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11.08.2014
Indirekte Steuern/Zoll

FG Hamburg: Umsatzsteuerbefreiung für Fremdhistologien

Das FG Hamburg hat entschieden, dass die Umsätze eines Laborarztes, der Gewebeproben anderer Ärzte und/oder Krankenhäuser analysiert und befundet, nach § 4 Nr. 14 lit. a UStG von der Umsatzsteuer befreit sind.

Sachverhalt

Eine ärztliche Gemeinschaftspraxis in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) betreibt ein eigenes Labor zur Analyse und Befundung von Gewebeproben und erbringt Leistungen im Bereich der Dermatologie, Allergologie, operativen Dermatologie, Gefäßchirurgie sowie dermatologischen und allergologischen Labordiagnostik einschließlich der Histopathologie für eigene Patienten und Patienten anderer Ärzte.

Unstreitig war, dass die Leistungen i.R.d. der Untersuchung von Gewebeproben von eigenen (Privat-) Patienten von der Umsatzsteuer befreit sind. Streitig war jedoch, ob auch die Leistungen i.R.d. Befundung und Analyse von Gewebeproben anderer niedergelassener oder privatärztlich tätiger Ärzte und Kliniken (sogenannte Fremdhistologien) von der Umsatzsteuer befreit sind. Die Fremdhistologien werden entweder gegenüber dem Einsender, einem niedergelassenen Arzt oder einer Klinik, abgerechnet oder direkt gegenüber dem Patienten, wenn es sich um Privatpatienten oder um Selbstzahler handelt.

Mit der Umsatzsteuer-Voranmeldung für März 2012 meldete die Klägerin Umsatzsteuer in Höhe von 12.065,83 € an. Sie erklärte darin alle Laborumsätze, auch die aus Fremdhistologien als umsatzsteuerfrei. Ergänzend schlüsselte sie die Einnahmen auf und wies die aus der Fremdhistologie gesondert aus.

Mit Bescheid vom 24.05.2012 setzte der Beklagte die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für März 2012 abweichend fest, weil er die Auffassung vertrat, dass die Laborleistungen der Klägerin, die gegenüber anderen Ärzten und Kliniken erbracht werden, nicht unter die Regelung des § 4 Nr. 14 des Umsatzsteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (UStG) fielen.

Entscheidung

Das FG Hamburg entschied, dass die Umsätze aus Fremdhistologien nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG steuerbefreit sind. Auch insoweit handelt es sich um Umsätze aus Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin (1.), die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt durchgeführt werden (2.). Eines persönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient bedarf es für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG nicht (3.).

(1.) Bei der von der Klägerin auf Anordnung von Ärzten oder auch Kliniken durchgeführten Analyse von Gewebeproben handelt es sich danach um Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, denn sie dienen der Diagnose, Behandlung und Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen. Der Begriff der Heilbehandlung sei im Lichte der Rechtsprechung es EuGH weit zu verstehen. Die histologischen Untersuchungen indizieren unter anderem die Art der Behandlung und dienen damit der Vorbereitung und Unterstützung der Heilbehandlung durch die einsendenden Ärzte und Kliniken.

(2.) Die Heilbehandlungen werden auch im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt durchgeführt.

(3.) Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG erfordert im vorliegenden Fall auch kein persönliches Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient.

Nach Auffassung Der Finanzverwaltung, die sich auf Tz. 4.14.1. und Tz. 4.14.5. Abs. 9 des Umsatzsteueranwendungserlasses sowie das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 26.06.2009 (IV B 9 - S7170/08/10009, BGBl I 2009, 756) stützt, sind Leistungen von Laborärzten, die nicht auf einem persönlichen Vertrauensverhältnis zum Patienten beruhen, nicht von der Umsatzsteuer befreit. In Abgrenzung zu den Leistungen nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG seien nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG nur solche Leistungen von der Umsatzsteuer befreit, die außerhalb von Krankenhäusern oder ähnlichen Einrichtungen im Rahmen eines persönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen Patienten und Behandelndem, z. B. in Praxisräumen des Behandelnden, in der Wohnung des Patienten oder an einem anderen Ort erbracht werden.

Das FG Hamburg betont, dass dem Wortlaut des § 4 Nr. 14 Buchst. a S. 1 UStG das Erfordernis eines persönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient nicht entnommen werden kann. Ebenso wenig ergibt sich diese Voraussetzungen aus dem Wortlaut des Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL, dessen Umsetzung in das nationale Steuerrecht durch § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG erfolgt ist. Dies entspricht ebenfalls der Rechtsprechung des EuGH. Auch nach der Rechtsprechung des BFH ist für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG ein Vertrauensverhältnis zum Patienten nicht erforderlich. In dem Urteil vom 29.06.2011 (XI R 52/07, BFH/NV 2011, 1806), das im Anschluss an das Vorabentscheidungsersuchen in der Rechtssache Verigen (EuGH Az.: C-156/09) ergangen ist, stellt der BFH fest, dass ein Vertrauensverhältnis zum Patienten nicht ausnahmslos Voraussetzung für die Steuerbefreiung einer Tätigkeit im Rahmen einer Heilbehandlung ist. Diese Rechtsprechung wird vom BFH in einer Entscheidung über infektionshygienische Leistungen eines Arztes fortgeführt (BFH-Urt. vom 18.08.2011 V R 27/10, BFH/NV 2011, 2214).

Das FG hat es offengelassen, ob die Laborärzte der Klägerin auf Grund der Besonderheiten der von ihnen erbrachten Leistungen von einem Vertrauensverhältnis mit umfasst sind.

Die Finanzverwaltung legte Revision ein; das Verfahren ist beim BFH unter dem Az.: XI R 48/13 anhängig.

Betroffene Norm

UStG § 4 Nr. 14a; MwStSystRL Art. 132 Abs. 1

Fundstelle

FG Hamburg 23.10.2013, 2 K 349/12, EFG 2014, 383

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