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14.11.2011
Internationales Steuerrecht

EuGH: Deutsche Vorschriften zur KapESt auf Streubesitzdividenden EU-widrig

Sachverhalt

Dividendenzahlungen deutscher Gesellschaften an inländische als auch ausländische Anteilseigner unterliegen dem deutschen Quellensteuerabzug (Kapitalertragsteuer). Die Europäische Kommission wirft der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich dieses Kapitalertragsteuerabzugs eine Ungleichbehandlung zwischen inländischen und EU-Gesellschaften bzw. Gesellschaften mit Sitz in Norwegen oder Island vor:

Dividenden, die an gebietsansässige Gesellschaften ausgeschüttet werden, bleiben bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz (§ 8b Abs. 1 S. 1 KStG) und die Kapitalertragsteuer kann angerechnet werden. Soweit der Betrag der zu entrichtenden Einkommensteuer niedriger ist als der Anrechnungsbetrag, wird der Anrechnungsbetrag erstattet (§ 36 Abs. 2 und 4 EStG). Im Ergebnis unterliegen gebietsansässige Empfängergesellschaften keiner steuerlichen Belastung durch die Kapitalertragsteuer.

Gebietsfremde Empfängergesellschaften unterliegen der endgültigen Belastung mit Kapitalertragsteuer, wenn die in der Mutter-Tochter-Richtlinie vorgesehene Mindestbeteiligung nicht erreicht ist.

Die Europäische Kommission sieht in der derzeitigen Regelung einen Verstoß Deutschlands gegen die Kapitalverkehrsfreiheit, da die derzeitige Regelung inländische Gesellschaften im Hinblick auf den Bezug von Dividenden steuerlich günstiger stelle als Gesellschaften, die in einem EU-Mitgliedstaat oder einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens ansässig seien.

Entscheidung

Mit den Vorschriften zur Kapitalertragsteuer auf Streubesitzdividenden an gebietsfremde Gesellschaften hat die Bundesrepublik Deutschland gegen die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 56 EG verstoßen. Bei Ausschüttungen an Gesellschaften mit Sitz in Island und Norwegen liegt in der Erhebung der Kapitalertragsteuer ein Verstoß gegen Art. 40 des EWR‑Abkommens vor.

Streubesitzdividenden an gebietsfremde Gesellschaften, d.h. Ausschüttungen, die nicht die in der Mutter-Tochter-Richtlinie geforderte Mindestbeteiligung erreichen, unterliegen der Kapitalertragsteuer. Die ausländischen Empfänger können die Kapitalertragsteuer nicht anrechnen, so dass sie eine abgeltende Wirkung hat. Gleiches gilt für Dividenden, die an Gesellschaften mit Sitz in Island und Norwegen ausgeschüttet werden. Sie unterliegen einer wirtschaftlich höheren Belastung als Dividenden an gebietsansässige Empfängergesellschaften, die die Möglichkeit der Anrechnung haben.

Gebietsfremde Gesellschaften befinden sich in einer vergleichbaren Situation wie gebietsansässige Gesellschaften, so dass sie nicht anders behandelt werden dürften. Die fehlende gewerbesteuerliche Belastung gebietsfremder Empfänger wird für unbeachtlich gehalten. Eine steuerliche Benachteiligung, die gegen eine Grundfreiheit verstößt, kann nicht wegen des etwaigen Bestehens anderer Vorteile als mit dem Unionsrecht vereinbar angesehen werden.

Anmerkungen

Die Kommission hat das Vertragsverletzungsverfahren von Beginn an nicht auf Dividendenzahlungen an in Liechtenstein ansässige Gesellschafter erstreckt, wohl vor dem Hintergrund, dass im Verhältnis zu Liechtenstein zum Zeitpunkt der Einleitung des Vertragsverletzungsverfahrens keine Amtshilfeverpflichtung seitens Liechtensteins bestand. Da mit Liechtenstein zum 01.01.2010 ein Informationsaustauschabkommen in Kraft getreten ist, sollte jedenfalls seit dem 01.01.2010 eine Verletzung des EWR-Abkommens auch bei Quellensteuerzahlungen an Gesellschafter in Liechtenstein zu bejahen sein.

Das Urteil betrifft im Verhältnis zu den EWR-Staaten Beteiligungen jedweder Höhe, da die Mutter-Tochterrichtlinie nur im Verhältnis zu den EU-Mitgliedstaaten gilt.

Fundstelle

EuGH, Urteil vom 20.10.2011, C-284/09 

Englische Zusammenfassung

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