kläger im streitigen Zeitraum für Familienfahrten geeignet war oder nicht. Die Frage, für welchen Zeitraum ein Fahrtenbuch geführt werden muss, kann nur für alle Steuerpflichtigen einheitlich beantwortet werden. Für Ausnahmeregelungen im Einzelfall bietet das Gesetz keine hinreichende Grundlage.

Dass das Gesetz den Begriff "Kalendermonat" verwendet, steht dieser Auffassung nicht entgegen. Die Formulierung bezieht sich lediglich auf die Höhe des Wertansatzes bei Anwendung der Pauschalregelung, nicht aber auf die Frage der Ordnungsmäßigkeit des Fahrtenbuchs. Durch diese Regelung wird sichergestellt, dass die Wertermittlung nach der Anzahl der Monate der Fahrzeugnutzung und nicht - unabhängig von der Nutzungsdauer – in Höhe von 12 % pro Kalenderjahr erfolgt.

Betroffene Norm
8 Abs. 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG, R 8.1 Abs. 9 Nr. 3 LStR 2012, Streitjahr 2008

Fundstelle

BFH, Urteil vom 20.03.2014, VI R 35/12
Finanzgericht Münster, Urteil vom 27.04.2012, 4 K 3589/09 E

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 16.11.2005, VI R 64/04, BStBl II 2006, S. 410
BFH, Urteil vom 10.04.2008, VI R 38/06, BStBl II 2008, S. 768
BFH, Beschluss vom 26.11.2009, VIII B 190/09, BFH/NV 2010, S. 331
Finanzgericht Köln, Urteil vom 27.04.2006, 10 K 4600/04, EFG 2006, S. 1664

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