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18.01.2013
Private Einkommensteuer

FG Düsseldorf: Vorweggenommene Anschaffungskosten einer wesentlichen Beteiligung i.S.d. § 17 EStG

Gewährt ein Steuerpflichtiger einer Kapitalgesellschaft, an der er nicht beteiligt ist, eigenkapitalersetzende Darlehen, sind diese dann als Anschaffungskosten i.S.d. § 17 EStG zu qualifizieren, wenn sie nach dem endgültigen Entschluss des Steuerpflichtigen, sich wesentlich an der Kapitalgesellschaft zu beteiligen, gewährt wurden.

Sachverhalt

Der Kläger wurde 1999 zum Geschäftsführer der X-GmbH bestellt. Ab diesem Zeitpunkt stellte er der Gesellschaft fortlaufend Geldmittel als Darlehen zur Verfügung. Mitte 2000 erwarb der Kläger eine Beteiligung i.H.v. 49 % an der Gesellschaft. Im Juli 2002 wurde die X-GmbH aufgrund von Insolvenz aufgelöst.

Streitig ist, ob der der Gesellschaft hingegebene Darlehensbetrag, der auf die Zeit vor dem Erwerb der Beteiligung entfällt, Teil der Anschaffungskosten der Beteiligung ist und damit als Verlust nach § 17 Abs. 4 EStG geltend gemacht werden kann.

Entscheidung

Die vom Kläger vor Erwerb der Beteiligung hingegebenen Darlehen sind den Anschaffungskosten hinzuzurechnen und damit Teil des Auflösungsverlusts (§ 17 Abs. 4 EStG).

Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % beteiligt war (§ 17 Abs. 1 S. 1 EStG). Veräußerungsgewinn ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt (§ 17 Abs. 2 S. 1 EStG). Als Veräußerung in diesem Sinne gilt auch die Auflösung einer Kapitalgesellschaft (§ 17 Abs. 4 S. 1 EStG). In diesem Fall ist als Veräußerungspreis der gemeine Wert des dem Steuerpflichtigen zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens der Kapitalgesellschaft anzusehen (§ 17 Abs. 4 S. 2 EStG). Im Streitfall hat der Kläger im Streitjahr einen Auflösungsverlust erlitten. Er war wesentlich i.S.d. § 17 Abs. 1 EStG an der Gesellschaft beteiligt. Die Gesellschaft ist durch die Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse aufgelöst worden.

Anschaffungskosten sind Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben. Dazu gehören auch die nachträglichen Anschaffungskosten (§ 255 Abs. 1 HGB). Zu den nachträglichen Anschaffungskosten einer Beteiligung zählen u.a. nachträgliche Aufwendungen auf die Beteiligung, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind und weder Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen noch Veräußerungskosten sind. Das ist bei einem Darlehen des Gesellschafters an die Kapitalgesellschaft der Fall, wenn und insoweit es Eigenkapital ersetzt (eigenkapitalersetzendes Darlehen). Was im Fall der Hingabe des Darlehens in der Krise der Gesellschaft gilt, gilt auch bei einem der Gesellschaft vor der Krise gewährten Darlehen, wenn der Gesellschafter das Darlehen stehen lässt, obwohl er es hätte abziehen können und es angesichts der veränderten finanziellen Situation der Gesellschaft absehbar war, dass die Rückzahlung gefährdet sein wird. Maßgeblich für die Höhe der Anschaffungskosten ist im Falle der Hingabe des Darlehens in der Krise dessen Nennwert, im Falle eines stehen gelassenen Darlehens grundsätzlich der Wert in dem Zeitpunkt, in dem es der Gesellschafter mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis nicht abzieht.

Im Streitfall handelt sich um ein eigenkapitalersetzendes Darlehen. Der Kläger hat es der X‐GmbH in einem Zeitpunkt gewährt, in dem er als ordentlicher Kaufmann Eigenkapital zugeführt hätte. Die Gesellschaft hat sich seit Aufnahme ihrer Tätigkeit unstreitig in der Krise befunden. Dementsprechend handelt es sich bei dem Darlehen um ein Krisendarlehen.

Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger die Beteiligung an der X-GmbH erst erworben hat, nachdem er das Darlehen hingegeben hatte. Zwar setzen nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung die (vorherige) Anschaffung der Beteiligung voraus. Indes können im Bereich des § 17 EStG auch vorweggenommene Anschaffungskosten berücksichtigt werden. Vor dem Erwerb der Beteiligung verausgabte Aufwendungen sind als Anschaffungskosten zu qualifizieren, wenn sie nach dem endgültigen Entschluss des Steuerpflichtigen, die Kapitalanlage zu erwerben, entstanden sind. Auch hier gilt der allgemeine Grundsatz, dass steuerrechtlich relevante Aufwendungen nur vorliegen, wenn die Beziehung zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart klar erkennbar ist (BFH-Urteil vom 20.04.1997). Die Aufwendungen müssen – z. B. aufgrund der zeitlichen Nähe – in einem hinreichend konkreten Zusammenhang mit dem Beteiligungserwerb stehen (FG Münster vom 20.01.2010). Im Streitfall ist nach dem schlüssigen und unwidersprochenen Vortrag des Klägers davon auszugehen, dass er von Beginn des Engagements in der X‐GmbH an beabsichtigt hat, eine Gesellschaftsbeteiligung zu erwerben. Die Darlehensbeträge, die er bis zum Beteiligungserwerb verausgabt hat, stehen zudem in einem konkreten zeitlichen Zusammenhang mit dem Beteiligungserwerb.

Betroffene Norm
§ 17 Abs. 4 EStG
Streitjahr 2002

Fundstelle
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 05.07.2012, 11 K 4602/10 F

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 20.04.1997, VIII R 16/94, BStBl II 1999, S. 339
Finanzgericht Münster, Urteil vom 20.01.2010, 7 K 5023/07, EFG 2010, S. 957, rechtskräftig

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