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12.07.2019
Internationales Steuerrecht

FG Münster: Anrechnung ausländischer Quellensteuer

  • Aktuell: Der BFH schließt sich der Auffassung des FG an und kommt zu dem Schluss, dass Aufwendungen für künftige Lizenzen nicht in die Ermittlung der anzurechnenden ausländischen Quellensteuer einzubeziehen sind (vgl. BFH, Urteil vom 17.08.2022, I R 14/19, siehe Deloitte Tax News).

FG Münster:

Für Zwecke der Anrechnung ausländischer Quellensteuer sind bei der Ermittlung der ausländischen Einkünfte aufgrund von Lizenzzahlungen nur solche Aufwendungen zu berücksichtigen, die mit den den Einkünften zugrundeliegenden Einnahmen in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Dies können nur die Ausgaben sein, die einen Zusammenhang zu bestehenden Lizenzansprüchen aufweisen. Aufwendungen für erst noch zu schaffende Rechte und erwartete künftige Lizenzeinnahmen stehen demgegenüber nicht mit den aktuellen Lizenzeinnahmen in Verbindung.

Sachverhalt

Ein inländisches Unternehmen erzielte aus an seine chinesische Tochtergesellschaft überlassenen Entwicklungsergebnissen Lizenzeinnahmen, die in China der Quellenbesteuerung unterlagen. Neben Betriebsausgaben, die in unmittelbarem Zusammenhang mit den Lizenzeinnahmen standen, waren im Veranlagungszeitraum 2011 weitere Aufwendungen für laufende und noch nicht abgeschlossene Entwicklungsarbeiten, die in späteren Jahren zu Lizenzvergaben und Lizenzeinnahmen aus China geführt haben, entstanden. Das Finanzamt berücksichtigte die Lizenzeinnahmen aus China in dem versteuerten Gewinn, rechnete die chinesischen Quellensteuern aber nicht an. Denn es ging unter Berücksichtigung der Entwicklungsaufwendungen von negativen ausländischen Einkünften aus.

Entscheidung

Das FG kommt entgegen der Auffassung des Finanzamts zu dem Ergebnis, dass die chinesische Quellensteuer auf die deutsche Körperschaftsteuer anzurechnen ist. Es konnte keinen wirtschaftlichen Zusammenhang des Forschungsaufwands mit den bereits erteilten Patenten und den auf ihnen beruhenden Lizenzzahlungen erkennen.

Ermittlung der ausländischen Einkünfte

Gehören ausländische Einkünfte zum Gewinn eines inländischen Betriebes, sind bei ihrer Ermittlung Betriebsausgaben und Betriebsvermögensminderungen abzuziehen, die mit den diesen Einkünften zugrundeliegenden Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§ 34c Abs. 1 S. 4 EStG). Die ausländischen Steuern sind dabei nur insoweit anzurechnen, als sie auf die im Veranlagungszeitraum bezogenen Einkünfte entfallen.

Begriff des „wirtschaftlichen Zusammenhangs“
- nach der Rechtsprechung des BFH

Der Begriff des wirtschaftlichen Zusammenhangs ist in § 34c Abs. 1 S. 4 EStG nicht definiert. Er bestimmt sich nach der Rechtsprechung des BFH nach dem allgemeinen Veranlassungsprinzip (vgl. BFH-Urteile vom 06.04.2016, I R 61/14 und vom 18.04.2018, I R 37/16). Ob und inwieweit Aufwendungen in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer Einkunftsart stehen, ist danach von den Gründen abhängig, aus denen der Steuerpflichtige die Aufwendungen vornimmt. Maßgeblich ist die Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen „auslösenden Moments“ (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 21.09.2009, GrS 1/06). Dabei ist der Veranlassungszusammenhang nicht durch die (naturwissenschaftliche) Kausalität, sondern durch das Prinzip der wertenden Selektion der Aufwandsursachen gekennzeichnet (vgl. BFH-Urteil vom 27.03.2013, I R 14/12). Insoweit sind die Gesamtumstände des jeweiligen Einzelfalls maßgebend (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 16.11.2011, VI R 97/10).

- Fortentwicklung der BFH-Rechtsprechung durch das FG

Nach dem Wortlaut des § 34c Abs. 1 S. 4 EStG bedarf es nach Auffassung des FG für den Abzug von Betriebsausgaben mithin eines wirtschaftlichen Zusammenhangs zu bestimmten Einnahmen und nicht nur allgemein zu einer bestimmten Tätigkeitsart im Ausland. Hinzu komme, dass die Definition der ausländischen Einkünfte i.S. des § 34d Nr. 7 EStG objektbezogen sei. Danach stehe die Beurteilung der Überlassung konkreter einzelner Rechte im Vordergrund und nicht die vorgelagerte Entwicklungstätigkeit.

Veranlassungszeitraumbezogene Betrachtungsweise des § 34c Abs. 1 EStG

Im Ertragsteuerrecht gilt der Grundsatz der Abschnittsbesteuerung. Sofern das Gesetz nichts Abweichendes vorgibt, ist davon auszugehen, dass es, wenn es um die Einnahmen als Ausgangsgröße der Besteuerung geht, auch nur tatsächlich dem konkreten Veranlagungszeitraum zuzuordnende Einnahmen erfassen will, zumal zukünftige Einnahmen häufig nur erwartete Einnahmen sein könnten und für die Besteuerung der Ist-Leistungsfähigkeit nicht zugrunde gelegt werden können (vgl. BFH-Beschluss vom 10.04.2013, I R 80/12). Bezogen auf § 34c Abs. 1 EStG kommt das FG zu dem Schluss, dass dem Gesetz nicht entnommen werden kann, dass es von dieser veranlagungszeitraumbezogenen Betrachtungsweise abrücken will.

Keine Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für noch zu schaffende Rechte und erwartete zukünftige Lizenzeinnahmen

Sind somit die Einnahmen des konkreten Veranlagungszeitraums der Bezugspunkt für die Prüfung, welche Betriebsausgaben bzw. Wertminderungen damit in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, so ist es nach Ansicht des FG ausgeschlossen, Betriebsausgaben für die Entwicklung künftiger Projekte und Lizenzen in die Ermittlung der ausländischen Einkünfte i.S. des § 34c Abs. 1 S. 2 EStG einzubeziehen. Denn die Entwicklungstätigkeit lasse sich vollständig wegdenken, ohne dass die konkreten Einnahmen aus China im Streitzeitraum entfallen wären.

Nichts Anderes ergebe sich durch die Erwägung, dass der Gesetzgeber durch § 34c Abs. 1 S. 4 EStG den Kreis der zu berücksichtigenden Aufwendungen erweitern und nicht nur unmittelbare, sondern auch mittelbare Aufwendungen in die Berechnung einbeziehen wollte. Auch mittelbare Aufwendungen verlangten indes stets einen – wenn auch mittelbaren – Veranlassungszusammenhang. Die Betrachtung stehe auch mit dem Sinn und Zweck der Norm, die ausländische Steuer anzurechnen, in Einklang. Die ausländische Quellensteuer knüpfe ebenfalls an tatsächliche Zahlungsvorgänge und nicht an periodisierte Ergebnisausschnitte des gewerblichen Totalgewinns an.

Betroffene Norm

§ 34c Abs. 1 S. 4 EStG a.F. (entspricht aktueller Fassung)
Streitjahr 2011

Anmerkungen

Keine Abzugsfähigkeit von Aufwendungen aus vergangenen Jahren

Nach der Entscheidung des FG sind auch nicht Aufwendungen für Forschung und Entwicklung aus vergangenen Veranlagungszeiträumen, nachträglich im Rahmen der Höchstbetragsberechnung des § 34c Abs. 1 EStG a.F. als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Denn der Norm liegt – wie bereits erläutert – eine streng veranlagungszeitraumbezogene Betrachtungsweise zugrunde, die nur danach fragt, ob Einnahmen eines konkreten Veranlagungszeitraums in derselben Zeitspanne konkrete Betriebsausgaben oder Betriebsvermögensmehrungen gegenüberstehen.
 

Fundstellen

BFH, Urteil vom 17.08.2022, I R 14/19, siehe Deloitte Tax News

Finanzgericht Münster, Urteil vom 21.11.2018, 9 K 4187/14 K, EFG 2019, S. 547

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 18.04.2018, I R 37/16, BFHE 261, S. 166, siehe Deloitte Tax-News

BFH, Urteil vom 06.04.2016, I R 61/14, BStBl II 2017, S. 48

BFH, Beschluss vom 10.04.2013, I R 80/12, BStBl II 2013, S. 1004, siehe Deloitte Tax-News

BFH, Urteil vom 27.03.2013, I R 14/12, BFH/NV 2013, S. 1768

BFH, Urteil vom 16.11.2011, VI R 97/10, BStBl II 2012, S. 343, siehe Deloitte Tax-News

BFH, Beschluss vom 21.09.2009, GrS 1/06, BStBl II 2010, S. 672, siehe Deloitte Tax-News

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