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12.12.2018
Indirekte Steuern/Zoll

EuGH: Keine uneingeschränkte Vorfinanzierung der Umsatzsteuer

Unternehmer, die der Soll-Versteuerung unterliegen, müssen die Umsatzsteuer unter gewissen Voraussetzungen nicht mehr uneingeschränkt vorfinanzieren. Vielmehr kommt es in diesen Fällen für die Entrichtung der Umsatzsteuer auf den Zeitpunkt der Zahlung an. Dies ergibt sich aus dem Urteil des EuGH in der Rechtsache „baumgarten sports & more GmbH“.

Hintergrund

Die baumgarten sports & more GmbH ist Vermittler von Profi-Fußballspielern und unterliegt der sogenannten Soll-Besteuerung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG. In 2012 wurde ein Spieler erfolgreich vermittelt; die Provisionsvereinbarung sah vor, dass die Vermittlungsprovision anteilig halbjährlich an die Gesellschaft ausbezahlt wird, solange der Spieler bei dem betreffenden Verein unter Vertrag steht und eine Lizenz der Deutschen Fußball Liga besteht. Die baumgarten sports & more GmbH betrachtete die Vermittlungsleistung als Teilleistung und versteuerte die Provisionen analog dem Erhalt der erhaltenen Provisionszahlungen über einen Zeitraum von drei Jahren.

Im Rahmen einer Außenprüfung ging das zuständige Finanzamt Goslar davon aus, dass die Provisionen bereits im Jahr 2012 vollumfänglich der Umsatzsteuer unterlägen wären und erhob die Umsatzsteuer nach. Gegen diese Festsetzung ging die baumgarten sports & more GmbH vor.

Der BFH als Revisionsinstanz legte dem EuGH drei Fragen vor, die sich in diesem Zusammenhang aus der Auslegung der MwStSystRL, insbesondere jedoch im Hinblick auf die Grundsätze der Gleichbehandlung und Verhältnismäßigkeit ergeben haben, bzw. unter welchen Voraussetzungen eine Änderung der Bemessungsgrundlage im Sinne des § 17 UStG vorliegt.

Entscheidung

In einem knappen Urteil geht der EuGH davon aus, dass es sich bei den fraglichen Leistungen um Leistungen handelt, für die die Umsatzsteuer zum Zeitpunkt der Zahlung eintritt und nicht bereits zum Zeitpunkt der Vermittlung. Dies zu prüfen ist zwar Sache des nationalen Gerichts, der EuGH geht jedoch davon aus, dass im vorgelegten Fall eine solche Leistung gegeben ist und somit die Umsatzsteuer erst bei Erhalt der Zahlung entsteht.

Aufgrund der positiven Beantwortung der ersten beiden Vorlagefragen, musste der EuGH zu einer möglichen Änderung der Bemessungsgrundlage keine Aussage mehr treffen.

Anmerkung

Die Vorlage des BFH selbst war nicht ganz unumstritten (Stadie in UR 2018, 3), aber in der Praxis durchaus begrüßenswert. Nach seinem Grundsatzurteil zu den Sicherungseinbehalten in der Baubranche (BFH, Urteil vom 24.10.2013, V R 31/12), welches im Nachgang in Abschnitt 17.1 Abs. 5 S. 3 ff UStAE eingeflossen ist, hat der BFH erneut Zweifel an der Rechtmäßigkeit überlanger Vorfinanzierung von Umsatzsteuer gehegt, da dieser den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und Gleichbehandlung verletzt sieht.

Diese Entscheidung ist sicherlich keine generelle Abkehr des Prinzips der Soll-Besteuerung in § 13 Abs. 1 Nr. 1 UStG, jedoch hilft dieses Urteil in bestimmen Praxisfällen sehr. Wohl häufiger als bei Spielervermittlern ist nämlich beim sogenannten Mietkauf oder auch bei anderen Leasingkonstellationen eine Vorfinanzierung der Umsatzsteuer nötig. Aufgrund der Tatsache, dass die wirtschaftliche Verfügungsmacht bereits mit Zurverfügungstellen des Mietkauf- bzw. Leasinggegenstandes übergeht, ist die umsatzsteuerliche Lieferung und somit auch der Steuertatbestand erfüllt.

In diesen Fällen entsteht die Umsatzsteuer in voller Höhe (auf die Summe aller Ratenzahlungen) mit Übergang der Verfügungsmacht. In der Praxis wird in B2B-Fällen aufgrund des Vorsteuerabzugsrechts des Erwerbers, meist auch die Umsatzsteuer in voller Höhe mit der ersten Rate in Rechnung gestellt, sodass eine Vorfinanzierung der Umsatzsteuer vermieden wird.

In Fällen, in denen dies nicht möglich ist, musste der Verkäufer/Leasinggeber den Umsatzsteuerbetrag vorfinanzieren. Dies könnte anhand der neuen Rechtsprechung nicht mehr nötig sein.
Zu beachten ist jedoch, dass der EuGH dies anhand von Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL begründet. Das heißt, nur bestimmte Lieferungen und Dienstleistungen, die zu aufeinander folgenden Abrechnungen Anlass geben, gelten als mit der Zahlung bewirkt.

Für diese Dauerleistungen bzw. speziellen Formen der Lieferungen kann sich aufgrund der neuen Rechtsprechung ein teilweise erheblicher cash-flow Vorteil ergeben. Das nun folgende BFH-Urteil kann mit Spannung erwartet werden. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass der BFH den Fall zur weiteren Aufklärung, ob ein vom EuGH geforderter Anwendungsfall des Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL vorliegt, an das FG als Tatsacheninstanz zurückverweist. 

Betroffene Norm

 §§ 13, 17, 20 UStG

Vorinstanz

BFH, Beschluss vom 21.06.2017, V R 51/16, BFH/NV 2017, S. 1576

Fundstelle

EuGH, Urteil vom 29.11.2018, C-548/17

Weitere Fundstelle

BFH, Urteil vom 24.10.2013, V R 31/12, BStBl. II 2015, S. 674

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