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08.11.2017
Indirekte Steuern/Zoll

BMF: Steuerfreie Direktlieferung auch bei Zwischenlagerung in Konsignationslager möglich

 Wird ein inländischer Unternehmer aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet in der Weise beliefert, dass die Ware zunächst in ein Konsignationslager gelangt und aus diesem nach Maßgabe des eigenen Bedarfs entnommen wird, so hat sich der Lieferer grundsätzlich im Inland zu registrieren und aus dem Lager steuerpflichtig zu liefern. Von diesem Grundsatz hat der BFH mit Urteil vom 20.10.2016, V R 31/15, Ausnahmen zugelassen, wenn der Abnehmer bereits bei Transportbeginn feststeht. Dieser Rechtsauffassung hat sich die Finanzverwaltung angeschlossen.

Hintergrund

 Der BFH hat mit seinen Urteilen vom 20.10.2016, V R 31/15 (siehe Deloitte Tax-News) und vom 16.11.2016 V R 1/16 (siehe Deloitte Tax-News) zu Konsignationslagern (call-off-stocks) entschieden, dass eine Direktlieferung an den Abnehmer vorliegt, selbst wenn der Liefergegenstand für kurze Zeit in einem Konsignationslager zwischengelagert wird. Voraussetzung für die Annahme einer Direktlieferung ist, dass der Abnehmer bei der im übrigen Gemeinschaftsgebiet beginnenden Beförderungs- oder Versendungslieferung bereits feststeht. Davon ist auszugehen, wenn der Abnehmer die Ware bei Beginn der Beförderung/Versendung bereits verbindlich bestellt oder bezahlt hat. Mit dieser Rechtsprechung bestätigte der BFH die vorhergehenden finanzgerichtlichen Entscheidungen und wendete sich gegen die bis dahin geltende Finanzansicht in Abschn. 1a.2. Abs. 6 Satz 1 UStAE und OFD Verfügung Frankfurt am Main vom 15.12.2015 (siehe Deloitte Tax-News), die generell von einem innergemeinschaftlichen Verbringen mit anschließender Inlandslieferung ausging.

BMF-Schreiben

 Die Finanzverwaltung schließt sich mit Schreiben vom 10.10.2017 ausdrücklich der o.g. Rechtsprechung des BFH an. Die bisherigen Ausführungen zum „feststehenden Abnehmer“ werden beibehalten und um die Ausführungen des BFH ergänzt, nach denen ein feststehender Abnehmer auch dann vorliegt, wenn er die Ware bei Beginn der Beförderung/Versendung bereits verbindlich bestellt oder bezahlt hat. Steht der Abnehmer bei Beginn des Transports fest, liegt auch in den Fällen des sogenannten „shipment on hold“ (die Ware wird zunächst in ein inländisches Lager des Lieferanten gebracht und erst nach Eingang der Zahlung durch eine Freigabeerklärung des Lieferanten an den Abnehmer herausgegeben) sowie in den Fällen der kurzfristigen Zwischenlagerung der Ware in einem Konsignationslager (call-off-stock) eine Direktlieferung vor. Der Zeitpunkt der Lieferung bleibt wie zuvor, ungeachtet der Zwischenlagerung, der Beginn der Beförderung/Versendung, so dass der Lieferant seine Umsätze für den Voranmeldungszeitraum anzumelden hat, in dem der Transport zum Lager begann.

Etwas Anderes gilt, wenn der Abnehmer bei Beginn des Transports nicht feststeht oder nur eine wahrscheinliche Abnehmerstellung ohne tatsächliche Abnehmerverpflichtung vorliegt. In diesen Fällen stellt die Einlagerung der Ware aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet in ein inländisches Konsignationslager ein innergemeinschaftliches Verbringung durch den liefernden Unternehmer dar, da eine Verschaffung der Verfügungsmacht an den Abnehmer in diesen Fällen nicht angenommen werden kann. Die Lieferung an den Abnehmer findet dann erst mit der Entnahme der Ware aus dem Lager statt.

Die Grundsätze des Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Es wird von der Verwaltung jedoch nicht beanstandet, wenn Abschn. 1a.2 Abs. 6 und Abschn. 3.12 Abs. 3 UStAE bis zum 31.12.2017 angewendet werden.

Anmerkung

 Die Übernahme der BFH-Rechtsprechung in den Anwendungserlass ist zu begrüßen, auch wenn nicht alle offenen Fragen durch das BMF-Schreiben beantwortet werden. Im konkreten Einzelfall wird aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen nicht immer zweifelsfrei festgestellt werden können, wann konkret von einer verbindlichen Bestellung ausgegangen werden kann und welcher Zeitraum noch „kurzfristig“ genug ist, damit die Zwischenlagerung für die Annahme einer Direktlieferung unbeachtlich ist. Unternehmen, die über inländische Konsignationslager (call-off-stocks) an ihre Abnehmer liefern oder die die „shipment on hold“ Gestaltung wählen, werden die geänderte Verwaltungsauffassung begrüßen, führt sie doch dazu, dass die Registrierungspflicht für umsatzsteuerliche Zwecke in Deutschland künftig entfällt.

Zu beachten ist der Vorschlag der EU-Kommission über die Umsetzung von kurzfristigen Maßnahmen im Rahmen der Schaffung des endgültigen MwSt-Systems. Wird der Vorschlag umgesetzt, so wären für zertifizierte Steuerpflichtige die Lieferungen in ein Konsignationslager im übrigen Gemeinschaftsgebiet ab dem 01.01.2019 stets innergemeinschaftliche Lieferungen.

Betroffene Norm

A 1a.2 Abs. 6, 2.12 UStAE
A 3.12 Abs. 3 und Abs. 7 UStAE

Fundstelle

BMF, Schreiben vom 10.10.2017, III C 3 - S 7103-a/15/10001

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