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20.07.2017
Indirekte Steuern/Zoll

EuGH-Generalanwalt: Rabatte nach dem Arzneimittelrabattgesetz gegenüber privaten Krankenversicherungen mindern die umsatzsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage

 Nach Ansicht des Generalanwalts beim EuGH dürfen Rabatte nach dem Arzneimittelrabattgesetz bei privat Versicherten nicht anders behandelt werden als bei gesetzlich Versicherten. Diese Rechtsauffassung würde zu einer deutlichen Reduzierung der Umsatzsteuerlast bei pharmazeutischen Unternehmen führen.

Sachverhalt

 In Deutschland geben Apotheken die Arzneimittel an gesetzlich Krankenversicherte aufgrund eines Rahmenvertrags mit dem Spitzenverband der Krankenkassen ab. Die Arzneimittel werden an die Krankenkassen geliefert und von diesen ihren Versicherten zur Verfügung gestellt (Sachleistungsprinzip). Die Apotheken gewähren den Krankenkassen einen Abschlag auf den Arzneimittelpreis. Pharmazeutische Unternehmen sind gesetzlich verpflichtet, den Apotheken diesen Abschlag zu erstatten. Die Finanzverwaltung behandelt den Abschlag umsatzsteuerrechtlich als Entgeltminderung.

Arzneimittel für privat Krankenversicherte geben die Apotheken aufgrund von Einzelverträgen mit diesen Versicherten direkt an diese ab. Anders als die gesetzlichen Krankenkassen sind private Krankenversicherer nicht selbst Abnehmer der Arzneimittel, sondern erstatten ihren Versicherten lediglich die diesen beim Kauf von Arzneimitteln entstandenen Kosten. Pharmazeutische Unternehmen müssen dann nach § 1 AMRabG dem privaten Krankenversicherer einen Abschlag auf den Arzneimittelpreis gewähren. Diesen Abschlag erkennt die Finanzverwaltung nicht als umsatzsteuerrechtliche Entgeltminderung an, so dass der gesetzliche Rabatt sich im Rahmen der privaten Krankenversicherung anders als im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung nicht entgeltmindernd auswirkt.

Entscheidung

 Der Generalanwalt beim EuGH hält die Ungleichbehandlung des gesetzlichen Rabatts nach dem Arzneimittelrabattgesetz bei gesetzlichen Krankenversicherungsverhältnissen einerseits und privaten Krankenversicherungsverhältnissen andererseits für europarechtswidrig. Seines Erachtens liegen insoweit vergleichbare Sachverhalte vor, so dass eine Ungleichbehandlung nicht zulässig ist.

Er schlägt daher dem EuGH vor, wie folgt zu entscheiden:

Ein pharmazeutischer Unternehmer, der Arzneimittel liefert, ist auf der Grundlage der Rechtsprechung des EuGH und unter Berücksichtigung des unionsrechtlichen Grundsatzes der Gleichbehandlung zu einer Minderung der umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage berechtigt, wenn

  • er diese Arzneimittel über Großhändler an Apotheken liefert,
  • die Apotheken die Arzneimittel steuerpflichtig an privat Krankenversicherte liefern,
  • der Versicherer der Krankheitskostenversicherung (das Unternehmen der privaten Krankenversicherung) seinen Versicherten die Kosten für den Bezug der Arzneimittel erstattet und
  • der pharmazeutische Unternehmer aufgrund einer gesetzlichen Regelung zur Zahlung eines „Abschlags“ an das Unternehmen der privaten Krankenversicherung verpflichtet ist.

Anmerkung

 Der Entscheidungsvorschlag des Generalanwalts ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur umsatzsteuerrechtlichen Gleichbehandlung der gesetzlichen Rabatte auf Arzneimittel. Zwar muss der EuGH diesem Vorschlag nicht zwingend folgen. In der Mehrzahl der Fälle weicht die Entscheidung des Gerichtshofs jedoch nicht von der Rechtsauffassung des Generalanwalts ab. Sicher ist hingegen, dass der BFH dem EuGH folgen wird, so dass im Falle einer positiven Entscheidung die gesetzliche Rabattgewährung zu einer Reduzierung der Bemessungsgrundlage für Arzneimittellieferungen und damit zu einer deutlichen Reduzierung der Steuerlast pharmazeutischer Unternehmen führen wird.

Betroffene Norm

 Art. 73, 90 Abs. 1 MwStSystRL; §§ 10 Abs. 1 Satz 2, 17 Abs. 1 Satz 1 UStG; § 1 AMRabG

Vorinstanz

 BFH, Beschluss vom 22.06.2016, V R 42/15

Fundstelle

 EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts vom 11.07.2017, C-462/16, Boehringer Ingelheim, MwStR 2016, S. 801

Weiterführende Literatur

 Heuermann, MwStR 2016, 905; ders. UR 2016, 905; Vellen, UStB 2016, 261; Wäger, BFH/PR 2016, 347

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