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12.03.2021
Indirekte Steuern/Zoll

EuGH: Umsatzsteuer bei Leistungen zwischen einer Gesellschaft und ihrer ausländischen Zweigniederlassung

Der EuGH hat sich nach seinem Urteil in der Rechtssache „Skandia America“ (C-7/13) erneut dazu geäußert, wie Leistungen zwischen einer Gesellschaft und ihrer ausländischen Betriebsstätte zu beurteilen sind, wenn eine umsatzsteuerliche Organschaft vorliegt. Es bleibt abzuwarten, ob und wie die deutsche Finanzverwaltung diese Urteilsgrundsätze anwenden wird.

Sachverhalt

Klägerin ist die schwedische Zweigniederlassung der dänischen Gesellschaft Danske Bank A/S. Die Danske Bank A/S ist in Dänemark Teil einer umsatzsteuerlichen Organschaft nach dänischem Recht (entsprechend der Mehrwertsteuergruppe i.S.v. Art. 11 MwStSystRL). Danach können, wie in Deutschland auch, im Ausland belegene Betriebsstätten nicht Teil des umsatzsteuerlichen Organkreises sein. Die Klägerin war nicht Teil einer umsatzsteuerlichen Organschaft in Schweden.

Die Danske Bank A/S verwendet im Rahmen ihrer Tätigkeit in den skandinavischen Ländern eine IT-Plattform. Die im Zusammenhang mit der Nutzung der Plattform für die Tätigkeiten in Schweden anfallenden Kosten hat sie der Klägerin zugerechnet. Die Klägerin möchte wissen, ob sie als Empfängerin in Schweden die Umsatzsteuer für die Dienstleistung „Nutzung der IT-Plattform“ abführen muss.

Das vorlegende schwedische Gericht ist sich vor dem Hintergrund der EuGH-Rechtsprechung zum Verhältnis von Zweigniederlassungen und Mehrwertsteuergruppen / umsatzsteuerlichen Organschaften (Urteil vom 23.03.2006, Rs. C-210/04 „FCE Bank“ und Urteil vom 17.09.2014, Rs. C-7/13 „Skandia America“) unsicher, ob im vorliegenden Fall die Hauptniederlassung und die Klägerin als getrennte Steuerpflichtige zu betrachten sind, weil die Hauptniederlassung in Dänemark Teil einer umsatzsteuerlichen Organschaft ist.

Entscheidung

Der EuGH hat entschieden, dass die Leistungen zwischen einer Gesellschaft und ihrer im Ausland belegenen Betriebsstätte der Umsatzsteuer unterliegen. Die umsatzsteuerliche Organschaft, zu der die Gesellschaft gehört, geht vor und verhindert, dass die Gesellschaft und ihre ausländische Betriebsstätte ein Unternehmen bilden. Die Leistungen zwischen der Gesellschaft und ihrer Betriebsstätte unterliegen daher den allgemeinen umsatzsteuerlichen Grundsätzen für Leistungen zwischen fremden Dritten.

Anmerkungen

Der EuGH räumt erneut der umsatzsteuerlichen Organschaft Vorrang vor dem Grundsatz ein, dass Leistungen zwischen einer Gesellschaft und ihrer ausländischen Betriebsstätte als innerhalb eines Unternehmens erbracht gelten. Dabei wird dieser Grundsatz ausdrücklich nicht aufgegeben, sondern es wird nur klargestellt, dass das Bestehen einer umsatzsteuerlichen Organschaft ihn faktisch aushebelt.

Der EuGH führt damit auch seine Rechtsprechung aus dem Jahr 2014 fort: In dem Urteil in der Rechtssache „Skandia America“ (17.09.2014, Rs. C-7/13) hatte der EuGH sich zu dem umgekehrten Fall geäußert, dass eine Gesellschaft aus dem Drittland Leistungen an ihre Zweigniederlassung erbracht hat, die in Schweden Teil einer umsatzsteuerlichen Organschaft war (vgl. Deloitte Tax-News). Er hatte entschieden, dass diese Leistungen nicht zwischen Haupthaus und Zweigniederlassung innerhalb eines Unternehmens ausgetauscht werden, sondern vom Haupthaus an die umsatzsteuerliche Organschaft, deren Teil die Zweigniederlassung war, erbracht wurde. Die Leistung war damit von der umsatzsteuerlichen Organschaft als Leistungsempfängerin in Schweden der Umsatzsteuer zu unterwerfen.

Praktische Hinweise

Das Urteil hat v.a. Auswirkungen auf international tätige Unternehmen, die über Betriebsstätten agieren und nicht oder nur teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Sofern zwischen einer Gesellschaft und einer Betriebsstätte Leistungen in Deutschland aus dem Ausland bezogen werden, müssen diese bislang nicht als Umsätze im Rahmen des Reverse-Charge-Verfahrens der Umsatzsteuer unterworfen werden, denn die Grundsätze des Urteils „Skandia America“ werden bislang von der deutschen Finanzverwaltung nicht angewandt. Unabhängig vom Bestehen einer umsatzsteuerlichen Organschaft werden Leistungen zwischen einer Gesellschaft und ihrer ausländischen Betriebsstätte als innerhalb eines Unternehmens erbracht angesehen und müssen aus deutscher Sicht nicht der Umsatzsteuer unterworfen werden (Abschnitt 2.9 Abs. 2 Satz 2 UStAE (Stand: 11.01.2021)).

Das BMF hatte 2018 den Entwurf eines Schreibens zu den Konsequenzen des EuGH-Urteils „Skandia America“ veröffentlicht (vgl. Deloitte Tax-News). Danach sollten die vom EuGH entwickelten Grundsätze nicht allgemein, sondern nur begrenzt auf solche Fälle anwendbar sein, in denen Leistungen zwischen einer Hauptniederlassung in einem Drittland und ihrer Betriebsstätte, die in einem EU-Mitgliedstaat einer Mehrwertsteuergruppe angehört, ausgetauscht werden. Eine finale Fassung des Schreibens ist bislang noch nicht veröffentlicht worden.

Es bleibt abzuwarten, ob und wie die deutsche Finanzverwaltung sich nach dem jetzt vorliegenden Urteil des EuGH in der Rechtssache „Danske Bank A/S“ positionieren wird. Es bleibt zu hoffen, dass eine mögliche Änderung der Rechtsauffassung mit einer großzügigen Nichtbeanstandungsregelung einhergehen wird. Weiterhin bleibt spannend, ob die Finanzverwaltung ggf. die beim EuGH zur umsatzsteuerlichen Organschaft anhängigen Verfahren (Vorlageentscheidung des BFH vom 11.12.2019, Az. XI R 16/18 und Vorlageentscheidung des BFH vom 07.05.2020, Az. V R 40/19) abwarten wird, bevor sie sich zu dem Thema äußert.

Das Urteil „Danske Bank A/S“ ist v.a. im Hinblick auf den Vorsteuerabzug auch im Zusammenhang mit dem Urteil in der Rechtssache „Morgan Stanley & Co. International“ (24.01.2019, C-165/17) zu sehen, in dem der EuGH sich zur Ermittlung des Vorsteuerabzugs im Verhältnis von Haupt- und Zweigniederlassung geäußert hat.

Betroffene Normen

Art. 2 Abs. lit. c MwStSystRL
Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL
Art. 11 MwStSystRL
§ 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 UStG
Abschnitt 2.9 UStAE

Fundstelle

EuGH, Urteil vom 11.03.2021, Rs. C-812/19 „Danske Bank A/S“

 

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