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10.07.2018
Indirekte Steuern/Zoll

EuGH: Keine Einschränkung des Vorsteuerabzugs bei wirtschaftlich tätiger Holding

Eine Holding, die Vermietungsleistungen an ihre Tochtergesellschaften erbringt, wird dadurch unternehmerisch tätig. Sie ist vollumfänglich zum Vorsteuerabzug berechtigt. Weder die erzielten Umsätze bzw. Einkünfte noch das Ergebnis dieser wirtschaftlichen Tätigkeit dürfen das Vorsteuerabzugsrecht einschränken.

Sachverhalt

Wieder einmal hatte der EuGH über das Vorsteuerabzugsrecht einer Holding zu entscheiden. Die Marle Participations ist eine Holdinggesellschaft des Marle-Konzerns, der orthopädische Implantate herstellt. Ihr Gesellschaftszweck besteht u.a. darin, Anteile an mehreren Tochtergesellschaften des Konzerns zu verwalten. Diesen vermietete sie außerdem ein Gebäude.

Marle führte eine Umstrukturierung des Konzerns durch und nahm hierfür umsatzsteuerbelastete Dienstleistungen in Anspruch. Das Recht zum Vorsteuerabzug aus diesen Eingangsleistungen bildete den Gegenstand des Verfahrens, das notwendig wurde, weil die Finanzverwaltung den Abzug in Frage stellte.

Entscheidung

Der EuGH hat entschieden, dass die Vermietung durch Marle als wirtschaftliche Tätigkeit anzusehen ist, die, sofern die Umsätze steuerpflichtig sind, vollumfänglich zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Zwar können der bloße Erwerb und das bloße Halten von Gesellschaftsanteilen nicht als wirtschaftliche Tätigkeiten angesehen werden. Etwas Anderes gilt jedoch, wenn die Beteiligungen unbeschadet der Rechte, die dem Anteilseigner in seiner Eigenschaft als Aktionär oder Gesellschafter zustehen, mit unmittelbaren oder mittelbaren Eingriffen in die Verwaltung der Gesellschaft einhergehen. Der Begriff „Eingriff einer Holding in die Verwaltung ihrer Tochtergesellschaft“ ist deshalb dahin zu verstehen, dass er alle Umsätze umfasst, die eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der Mehrwertsteuerrichtlinie darstellen und von der Holding für ihre Tochtergesellschaft erbracht werden. Die Vermietung eines Gebäudes stellt einen derartigen Eingriff dar.

Kosten, die mit dem Erwerb von Beteiligungen getragen werden, an deren Verwaltung die Holding teilnimmt, sind als Teil der allgemeinen Aufwendungen der Holdinggesellschaft anzusehen und können grundsätzlich vollständig abgezogen werden.

Bei der Bewertung des Vorsteuerabzugsrechts dürfen weder der Umsatz, den diese Gesellschaft aus Vermietungsdienstleistungen an diese Tochtergesellschaften erzielte, noch ihre Einkünfte aus ihrer Beteiligung am Kapital der Tochtergesellschaften berücksichtigt werden. Das Vorsteuerabzugsrecht ist zu gewährleisten, ohne es an ein Kriterium wie das Ergebnis der Wirtschaftstätigkeit des Steuerpflichtigen zu knüpfen.

Anmerkungen

Der Streit um den Vorsteuerabzug der Holding wird seit Jahrzehnten vor den obersten Gerichten ausgetragen. In den verbundenen Rechtssachen Larentia + Minerva und Marenave Schifffahrt (EuGH v. C-108/14 und 109/14, BStBl. II 2017, 604) hatte der EuGH eigentlich mit hinreichender Deutlichkeit ausgeführt, dass eine nach allgemeinen Kriterien unternehmerisch tätige Holding grundsätzlich in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, es sei denn, sie verwendet steuerbelastete Eingangsleistungen für die Bewirkung steuerfreier, den Vorsteuerabzug ausschließender Umsätze.

Trotz dieser klaren Aussage hält der BFH und ihm folgend die Finanzverwaltung, eine „Erforderlichkeitsprüfung“ für rechtmäßig. Demnach sei der Vorsteuerabzug für Kosten, derer es für die Ausführung besteuerter Umsätze nicht bedurfte (BFH v. 6.4.2016 V R 6/14 Rz. 34; Abschn. 15.22 Abs. 1 Satz 4 UStAE) zu versagen. Dieser Rechtsstandpunkt dürfte angesichts der nun vorliegenden jüngsten Entscheidung des EuGH nicht mehr haltbar sein.

Betroffene Normen

UStG § 2, § 15; MwStSystRL Art. 2, Art. 9, Art. 168

Fundstelle

EuGH, Urteil vom 05.07.2018, C-320/17  

Weiterführende Literatur

BFH v. 6.4.2016, V R 6/14, MwStR 2016, 626
Abschn. 15.22 Abs. 1 Satz 4 UStAE

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