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30.11.2012
Private Einkommensteuer

BFH: Beruflicher Unfallschaden bei unterbliebener Reparatur nur begrenzt abziehbar

Erleidet ein nichtselbständig tätiger Steuerpflichtiger mit seinem privaten PKW auf einer Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte einen Unfall und veräußert er das Unfallfahrzeug in nicht repariertem Zustand, bemisst sich der als Werbungskosten abziehbare Betrag nach der Differenz zwischen dem rechnerisch ermittelten fiktiven Buchwert vor dem Unfall und dem Veräußerungserlös.

Sachverhalt

Der Kläger ist ein nichtselbständig Steuerpflichtiger, der im Streitjahr 1999 mit seinem privaten PKW auf dem Weg zwischen Arbeitsstätte und Wohnung einen Verkehrsunfall erlitt. An seinem Fahrzeug entstand ein erheblicher Schaden, der zu Reparaturkosten von ca. 10.000 DM geführt hätte. Der Wagen hatte nach den Angaben des Klägers vor dem Unfall einen Zeitwert von 11.500 DM. Der Kläger veräußerte das Fahrzeug jedoch in nicht repariertem Zustand für 3.500 DM. Nachdem der Kläger eine telefonische Auskunft bei einem Sachbearbeiter des Finanzamts eingeholt hatte, machte er die Differenz von 8.000 DM zwischen dem Zeitwert vor dem Unfall und dem Veräußerungserlös als Werbungskosten geltend.

Das beklagte Finanzamt ließ die Unfallkosten in dem Einkommensteuerbescheid für 1999 unberücksichtigt. Die nicht reparierten Unfallschäden seien nur als Absetzung für außergewöhnliche technische Abnutzung (AfaA) zu berücksichtigen. Eine solche komme aber nicht mehr in Betracht, weil der PKW im Unfallzeitpunkt rechnerisch bereits vollständig abgeschrieben gewesen sei.

Entscheidung

Das FG hat zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf eine Minderung der Einkommensteuer im Streitjahr wegen der geltend gemachten Kfz-Unfallkosten hat.

Bei der Ermittlung der Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit ist der Wertverlust seines PKW in Höhe der Differenz zwischen den Zeitwerten vor und nach dem Umfall (nach Darstellung des Klägers 8.000 DM) nicht als Werbungskosten abzuziehen.

Erleidet ein nichtselbständig tätiger Steuerpflichtiger mit seinem privaten PKW auf einer Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte einen Unfall, so kann er den dadurch entstandenen Schaden als - durch die Einkünfteerzielung aus nichtselbständiger Arbeit veranlassten - Fahrtaufwand nach § 9 Abs. 1 S. 1 EStG abziehen (vgl. BFH-Urteil vom 28.10.1994). Dieser Abzug ist aber entgegen der Auffassung des Klägers mit der Differenz zwischen dem rechnerischen Buchwert vor dem Unfall (Anschaffungskosten abzüglich fiktiver Absetzung für Abnutzung) und dem Veräußerungserlös zu bemessen.

Dies folgt aus § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7 EStG, wonach Absetzungen für Abnutzung (AfA) und für Substanzverringerung sowie erhöhte Absetzungen Werbungskosten sind. Die Vorschrift bezieht sich damit sowohl auf die lineare Abschreibung bei Wirtschaftsgütern, deren Nutzung sich auf mehr als ein Jahr erstreckt - wie bei einem PKW - (§ 7 Abs. 1 S. 1 EStG) als auch auf „erhöhte Absetzungen“, d.h. AfaA (§7 Abs. 1 S. 6, heute S. 7 EStG). Aufgrund ihres systematischen Zusammenhangs ist die AfaA nach dem Wert zu bestimmen, um den der im Jahr des Schadenseintritts vorhandene Restbuchwert des geschädigten Wirtschaftsguts durch das schädigende Ereignis gemindert wird. Danach kommt eine AfaA nicht in Betracht, wenn - wie im Streitfall - das Wirtschaftsgut bereits nach § 7 Abs. 1 S. 1 EStG abgeschrieben ist. Folglich ist die Höhe des steuerlich absetzbaren Unfallschadens mit der Differenz zwischen dem rechnerisch ermittelten fiktiven Buchwert vor dem Unfall (Anschaffungskosten abzüglich fiktiver AfA) und dem Wert des Fahrzeugs nach dem Unfall zu bemessen (vgl. BFH-Urteil vom 24.11.1994).

Die frühere Rechtsprechung des BFH, wonach die Differenz zwischen Zeitwert vor und nach dem Unfall als Werbungskosten abgezogen werden konnte (BFH-Urteile vom 09.11.1979 und vom 19.03.1982) ist mithin durch neuere Rechtsprechung auch im Bereich der Überschusseinkünfte überholt (vgl. BFH-Urteil vom 30.06.1995).

Die telefonische Auskunft eines Sachbearbeiters löst keine Bindungswirkung gegenüber dem Steuerpflichtigen aus, da nach ständiger Rechtsprechung eine Erteilung der Auskunft durch den zuständigen Sachgebietsleiter oder Vorsteher des Finanzamts erforderlich gewesen wäre (BFH-Urteile vom 13.12.1989, vom 27.10.1989 und vom 14.07.1992)

Betroffene Norm
§ 19 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 S. 1 und S. 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 Abs. 1 S. 6 EStG
Streitjahr 1999 

Vorinstanz
Finanzgericht München, Urteil vom 27.05.2008, 13 K 2693/06, EFG 2009, S. 1747

Fundstelle
BFH, Urteil vom 21.08.2012, VIII R 33/09, BStBl II 2013, S. 171

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 09.11.1979, VI R 156/77, BStBl II 1980, S. 71
BFH, Urteil vom 19.03.1982, VI R 25/80, BStBl II 1982, S. 442
BFH, Urteil vom 27.10.1989, III R 38/88, BFH/NV 1990, S. 369
BFH, Urteil vom 13.12.1989, X R 208/87, BStBl II 1990, S. 274
BFH, Urteil vom 14.07.1992, IX R 116/88, BFH/NV 1993, S. 99
BFH, Urteil vom 28.10.1994 VI R 54/94, BFH/NV 1995, S. 668
BFH, Urteil vom 24.11.1994, IV R 25/94, BStBl II 1995, S. 318
BFH, Urteil vom 30.06.1995, VI R 26/95, BStBl II 1995, S. 744

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