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19.01.2012
Internationales Steuerrecht

BFH: Bestimmung des für Betriebsstätten maßgeblichen Steuersatzes im Anrechnungsverfahren

Nach Ansicht des BFH hat das FG die von der Klägerin gezahlten Managementvergütungen zu Recht als vGA beurteilt. Der BFH hat das FG-Urteil aber insoweit aufgehoben, als es um die Bestimmung des für Betriebsstätten maßgeblichen Steuersatzes im (Anrechnungsverfahren) geht.

Dem FG ist nicht darin zuzustimmen, dass auf die ermittelte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage einer Betriebsstätte ein "gesplitteter" Körperschaftsteuersatz dergestalt anzuwenden ist, dass für den "ausschüttungsfähigen" Teil des zu versteuernden Einkommens der jeweils maßgebliche Ausschüttungssteuersatz und für den restlichen Teil (einschließlich des Betrags der Körperschaftsteuer als nichtabziehbare Ausgabe) der jeweils maßgebliche Thesaurierungssteuersatz greift. Zu Unrecht begründet das FG die Notwendigkeit eines "gesplitteten" Steuersatzes damit, dass sich die im BMF-Schreiben vom 17.10.2007 dargestellte Berechnungsformel, mittels derer die Vorgaben des EuGH-Urteils vom 23.02.2006 umgesetzt werden sollen, beim Vorliegen nichtabziehbarer Betriebsausgaben nicht erklären ließe. Ob jedoch die vom BMF verwendete Formel zur Berechnung des Betriebsstättensteuersatzes nach den Verhältnissen im Streitfall zu zutreffenden Ergebnissen führt, kann der BFH nicht abschließend beurteilen. Das FG hat keine Feststellungen zur Höhe der nichtabziehbaren Betriebsausgaben der Klägerin getroffen. Sein Urteil ist daher aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen, damit dieses die noch erforderlichen Feststellungen treffen kann. Sollte sich im zweiten Rechtsgang die Richtigkeit der Vergleichsberechnungen des Finanzamtes zum anwendbaren Steuersatz bestätigen, bliebe die Klage insoweit ohne Erfolg, da das Finanzamt zu Recht den jeweiligen gesetzlichen Körperschaftsteuersatz für beschränkt Steuerpflichtige angewendet hätte. Aus diesem Grund kann nach dem derzeitigen Verfahrensstand auch nicht beurteilt werden, ob sich im Streitfall die vom FG und den Beteiligten aufgeworfene Frage der Berücksichtigung der Kapitalertragsteuer bei der Bestimmung des Betriebsstättensteuersatzes stellt.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine in den Niederlanden ansässige Kapitalgesellschaft, unterhielt in Deutschland Betriebsstätten. Mit ihren mittelbaren Gesellschaftern schloss die Klägerin Managementverträge ab, wonach sich die Gesellschafter dazu verpflichteten, das Management der Klägerin einschließlich der täglichen Unternehmensleitung zu übernehmen und zu diesem Zweck einen Geschäftsführer zu bestellen. Die Geschäftsführer sollten jeweils pro Jahr Managementleistungen im Umfang von 3.100 Stunden erbringen. Die Managementvergütung sollte während der Urlaubszeit und im Fall der Arbeitsunfähigkeit des Geschäftsführers weitergezahlt werden.

Streitig war u.a. die Angemessenheit der gezahlten Managementvergütungen und die Höhe des im Anrechnungsverfahren für die Betriebsstätte geltenden Steuersatzes auf die nicht abziehbaren Aufwendungen.

Entscheidung

Das FG Berlin-Brandenburg entschied, dass die Managementvergütungen, soweit sie die Gehälter von Geschäftsführern übersteigen, als unangemessen anzusehen sind und zur Annahme einer vGA bei den deutschen Betriebsstätten der Klägerin führen. Bei den Managementverträgen handelte es sich, ungeachtet ihrer äußeren Form, um Geschäftsführeranstellungsverträge. Zum einen wurde die tägliche Leitung der Unternehmung vereinbart, also gerade jene Aufgaben erfasst, die ein angestellter Geschäftsführer typischerweise zu erfüllen hat. Zum anderen stellen auch die Vereinbarungen betreffend die auf die Klägerin abgewälzte Lohnfortzahlung im Urlaubs- und Krankheitsfall einen typischen Regelungsbereich eines Anstellungsvertrags dar, während derartige Abreden etwa in einem Beratungsverhältnis mit einem selbständigen Unternehmensberater äußerst ungewöhnlich wären. Hinzu kommt, dass die Geschäftsführer nach den vertraglich festgelegten Soll-Arbeitsstunden faktisch die gesamte ihnen zur Verfügung stehende Arbeitszeit in den Dienst der Klägerin zu stellen hatten. Demnach ist es nicht gerechtfertigt, die vorliegenden Managementverträge nach den gleichen Maßstäben zu beurteilen wie solche Verträge, die mit externen Beratern für die Beratung in eng umgrenzten Geschäftsfeldern abgeschlossen werden. Gegenstand solcher Verträge ist regelmäßig die Beratung in Fragen, die eine hoch spezialisierte Qualifikation erfordern und vom Umfang sowie von der zeitlichen Beanspruchung her üblicherweise auf kürzere Zeiten angelegt sind; dies mag im Einzelfall hohe Stundensätze rechtfertigen.

Allerdings ist auf das zu versteuernde Einkommen der Betriebsstätte, soweit es aus nicht abziehbaren Aufwendungen resultiert, nicht die von der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 17.10.2007 vertretene Steuersatzberechnungsformel anzuwenden. Eine in Deutschland durch eine rechtlich unselbständige Betriebsstätte tätige Körperschaft mit Sitz in einem anderen EU-Mitgliedsstaat darf nach den EU-Grundfreiheiten steuerlich im Grundsatz nicht schlechter gestellt werden, als hätte sie anstelle der Betriebsstätte eine inländische Tochtergesellschaft errichtet, die ihren Gewinn an ihre Muttergesellschaft ausschüttet. Die Körperschaftsteuer ist demnach nach einem gesplitteten Satz zu erheben, wobei auf den "ausschüttungsfähigen" Teil des zu versteuernden Einkommens der jeweils maßgebliche Ausschüttungssteuersatz und auf den restlichen Teil (einschließlich des Betrags der Körperschaftsteuer als nicht abziehbare Ausgabe) der jeweils maßgebliche Thesaurierungssteuersatz anzuwenden ist. Ergibt sich anhand dieser Berechnung eine höhere Körperschaftsteuerbelastung als bei Anwenden des Betriebsstättensteuersatzes auf das gesamte zu versteuernde Einkommen, hat es bei der geringeren Steuer nach dem letztgenannten Steuersatz sein Bewenden (Günstigerprüfung).

Auf den als ausgeschüttet geltenden Gewinn ist keine berechnete Kapitalertragsteuer zu berücksichtigen, da eine solche zusätzliche Belastung der Klägerin ebenso gegen das Gemeinschaftsrecht verstößt, wie dies bei dem fiktiven Alternativsachverhalt einer inländischen, ihren Gewinn ausschüttenden Tochtergesellschaft der Fall wäre. Die Grundsätze der EuGH-Urteile vom 14.12.2006, 08.11.2007 und 18.06.2009, wonach die EU-Grundfreiheiten einer Quellensteuer entgegenstehen, die nur einen im EU-Ausland ansässigen Empfänger, nicht aber einen im Quellenstaat ansässigen Empfänger, belasten würde, sind auch auf die deutsche Betriebsstätte der niederländischen Körperschaft anzuwenden. Auch der Umstand, dass die Mutter-Tochter-Richtlinie das Erheben einer Quellensteuer in den Jahren bis einschließlich 1996 nicht ausgeschlossen, sondern ausdrücklich erlaubt hat, steht dem nicht entgegen, da bloßes Richtlinienrecht einen Verstoß gegen primäres Gemeinschaftsrecht nicht zu rechtfertigen vermag. Soweit der BFH in seinem Urteil vom 22.04.2009 den Fall eines in der Schweiz ansässigen Dividendenempfängers abweichend von den vorgenannten Grundsätzen entschieden und das Beseitigen einer kapitalertragsteuerbedingten Diskriminierung als Aufgabe des Sitzstaats des Dividendenempfängers bezeichnet hat, folgt der erkennende Senat dem mit Blick auf die einschlägige Rechtsprechung des EuGH nicht: Dem Sitzstaat des Dividendenempfängers obliegt es zwar, eine etwaige Entlastung des Dividendenempfängers von der Körperschaftsteuerbelastung der die Dividende ausschüttenden Tochtergesellschaft herbeizuführen; dies gilt jedoch nicht entsprechend für eine Entlastung von der Kapitalertragsteuer.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 24.08.2011, I R 5/10, nicht amtlich veröffentlicht

Vorinstanz

Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.12.2009, 12 K 8172/06 B, EFG 2010, S. 1343

Weitere Fundstellen

BMF, Schreiben vom 17.10.2007, IV B7 - S-2800/07/0001, BStBl I 2007, S. 766. 
EuGH, Urteil vom 23.02.2006, C-253/03 "CLT-UFA", Slg. 2006, I-1831
EuGH, Urteil vom 14.12.2006, C-170/05 "Denkavit", IStR 2007, 62.
EuGH, Urteil vom 08.11.2007, C-379/05 "Amurta", IStR 2007, 853.
EuGH, Urteil vom 18.06.2009, C-303/07 "Aberdeen Property Finninvest Alpha Oy", IStR 2009, 499.
BFH, Urteil vom 22.04.2009, I R 53/07, BFH/NV 2009, 1543.
anhängige Verfassungsbeschwerde gegen BFH, Urteil vom 22.04.2009, 2 BvR 1807/09.

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