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28.12.2017
Indirekte Steuern/Zoll

EuGH: Rabatte nach dem Arzneimittelrabattgesetz gegenüber privaten Krankenversicherungen

Die Ungleichbehandlung von Rabatten nach dem Arzneimittelrabattgesetz bei gesetzlich und privat Versicherten im Umsatzsteuerrecht ist europarechtswidrig.

Hintergrund

 In Deutschland geben die Apotheken aufgrund von Einzelverträgen mit privat Krankenversicherten die Arzneimittel direkt an diese ab. Im Gegensatz zu gesetzlichen Krankenkassen sind die privaten Krankenversicherer nicht selbst Abnehmer der Arzneimittel, sondern erstatten ihren Versicherten lediglich die beim Kauf von Arzneimitteln entstandenen Kosten. Pharmazeutische Unternehmen müssen dann nach § 1 AMRabG dem privaten Krankenversicherer einen Abschlag auf den Arzneimittelpreis gewähren. Dieser Abschlag wurde von der Finanzverwaltung bislang nicht als umsatzsteuerrechtliche Entgeltminderung anerkannt, so dass sich der gesetzliche Rabatt im Rahmen der privaten Krankenversicherung anders als im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung nicht entgeltmindernd auswirkte (siehe Deloitte Tax News).

Entscheidung

 Der Abschlag den ein pharmazeutisches Unternehmen aufgrund des AMRabG einem privaten Krankenversicherer gewährt, führt nach Auffassung des EuGH zur Minderung der Bemessungsgrundlage für das pharmazeutische Unternehmen, wenn es

  • Arzneimittel über Großhändler an Apotheken liefert,
  • die die Arzneimittel an privat Krankenversicherte liefern,
  • denen von der privaten Krankenversicherung die Kosten für den Bezug der Arzneimittel erstattet werden.

In diesen Fällen ist die Bemessungsgrundlage für das pharmazeutische Unternehmen um den Rabatt zu mindern. Demnach bildet der Verkaufspreis an die Apotheken, abzüglich des Abschlags, der gegenüber den privaten Krankenversicherern anfällt, wenn diese den Versicherten die Kosten für die Arzneimittel erstattet haben, die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage. Damit folgt der EuGH der Ansicht des Generalanwalts, wonach eine Vertragsbeziehung zwischen dem pharmazeutischen Unternehmen und den privaten Krankenversicherern, denen sie nach dem Arzneimittelkauf einen Rabatt gewähren muss, nicht erforderlich ist, damit eine Minderung der Bemessungsgrundlage in Betracht kommt. Die beim Kauf der Arzneimittel geleisteten Zahlungen stellen die Gegenleistung der Versicherten dar, wenn diese die Erstattung von den privaten Krankenversicherern begehren und Letztere den Rabatt erhalten, den ihnen das pharmazeutische Unternehmen gewähren muss. Die privaten Krankenversicherer sind damit nach Auffassung des EuGH als Endverbraucher einer Lieferung durch ein steuerpflichtiges pharmazeutisches Unternehmen anzusehen, so dass der von der Finanzverwaltung erhobene Betrag den vom Endverbraucher gezahlten Betrag nicht übersteigen darf.

Anmerkung

 Der EuGH bestätigt seine in der Rechtssache Elida Gibbs, EuGH Urteil vom 24.10.1994, C- 317/94, aufgestellten Grundsätze zur Bestimmung der Besteuerungsgrundlage im Rahmen der Gewährung von Rabatten und legt diese zugunsten der betroffenen pharmazeutischen Unternehmen, deren Steuerlast sich deutlich verringern wird, weit aus. Während das Urteil Elida Gibbs den Fall einer Rabattgewährung zwischen den Parteien eines Leistungsaustauschverhältnisses betrifft, bezieht sich das vorliegende Urteil auf eine „Mehrparteien-Konstellation“, bei der die Gewährung des Rabatts gesetzlich im AMRaG vorgeschrieben ist.

Der EuGH hält vordergründig an seiner in der Rechtssache Ibero Tours (EuGH v. 16.01.2014 C-300/12) vertretenen Rechtsauffassung fest, wonach eine Minderung der Bemessungsgrundlage nur in Betracht kommt, wenn sowohl der Rabattzahler als auch der Rabattempfänger Teile einer Leistungskette sind. Dies dürfte auch der Grund dafür sein, dass der Gerichtshof das Versicherungsunternehmen als „Endverbraucher“ betrachtet, was angesichts der zivilrechtlichen Leistungsbeziehungen befremdet.
Tatsächlich dehnt der EuGH seine in der Rechtssache Elida Gibbs begründete Rechtsprechung aus Gründen der Neutralität auf Sachverhalte aus, bei denen Zahlender und Zahlungsempfänger nicht Teil einer Leistungskette sind. Die Grundsätze der Rechtsprechung dürften daher auch auf andere Sachverhalte übertragbar sein, bei denen der Rabatt zwar nicht innerhalb einer Leistungskette gewährt wird, die Besteuerung auf der Grundlage der ungeminderten Bemessungsgrundlage aber gegen den Grundsatz der Neutralität verstoßen würde.

Betroffene Norm

Art. 73, 90 Abs. 1 MwStSystRL; §§ 10 Abs. 1 Satz 2, 17 Abs. 1 Satz 1 UStG; § 1 AMRabG

Vorinstanz

BFH, Beschluss vom 22.06.2016, V R 42/15

Fundstelle

EuGH, Urteil vom 20.12.2017, C‑462/16

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