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13.08.2015
Private Einkommensteuer

BFH: Berechnung des Veräußerungsgewinns eines ausscheidenden Kommanditisten mit negativem Kapitalkonto

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionsbeklagte („Kläger“) war seit 1981 bis zu seinem Ausscheiden in 1999 Kommanditist der X-GmbH & Co. KG („X-KG“). Im Zeitpunkt seines Ausscheidens entfiel auf den Kläger insgesamt ein Verlustanteil. Die X-KG nahm für alle Kommanditisten sog. „Ausschüttungen aus der Liquidität“ vor und verbuchte diese als Entnahmen der jeweiligen Anteilseigner auf deren Kapitalkonten. Aus dem Gesellschaftsvertrag der X-KG ergab sich keine Verpflichtung des Klägers zur Rückzahlung dieser „Ausschüttungen“.

Während das Finanzamt bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns des Klägers anlässlich seines Ausscheidens aus der X-KG den Gewinn aus der Auflösung seines negativen Kapitalkontos auch insoweit berücksichtigte, als das Kapitalkonto (auch) durch diese Liquiditätsausschüttungen negativ geworden war, gab das FG der dagegen erhobenen Klage statt.

Entscheidung

Das FG habe zu Unrecht keinen Veräußerungsgewinn für den Kläger festgestellt. Vielmehr sei die Feststellung des Veräußerungsgewinns durch das Finanzamt rechtmäßig.

Nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG zählten zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch Gewinne, die bei der Veräußerung des Anteils eines Mitunternehmers erzielt werden. Der dabei zu berücksichtigende Veräußerungsgewinn oder -verlust sei der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Anteils am Betriebsvermögen übersteigt (§ 16 Abs. 2 S. 1 EStG).

Scheidet ein Kommanditist gegen Entgelt aus einer KG aus, ergebe sich der Veräußerungsgewinn aus der Differenz zwischen den dem Ausscheidenden aus diesem Anlass zugewandten Leistungen (Veräußerungspreis) und seinem Kapitalkonto (z.B. BFH-Urteil v. 12.07.2012). Auch ein negatives Kapitalkonto sei dem Veräußerungspreis gegenüberzustellen und führe damit rechnerisch zur Erhöhung eines Veräußerungsgewinns, soweit es nicht ausgeglichen werde. Dabei komme es nicht darauf an, ob es sich bei der Entnahme um nach dem Gesellschaftsvertrag rückzahlungspflichtige oder nicht rückzahlungspflichtige Auszahlungen handele. Für eine solche Differenzierung bestehe kein sachlicher Grund. Auch eine nach dem Gesellschaftsvertrag rückzahlungspflichtige Auszahlung könne steuerrechtlich eine Entnahme darstellen, wenn sie nicht betrieblich veranlasst ist (BFH-Urteil vom 16.10.2014). In beiden Fällen sei die individuelle Leistungsfähigkeit des ausscheidenden Mitunternehmers durch die nicht zurückgezahlte, nicht betrieblich veranlasste Auszahlung in gleicher Weise gesteigert und stelle sich letztlich als Ertrag der mitunternehmerischen Beteiligung dar.

Ein – obgleich aus Zurechnung von Verlusten oder durch Entnahmen - negativ gewordenes Kapitalkonto bringe im Verhältnis der Gesellschafter untereinander zum Ausdruck, dass der belastete Gesellschafter am künftigen Vermögenszuwachs der Gesellschaft bis zur Auffüllung des negativen Kapitalkontos nicht beteiligt ist, sondern vielmehr seine Gewinnanteile den Mitgesellschaftern überlassen müsse (§ 169 Abs. 1 Satz 2 HGB). Diese Belastung, das Kapitalkonto mit zukünftigen Gewinnen auszugleichen, entfalle jedoch mit dem Ausscheiden des Kommanditisten aus der Gesellschaft und gehe auf die verbleibenden Gesellschafter über. Insoweit erlange der Ausscheidende mit der Befreiung von der Ausgleichsverpflichtung eine Gegenleistung für die Veräußerung seines Kommanditanteils.

Dass eine später nicht „ausgeglichene“ Entnahme, die zum Entstehen oder zu einer Erhöhung eines negativen Kapitalkontos führe, vom Kommanditisten grundsätzlich zu versteuern ist, ergebe sich schließlich auch aus § 15a Abs. 3 S. 1 EStG. Danach sei einem Kommanditisten im Fall einer vorangegangenen Verlustnutzung (§ 15a Abs. 3 S. 2 EStG) der Betrag einer Entnahme als Gewinn zuzurechnen, soweit durch die Entnahme ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entstehe oder sich erhöhe (Einlageminderung) und soweit nicht aufgrund der Entnahmen eine nach § 15a Abs. 1 S. 2 EStG zu berücksichtigende Haftung bestehe oder entstehe. Liegen die Voraussetzungen des § 15a Abs. 3 S. 1 EStG vor, sei dem Kommanditisten in Höhe der Entnahme ein Gewinn allerdings nicht erst im Jahr der Auflösung seines Kapitalkontos zuzurechnen, sondern bereits im Jahr der Entnahme.

Da die Voraussetzungen des § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG in den jeweiligen Entnahmejahren nicht vorgelegen hätten, seien die Entnahmen im Urteilsfall nicht bereits im Jahr der Auszahlung, sondern – wie vom Finanzamt zutreffend vorgenommen – erst im Rahmen der Ermittlung des Gewinns aus der Auflösung des negativen Kapitalkontos im Streitjahr gewinnerhöhend zu erfassen gewesen.

Betroffene Norm

§ 15a Abs. 3 S. 2 EStG, § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG, § 16 Abs. 2 EStG
Streitjahr 1999

Vorinstanz
FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 03.04.2012, 6 K 6267/05 B, EFG 2012 S.1837

Fundstelle
BFH, Urteil vom 09.07.2015, IV R 19/12

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 12.07.2012, IV R 12/11, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 16.10.2014, IV R 15/11, siehe Deloitte Tax-News

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