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03.02.2012
Private Einkommensteuer

BFH: Ausgleich von Ausgaben ist keine Entschädigung

Sachverhalt

Die Klägerin erzielte im Streitjahr 2006 u.a. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von Reihenhäusern. Die Vermietung der Reihenhäuser erfolgte umsatzsteuerfrei. Der Vorsteuerabzug aus den Baukosten wurde im Jahr der Erstattung von der Klägerin als Einnahme versteuert. Die Mietverträge wurden im Streitjahr zu unterschiedlichen Terminen mit jeweiligen Aufhebungsverträgen einvernehmlich aufgehoben. Nach den (wortgleichen) Aufhebungsverträgen erhielt die Klägerin pro Einzel-Objekt für die vorzeitige Auflösung des Mietverhältnisses und der sich daraus ergebenden finanziellen Nachteile (z.B. Umsatzsteuerrückzahlungen) und Risiken (z.B. Anschlussvermietung) eine einmalige Zahlung als Abgeltungsbetrag.

Das Finanzamt erfasste im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr nur die Beträge für die Abgeltung des Risikos der Anschlussvermietung als ermäßigt zu besteuernde Entschädigungen (§ 24 Nr. 1 i.V.m. § 34 EStG). Die Zahlungen zur Abgeltung der drohenden Vorsteuerrückzahlungen behandelte das Finanzamt als laufende Einnahmen. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren wies das Finanzgericht die Klage ab.

Entscheidung

Im Ergebnis zu Recht hat das FG für die zur Abgeltung der drohenden Vorsteuerrückzahlungen gezahlten Beträge die ermäßigte Besteuerung als Entschädigung gemäß § 24 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG versagt.

Nach § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 EStG unterliegen Entschädigungen als außerordentliche Einkünfte einem besonderen (ermäßigten) Steuersatz. Nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG sind Entschädigungen Leistungen, die "als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen" gewährt werden, d.h. an die Stelle weggefallener oder wegfallender Einnahmen treten (BFH-Urteil vom 24.10.2007). Entsprechend seinem Wortlaut zählen dazu nicht Ersatzleistungen für jede beliebige Art von Schadensfolgen, sondern lediglich solche zur Abgeltung von erlittenen oder zu erwartenden Ausfällen an Einnahmen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 10.07.1991). Erfasst werden daher nur Entschädigungen, die Einnahmen ersetzen, nicht aber solche, die Ausgaben ausgleichen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 27.07.1978). Der Ersatz "für entgangene oder entgehende Einnahmen" setzt vom Wort- und Sinnverständnis voraus, dass Einnahmen gar nicht erst angefallen, sondern ausgefallen sind oder der Ausfall (künftig) entgehender Einnahmen zu erwarten ist. Der Steuerpflichtige hat also die entsprechenden Einnahmen nicht oder noch nicht erhalten. Daher werden zunächst erhaltene (zugeflossene) und danach zurückzuzahlende oder zurückgezahlte Einnahmen ebenso wenig von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG erfasst wie Ausgaben bzw. Aufwendungen oder als solche zu behandelnde negative Einnahmen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 17.09.2009).

Diesen Maßstäben entspricht die Vorentscheidung. Das FG hat die getroffenen (wortgleichen) Aufhebungsverträge - soweit hier streitig - dahin ausgelegt, dass sie - jedenfalls aus Sicht der Klägerin - dem drohenden Anfall von Aufwendungen dienen sollten, nicht aber als Ausgleich für entgangene oder entgehende Einnahmen gedacht waren. Nach Wortlaut und Zweckbestimmung der Verträge erfolgte die Abgeltung ausdrücklich auch zum Ausgleich der sich aus der Auflösung der Mietverhältnisse "ergebenden" finanziellen Nachteile wie z.B. (möglichen) Umsatzsteuerrückzahlungen. Dass das FG hier vom Ausgleich des "entstehenden" (umsatz-)steuerlichen Nachteils spricht, ist unter Auslegungsgesichtspunkten unschädlich, zumal an die - aufgrund der Auflösung der Mietverträge - drohenden Vorsteuerrückzahlungen angeknüpft wird.

Zudem stellt sich nach den vorstehenden Maßstäben die hier streitige Zahlung an die Klägerin nicht als Ersatz "für entgangene und entgehende Einnahmen" dar. Denn weder sind der Klägerin Einnahmen entgangen, die sie ansonsten erzielt hätte, noch war der Ausfall künftiger Einnahmen zu besorgen. Vielmehr sind der Klägerin die Vorsteuererstattungen als Einnahmen zugeflossen, die sie nach Beendigung der Mietverhältnisse aufgrund der Aufhebungsverträge möglicherweise z.T. wieder hätte zurückzahlen müssen. Dieses Risiko sollten die strittigen Zahlungen vertragsgemäß abgelten. Dann handelt es sich aber um den Ausgleich evtl. zurückzuzahlender Einnahmen, die sich bei der Klägerin als Ausgaben (Werbungskosten) auswirken, also um einen von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG nicht erfassten Ausgabenausgleich. Entsprechend wurden die der Klägerin zugeflossenen Abgeltungsbeträge hinsichtlich der "Umsatzsteuerrückzahlung" im Ergebnis zu Recht nicht als Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG beurteilt.

Betroffene Norm

§ 24 Nr. 1 Buchst. a EStG, § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG
Streitjahr 2006

Vorinstanz

Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 01.09.2010, 2 K 306/08, EFG 2011, S. 1066

Fundstelle

BFH, Urteil vom 18.10.2011, IX R 58/10, BStBl II 2012, S. 286

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 24.10.2007, XI R 33/06, BFH/NV 2008, S. 361
BFH, Urteil vom 10.07.1991, X R 79/90, BFHE 165, S. 75
BFH, Urteil vom 27.07.1978, IV R 153/77, BStBl II 1979, S. 69
BFH, Urteil vom 17.09.2009, VI R 17/08, BStBl II 2010, S. 299

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