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24.06.2021
Private Einkommensteuer

BMF-Entwurf: Ertragsteuerrechtliche Behandlung von virtuellen Währungen und von Token

Das BMF hat sich erstmalig in dem Entwurf eines Schreibens zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung von virtuellen Währungen und von Token geäußert. Der am 17.06.2021 veröffentlichte Entwurf wurde mit dem Aufruf zur Stellungnahme an die Verbände geschickt. 

Hintergrund

Während schon seit 2018 ein BMF-Schreiben hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Behandlung von Kryptowährungen (vgl. BMF-Schreiben vom 27.02.2018, siehe Deloitte Tax News) vorliegt, gelten viele Fragen hinsichtlich der ertragsteuerlichen Behandlung von virtuellen Währungen noch als ungeklärt.

Erste Ausführungen zur ertragsteuerlichen Behandlung von Kryptowährungen (insbesondere im Privatvermögen) finden sich in einer OFD-Verfügung von Nordrhein-Westfalen vom 20.04.2018. Laut der o.g. Verfügung handelt es sich bei sog. virtuellen Währungen wie z.B. Bitcoins um eine staatlich nicht kontrollierte Ersatzwährung mit begrenzter Geldmenge. Mit virtuellen Währungen können inzwischen zahlreiche Waren und Dienstleistungen erworben werden. Nach der OFD Nordrhein-Westfalen sind Kryptowährungen mit Devisen vergleichbar, so dass für den Kauf und Verkauf von Kryptowährungen dieselben Grundsätze gelten, die auch für Fremdwährungsgeschäfte maßgeblich sind.

Das BMF hat nun mit den obersten Finanzbehörden der Länder einen am 17.06.2021 veröffentlichten Entwurf eines Schreibens zur ertragsteuerlichen Behandlung von Token im Allgemeinen und virtuellen Währungen wie z. B. Bitcoin im Speziellen erarbeitet, zu dem derzeit die betroffenen Verbände angehört werden.

Nach Prüfung der Stellungnahmen der Verbände und erneuter Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird das BMF die finale Fassung des Schreibens amtlich veröffentlichen. Damit soll den Praktikern in Verwaltung und Wirtschaft und dem einzelnen Steuerpflichtigen ein Leitfaden zur ertragsteuerlichen Behandlung von Token und virtuellen Währungen an die Hand gegeben werden. Die Veröffentlichung der Entwurfsfassung erfolgt nach Angaben des BMF lediglich zu Informationszwecken. 

Verwaltungsanweisung

Der am 17.06.2021 veröffentlichte Entwurf eines BMF-Schreibens nimmt ausführlich zu Einzelfragen zur ertragsteuerlichen Behandlung von virtuellen Währungen und von Token Stellung. Das BMF-Schreiben im Entwurf besteht aus zwei Teilen, der erste Teil enthält Definitionen relevanter Begriffe (u.a. „virtuelle Währungen“, „Token“, „Mining“, „Initial Coin Offering“, „Lending“, „Airdrop“) und der zweite Teil beschäftigt sich mit der ertragsteuerrechtlichen Einordnung der Einkünfte aus Tätigkeiten im Zusammenhang mit Einheiten einer virtuellen Währung und mit Token.

Anbei ein Kurzüberblick über die Entwurfsfassung des BMF-Schreibens:

1. Erläuterungen (Teil 1):

Definition von virtuellen Währungen

Virtuelle Währungen sind digital dargestellte Werteinheiten von Währungen, die von keiner Zentralbank oder öffentlichen Stelle emittiert oder garantiert werden und nicht den gesetzlichen Status einer Währung besitzen, aber deren Werteinheiten als Tauschmittel akzeptiert werden und auf elektronischem Wege übertragen werden können.

Definition von Token

Token sind digitale Werteinheiten, die Ansprüche oder Rechte verkörpern, deren Funktionen variieren.

Definition von Mining

Das Mining ist ein Vorgang, bei dem Rechnerleistung zur Transaktionsverarbeitung zur Verfügung gestellt wird. Dem erfolgreichen Miner werden Einheiten einer virtuellen Währung zugewiesen. Dieser Prozess wird in Anlehnung an das Goldschürfen als Mining bezeichnet.

Definition von Initial Coin Offering (ICO)

Beim Initial Coin Offering werden Token im Austausch gegen Einheiten einer virtuellen oder staatlichen Währung ausgegeben. Beim ICO wird wie beim Börsengang Kapital eingesammelt.

2. Ertragsteuerrechtliche Einordnung (Teil 2):

Tätigkeiten im Zusammenhang mit Einheiten einer virtuellen Währung und mit Token können je nach den Umständen des Einzelfalls zu verschiedenen Einkunftsarten (Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 15 EStG, Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit im Sinne des § 19 EStG, Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 EStG, Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 22 Nr. 2 EStG in Verbindung mit § 23 EStG oder sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG) führen. Das BMF differenziert insbesondere zwischen der ertragsteuerlichen Behandlung im Betriebsvermögen sowie derjenigen im Privatvermögen. Im Betriebsvermögen sind die Einheiten einer virtuellen Währung nach den allgemeinen Grundsätzen als nicht abnutzbares Wirtschaftsgut zu bilanzieren.

Ertragsteuerrechtliche Einordnung von Mining

Mining stellt einen Anschaffungsvorgang dar und kann je nach den Umständen des Einzelfalls private Vermögensverwaltung (§ 22 Nr. 3 EStG) oder gewerbliche Tätigkeit (§ 15 EStG) sein. Allerdings wird beim Mining widerlegbar vermutet, dass eine gewerbliche Tätigkeit vorliegt. Die bloße Verwaltung eigenen Vermögens ist regelmäßig jedoch keine gewerbliche Tätigkeit.

Einkünfte aus der Veräußerung von Einheiten einer virtuellen Währung

Sind die Einheiten einer virtuellen Währung Betriebsvermögen, sind auch die Veräußerungserlöse Betriebseinnahmen. Für die Abgrenzung zur privaten Vermögensverwaltung können die Kriterien zum gewerblichen Wertpapier- und Devisenhandel herangezogen werden. Gewinne aus der Veräußerung von Einheiten einer virtuellen Währung, die im Privatvermögen gehalten werden, stellen grundsätzlich Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 22 Nr. 2 in Verbindung mit § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG dar, wenn der Zeitraum zwischen der Anschaffung und der Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt. Auch der Tausch von virtuellen Währungen in staatliche Währungen als auch der Tausch in andere virtuelle Währungen stellt eine Veräußerung dar. Die Veräußerungsfrist gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG beginnt nach jedem Tausch neu.

Eintragsteuerrechtliche Einordnung im Zusammenhang mit einem Initial Coin Offering

Token können im Betriebsvermögen sowohl Eigen- als auch Fremdkapital darstellen. Die ertragsteuerrechtliche Einordnung der Erträge aus Token im Privatvermögen hängt davon ab, welche Rechte und Ansprüche die ausgegebenen Token im Einzelfall vermitteln. So führt der Gewinn/Verlust aus der Veräußerung von sog. Utility Token zu Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 22 Nr. 2 in Verbindung mit § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG, wenn der Zeitraum zwischen der Anschaffung und der Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt und die Veräußerungsfrist sich nicht nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4 EStG auf zehn Jahre verlängert (siehe Rz. 47) . Je nach Ausgestaltung können sie im Privatvermögen auch als Wertpapiere oder andere Finanzinstrumente anzusehen sein. Dafür müssen sie die Voraussetzungen des § 2 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 WpHG erfüllen. So können auch Kapitalforderungen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG vorliegen, deren Veräußerung zu Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 EStG führen. Für Arbeitnehmer, die verbilligt oder unentgeltlich Token überlassen bekommen, ist zu prüfen, ob Geldleistungen im Sinne des § 8 Abs. 1 EStG oder Sachbezüge im Sinne des § 8 Abs. 2 S. 1 EStG vorliegen.

Betroffene Normen

​§ 15 EStG, § 19 EStG, § 20 EStG, § 22 Nr. 2 EStG in Verbindung mit § 23 EStG, § 22 Nr. 3 EStG

Anmerkungen

Hinweis auf Entwicklungen auf OECD- und EU-Ebene:

Auf OECD- und EU-Ebene ist eine Ausweitung des automatischen Informationsaustauschs zwischen den Steuerbehörden auf den Bereich der Kryptowerte geplant. Bezweckt wird, dass die Steuerbehörden Informationen erhalten, um Steuerpflichtige, die Geld über Kryptowerte verdienen, besser kontrollieren zu können (siehe auch Deloitte Tax News).

Fundstelle

BMF, Entwurf vom 17.06.2021 Einzelfragen zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung von virtuellen Währungen und von Token  

Weitere Fundstellen

​BMF, Schreiben vom 27.2.2018, III C 3 - S 7160-b/13/10001, BStBl. II 2018, S. 316, siehe Deloitte Tax News

OFD Nordrhein-Westfalen, Kurzinformation Einkommensteuer Nr. 04/2018 vom 20.04.2018, DB 2018, S. 1185

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