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06.09.2013
Private Einkommensteuer

BFH: Wirtschaftliche Identität zwischen angeschafftem und veräußertem Grundstück

Die für die Annahme eines privaten Veräußerungsgeschäfts erforderliche wirtschaftliche Identität zwischen angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut ist nur teilweise gegeben, wenn ein mit einem Erbbaurecht belastetes Grundstück angeschafft und nach Löschung des Erbbaurechts kurzfristig lastenfrei weiterveräußert wird. Der Gewinnermittlung ist nur der anteilige Veräußerungspreis zugrunde zu legen, der wirtschaftlich gesehen auf das Grundstück im belasteten Zustand entfällt. Er ist ggf. im Schätzungswege zu ermitteln.

Sachverhalt

Die Kläger bildeten eine Erbengemeinschaft, auf die im Wege der Gesamtrechtsnachfolge ein Erbbaurecht übergegangen war. Im Streitjahr 2005 erwarben sie auch das mit dem Erbbaurecht belastete Grundstück. Nach Löschung des Erbbaurechts veräußerten die Kläger das nunmehr lastenfreie Grundstück im selben Jahr an Dritte. Während das Finanzamt die Steuerbarkeit der Veräußerung annahm, sah das FG in der Veräußerung des Grundstücks kein privates Veräußerungsgeschäft, da es an der wirtschaftlichen Identität zwischen dem von den Klägern angeschafften (erbbaurechtsbelasteten) Grundstück und dem ohne diese Belastung veräußerten (lastenfreien) Grundstück fehle.

Entscheidung

Unzutreffend hat das FG die wirtschaftliche (Teil-)Identität zwischen angeschafftem und veräußertem Grundstück und damit ein privates Veräußerungsgeschäft verneint.

Zu den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften zählen auch Einkünfte aus Veräußerungsgeschäften bei Grundstücken, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt (§ 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG). Aus der Intention der Vorschrift, innerhalb der Veräußerungsfrist realisierte Wertänderungen eines bestimmten Wirtschaftsguts im Privatvermögen des Steuerpflichtigen der Einkommensteuer zu unterwerfen (BFH-Urteil vom 23.08.2011), ergibt sich das Erfordernis der Nämlichkeit von angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut. Nämlichkeit bedeutet hierbei Identität im wirtschaftlichen Sinn (vgl. BFH-Urteil vom 06.04.2011). Maßgebliche Kriterien sind die Gleichartigkeit, Funktionsgleichheit und Gleichwertigkeit von angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut. Wirtschaftliche Teilidentität ist grundsätzlich ausreichend, begründet ein privates Veräußerungsgeschäft aber nur für diesen Teil des betreffenden Wirtschaftsguts (vgl. BFH-Urteil vom 21.09.2004).

Im Streitfall steht das im Anschaffungszeitpunkt, jedoch nicht mehr im Veräußerungszeitpunkt bestehende Erbbaurecht einer vollumfänglichen wirtschaftlichen Identität im Sinne einer "Gleichwertigkeit" von angeschafftem und veräußertem Grundstück entgegen. Von einer wirtschaftlichen Identität kann allerdings insoweit ausgegangen werden, als das angeschaffte (belastete) Wirtschaftsgut in dem veräußerten (unbelasteten) Wirtschaftsgut aufgegangen ist. Dem Erfordernis der Nämlichkeit ist mithin (nur) partiell genügt. Der Ermittlung des Gewinns aus einem solchen privaten Veräußerungsgeschäft ist daher auch nur der anteilige Veräußerungspreis zugrunde zu legen, der wirtschaftlich gesehen auf das Grundstück im belasteten Zustand entfällt. Er ist ggf. im Schätzungswege zu ermitteln.

Betroffene Norm
§ 22 Nr. 2 EStG, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG
Streitjahr 2005

Vorinstanz
Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 02.05.2012, 1 K 1353/09, EFG 2012, S. 1929

Fundstelle
BFH, Urteil vom 12.06.2013, IX R 31/12

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 23.08.2011, IX R 66/10, BFHE 234, S. 335, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 06.04.2011, IX R 41/10, BFH/NV 2011, S. 1850
BFH, Urteil vom 21.09.2004, IX R 36/01, BStBl II 2006, S. 12

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