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21.10.2021
Internationales Steuerrecht

EU Parlament: Reform der EU-Politik zur Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken

08.11.2022:

Die EU-Finanzminister haben sich am 08.11.2022 auf einen überarbeiteten Verhaltenskodex im Bereich der Unternehmensbesteuerung geeinigt (siehe Deloitte Tax News).

Rat der EU, Pressemittteilung vom 08.11.2022

Rat der EU, Beratungsergebnisse vom 08.11.2022

Beschluss vom 21.10.2021:

Das Europäische Parlament hebt hervor, dass es sich bei der "schwarzen Liste der EU für Steueroasen" um ein "stumpfes Schwert" handelt und eine dringend notwendige Reform bis Ende 2021 durchgeführt werden sollte. Beispielsweise seien die Britischen Jungferninseln bislang nicht auf der "schwarzen Liste der EU" enthalten, obwohl auf ihnen zwei Drittel der in den Pandora-Papieren aufgeführten Briefkastenfirmen angesiedelt sind.

EU Parlament, Beschluss vom 21.10.2021

EU Parlament, Pressemitteilung vom 21.10.2021

Beschluss vom 07.10.2021:

Nach einem Beschluss vom 07.10.2021 fordert das Europäische Parlament den Europäischen Rat und die Europäische Kommission auf, die EU-Politik zur Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken (einschließlich des Verhaltenskodexes im Bereich der Unternehmensbesteuerung) zu reformieren. Insbesondere soll im Rahmen der Reform des Verhaltenskodexes ein effektiver Steuersatz sowie klare (Mindest-)Anforderungen an die wirtschaftliche Substanz festgelegt werden, um schädliche Steuerpraktiken zu identifizieren.

Hintergrund

Bereits im Steuerpaket der EU-Kommission vom 15.07.2020 war eine „Mitteilung über verantwortliches Handeln im Steuerbereich“ enthalten (siehe Deloitte Tax News). Diese sah eine Reform des sog. Verhaltenskodexes („Code of Conduct“), der den Steuerwettbewerb regelt und schädliche Steuerpraktiken in der EU bekämpft, vor.

Nach einem Beschluss vom 07.10.2021 fordert das Europäische Parlament den Europäischen Rat und die Europäische Kommission auf, die EU-Politik zur Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken (einschließlich des Verhaltenskodexes im Bereich der Unternehmensbesteuerung) zu reformieren.

Beschluss des Europäischen Parlaments vom 07.10.2021

Der Beschluss vom 07.10.2021 besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil enthält Empfehlungen für die zukünftige Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken in der EU. Der zweite Teil beschäftigt sich mit einer Reform des Verhaltenskodexes im Bereich der Unternehmensbesteuerung.

Teil 1: Empfehlungen für die zukünftige Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken in der EU

Das Europäische Parlament macht verschiedene Vorschläge die zukünftige Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken in der EU zu verbessern, u.a.:

  • Festlegung einer Definition eines „Mindestmaßes an wirtschaftlicher Substanz“;
  • Herausgabe von Leitlinien, anhand denen Mitgliedstaaten faire und transparente Steueranreize gestalten können, ohne wettbewerbsverzerrend zu wirken;
  • Wiederaufnahme der Verhandlungen hinsichtlich der bereits im Jahr 2012 vorgeschlagenen Änderung der Zins- und Lizenzrichtlinie;
  • (Zeitliches) Vorziehen eines neuen Regelungssystems für die Unternehmensbesteuerung in Europa („Business in Europe: Framework für Income Taxation (BEFIT)“, welches eine gemeinsame steuerliche Bemessungsgrundlage und eine Neuverteilung der Besteuerungsrechte zwischen den Mitgliedstaaten (auf Grundlage der Entwicklungen der Säulen 1 und 2 auf OECD-Ebene) beinhalten soll. Bislang war ein Vorschlag hierzu für 2023 angekündigt (siehe auch Deloitte Tax-News)
  • Bewertung der Wirksamkeit von Patentboxen und anderen Regelungen für geistiges Eigentum im Rahmen des neuen Nexus-Ansatzes gemäß BEPS-Aktion Nr. 5 der OECD;
  • Befürwortung einer globalen Mindestbesteuerung, auch wenn global keine Einigung erzielt werden könnte.

Teil 2: Reform des Verhaltenskodex im Bereich der Unternehmensbesteuerung

Das Europäische Parlament fordert den Europäischen Rat dazu auf den Verhaltenskodex im Bereich der Unternehmensbesteuerung zu reformieren und hat insbesondere folgende Vorschläge eingebracht:

  • Forderung nach einem „verbindlichen“ Verhaltenskodex;
  • Forderung nach mehr Transparenz über die Entscheidungsfindung hinsichtlich des Verhaltenskodexes;
  • Einbezug einer Expertengruppe aus der zivilen Bevölkerung, der Kommission und des Parlaments;
  • Festlegung eines Kriteriums für den effektiven Steuersatz, der dem international vereinbarten Mindeststeuersatz im Rahmen der zweiten BEPS-Säule der OECD entspricht bzw. mit diesem vereinbar ist (siehe Deloitte Tax News), sowie klare Anforderungen an die wirtschaftliche Substanz, um zu beurteilen, ob eine Steuerregelung potenziell schädlich ist;
  • Entwicklung eines „Rahmens für aggressive Steuervereinbarungen und niedrige Steuersätze“, der letztlich den derzeitigen Verhaltenskodex ersetzen soll. Ziel ist es, steuerliche Maßnahmen, die zu einem deutlich niedrigeren effektiven Steuerniveau führen, als dem, welches in dem betreffenden Mitgliedstaat im Allgemeinen gilt, zu bekämpfen.
  • Den Mitgliedstaaten soll es möglich sein, Gegenmaßnahmen zu ergreifen, wenn ein anderer Mitgliedstaat eine als schädlich eingestufte Regelung nicht innerhalb von zwei Jahren abschafft, insbesondere: Nichtabzugsfähigkeit von Betriebsausgaben, Belastung mit Quellensteuern, Rücknahme von Steuerbefreiungen auf Beteiligungsveräußerungen, besondere Dokumentationspflichten (insbesondere in Bezug auf Verrechnungspreise).

EU Parlament, Beschluss vom 07.10.2021

EU Parlament, Pressemittelung vom 07.10.2021

Anmerkungen

Hintergrund zum Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung

Der Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung ist seit seiner Festlegung im Jahr 1997 das wichtigste Instrument der EU zur Vermeidung von schädlichem Steuerwettbewerb. Er beruht auf der Prämisse, dass der Steuerwettbewerb zwischen Ländern zwar nicht per se problematisch ist, es aber gemeinsame Grundsätze geben muss, um zu regeln, inwieweit die Ländern Steuerregelungen und Steuerpolitik dafür einsetzen dürfen, Unternehmen und Gewinne anzuziehen.

Der Kodex ist ein nicht rechtsverbindliches Instrument, dass auf gegenseitiger Überprüfung und einer Art Gruppenzwang zwischen den Mitgliedstaaten basiert. Er umfasst Grundsätze für eine faire Besteuerung und wird angewandt, um zu entscheiden, ob eine Steuerregelung schädlich ist oder nicht. Wenn sich eine Steuermaßnahme als schädlich herausstellt, soll der betroffene Mitgliedstaat diese ändern oder aufheben. 

Abgesehen von den Errungenschaften des Kodex innerhalb der EU hatte er in den letzten Jahren auch bemerkenswerte Auswirkungen auf die globalen steuerlichen Rahmenbedingungen. Das liegt daran, dass er die Grundlage für die Bewertung von Drittländern im Zusammenhang mit der EU-Liste der nicht kooperativen Länder und Gebiete ist.

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